Psalms 88

1Ein Psalm der Söhne Korahs. Dem Sangmeister, nach schwermütiger Weise
Hebräisch: "nach Machalát. s. Ps 53:1
mit gedämpfter Stimme vorzutragen (?): eine Betrachtung (?) Hemans, des Esrahiters.
Das sind zwei verschiedene Überschriften. Während die Söhne Korahs dem Stamm Levi angehörten, war Heman als Esrahit, d.h. als Sohn Serahs, ein Glied des Stammes Juda. vgl. 1Kön 5:11, 1Ch 2:3-6 Vielleicht ist die zweite Überschrift richtig.
2Jahwe, du Gott meines Heils, / Tagsüber hab ich schon immer geschrien, / Des Nachts liege ich vor dir. 3Mein Gebet möge vor dich kommen! / Neige dein Ohr meinem lauten Flehn! 4Denn mit Leiden bin ich gesättigt, / Und mein Leben ist nahe dem Totenreich. 5Man zählt mich schon denen zu, die in die Grube hinunterfahren; / Ich bin wie ein Mann ohne Lebenskraft. 6Unter den Toten ist mein Lager; / Ich gleiche Erschlagnen, die im Grabe ruhn, / Deren du nicht mehr gedenkst — / Sie sind ja getrennt von deiner Hand.
Von deiner helfenden und segnenden Hand. vgl. Ps 6:6
7Du hast mich gelegt in die unterste Grube, / In dichte Finsternis und in die Tiefen.
Bildliche Bezeichnungen des Totenreiches.
8Auf mir lastet dein Grimm; / All deine Wogen drücken mich nieder. Sela. 9Meine Freunde hast du von mir entfernt, / Du hast mich ihnen zum Abscheu gemacht. / Ich bin eingeschlossen, kann nicht hinaus.
Das lautet wie die Klage eines Aussätzigen (vgl. 3Mo 13).
10Mein Auge verschmachtet vor Elend. / Ich rufe dich, Jahwe, tagtäglich an, / Breite zu dir meine Hände aus:
Indem ich spreche, da ich ja immer dem Tod näherkomme: V11-13.
11Tust du denn für die Toten Wunder? / Erheben sich Schatten, um dir zu danken?
Stehen denn die Schatten der Unterwelt, d.h. die Verstorbenen wieder auf aus ihren Gräbern? Daran ist doch nicht zu denken! Der Psalmist kennt also noch nicht die Auferstehungshoffnung.
Sela.
12Erzählt man im Grabe von deiner Güte, / Von deiner Treue im Totenreich? 13Wird in der Finsternis dein Wunderwalten kund / Und deine Gerechtigkeit im Land des Vergessens?"
D.h. im Totenreich, wo es kein Denken und Handeln mehr gibt. vgl. Pre 9:5,6,10 Man denke hier an Lethe (die Vergessenheit), den Fluß in der Unterwelt, aus dem nach der Meinung der alten Griechen und Römer die Schatten der Toten tranken und das Vergangene vergaßen.
14Ich aber
Im Gegensatz zu den Toten in der Unterwelt.
schreie, o Jahwe, zu dir, / Schon morgens begrüßt dich mein Gebet:
Der Inhalt des Gebets wird in V15 kurz angegeben.
15"Warum denn, Jahwe, verwirfst du mich, / Verhüllest vor mir dein Angesicht?" 16Ich bin ja so elend: hinsterbend von Jugend auf. / Das schreckliche Los, das du mir bestimmt, / Ich hab es ertragen — nun bin ich erschöpft! 17Deine Zornesgluten gehn über mich; / Es vernichten mich deine Schrecken. 18Wie Wasser umgeben sie mich allezeit, / Umringen mich allzumal. Du hast alle Lieben von mir entfernt, / Mir bleibt als Freund nur — die Finsternis!
Die Finsternis des Totenreichs ist der einzige Freund, der dem Psalmisten geblieben ist. vgl. Hio 17:14 / Der Dichter des 88. Psalms leidet an einer Krankheit, bei der er den sicheren Tod vor Augen sieht (V4-6). Nach V9 scheint es sich um den Aussatz zu handeln, und aus V16 würde dann hervorgehen, daß der Psalmist mit diesem entsetzlichen Leiden schon von Jugend auf behaftet gewesen ist. Er wäre, wenn dies alles zutrifft, ein Dulder wie Hiob. Aber in seinem furchtbaren Leiden, ja in seiner Hoffnungslosigkeit ruft er doch unaufhörlich zu Gott (V14). Je höher seine Not steigt, desto inniger schließt er sich an Gott. Und kann er auch keine Hilfe erwarten, so will er doch in seinem tiefen Weh sein Herz vor Gott ausschütten und ihm schweigend sein Los überlassen.
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