1 Samuel 14

Einleitung

In 1. Samuel 13 ist das Versagen Sauls deutlich geworden. In 1. Samuel 15 versagt Saul auf noch dramatischere Weise. Diese zwei Kapitel geben ein zweifaches Zeugnis von dem Versagen des Königs nach der Wahl des Volkes. Zwischen diesen zwei Kapiteln steht in 1. Samuel 14 die Geschichte eines Glaubensmannes, der siegt. Dieses Kapitel ist eine große Ermutigung für jeden, der sieht, wie die öffentliche Autorität von Gottes Volk versagt, der aber selbst weiter an die Macht Gottes glaubt. Der Heilige Geist stellt in diesem Kapitel zwei Männer einander gegenüber. Wir sehen Saul, den Mann des Fleisches, gegenüber seinem Sohn Jonathan, dem Mann des Glaubens.

Der erste Teil dieses Kapitels (1Sam 14:1-23) führt durch den Glaubens Jonathans zu einem Höhepunkt. Der zweite Teil (1Sam 14:24-46) führt zu einem Antiklimax durch die Torheit Sauls, der dem Volk verbietet, vor dem Abend etwas zu essen.

Jonathan bedeutet „der HERR hat gegeben“. Er ist ein Geschenk Gottes an sein Volk in einer Zeit großer Schwachheit. Er ist eine Blume, die Gott in der Wildnis, die Israel in geistlicher Hinsicht in dieser Zeit ist, aufblühen lässt.

Vorschlag Jonathans

Jonathan kann nicht länger unentschlossen zusehen, wie sich die Philister unverschämt durch Gottes Land bewegen. Er trifft die Entscheidung, die Aufstellung der Philister anzugreifen. Das ist keine impulsive Aktion. Er hat darüber nachgedacht und ist darüber im Gebet gewesen und eines Tages ist er dafür bereit. Das Motiv für diese Handlung liegt in seinem Glauben. Es ist nicht so, dass Jonathan mehr militärische Kenntnis hat als sein Vater. Saul ist ein guter Soldat. In dem Kampf, den Gottes Volk führt oder führen will, kommt es jedoch nicht auf militärische Kenntnis an, sondern auf Glauben. Glaube entscheidet den Ausgang und nicht militärische Kenntnis. In 1. Samuel 17 sehen wir das auch in dem Kampf zwischen David und Goliath.

Bei Saul sehen wir keine Handlung. Er wartet ab. Das ist anders, als sich das Volk gewünscht hat. Sie haben sich ja einen König gewünscht, der vor ihnen auszieht, um zu kämpfen. Jonathan kann sich nicht damit zufriedengeben, dass sein Vater so unentschlossen ist. Er kennt seinen Vater. Er weiß, dass es keinen Sinn macht, ihn zu fragen, ob er gehen kann, oder ihn sogar nur zu informieren, dass er geht. Er weiß, dass zwei nur zusammen gehen können, wenn sie darin eins geworden sind (Amos 3:3) und dass dies mit seinem Vater nicht der Fall ist. Dafür fehlt der Glaube bei Saul, der es als eine tollkühne Handlung ansehen wird. Darum geht er, ohne es seinem Vater zu berichten, obwohl er das hätte tun müssen. Dennoch ist das kein Aufstand, sondern ein Handeln, das Gott bewirkt.

Saul und das Volk, das bei ihm ist

Während Jonathan zum Handeln übergeht, sitzt Saul unter einem Baum. Er nimmt lieber eine abwartende Haltung ein als die Initiative zum Kampf zu ergreifen. Was soll er mit seinen sechshundert Mann gegen einen zahlreichen Feind anfangen? Wo Glaube fehlt, ist keine Kraft zum Kampf.

Saul ist nicht nur von einem kleinen Heer von sechshundert Mann umgeben, er hat auch einen Priester mit dem Ephod bei sich. Es ist ein Priester aus dem verworfenen Priestergeschlecht von Eli, das in 1. Samuel 2 und 3 von Gott beiseitegesetzt ist (1Sam 2:27-30; 1Sam 3:11-14). Da das Beiseitesetzen nicht direkt stattgefunden hat, finden wir hier einen verworfenen Priester bei einem verworfenen König. Militärisch und religiös steht Saul alles zur Verfügung. Der große Abwesende ist Gott. Darum hat aller äußerliche Aufwand keine einzige Auswirkung. Äußerlicher Aufwand gibt keine Kraft und keine Einsicht darin, wie der Kampf geführt werden muss.

Saul weiß nicht, dass Jonathan weggegangen ist, und auch das Volk, das bei Saul ist, weiß es nicht. Der Kampf des Glaubens findet außerhalb von Saul und auch denen, die mit Saul in Verbindung stehen, statt.

Das zu überquerende Gelände

Die Beschreibung des Ortes, den Jonathan überqueren muss, macht deutlich, dass er eine gewagte Unternehmung anfängt. Gottes Geist zeigt diese Dinge, um uns zu unterweisen, dass das Gehen auf dem Weg des Glaubens uns vor enorme Schwierigkeiten bringen kann. Glaube macht nicht blind für diese Schwierigkeiten, sondern zieht sie in Betracht.

Der Glaube geht nicht waghalsig zu Werk. Er überblickt das Gelände und sieht die Schwierigkeiten. Alle Schwierigkeiten, die bemerkt werden, werden durch den Glauben zum Herrn gebracht. Der Glaube sieht dann, dass für Ihn keine Schwierigkeiten da sind. Glaube macht nicht übermütig, sondern vorsichtig und zuversichtlich. Er richtet den Blick auf Gott und fasst dann Mut.

Glaube von Jonathan und seinem Waffenträger

Nachdem die Haltung Sauls und der Weg, den der Glaube gehen muss, gezeigt wird, wiederholt Jonathan in 1Sam 14:6 das Wort des Glaubens von 1Sam 14:1. Von Saul ist nichts zu erwarten und der Weg ist voller Gefahren. In seiner Wiederholung dieses gewaltigen Ausspruchs des Glaubens geht er sogar noch weiter als bei dem, was er in 1Sam 14:1 gesagt hat. Er spricht nicht mehr von „den Philistern“, sondern nennt sie nun „diese Unbeschnittenen“. Das zeigt, dass er sie so sieht, wie Gott sie sieht. Es sind Menschen, die keine Verbindung mit Gott haben.

Das Heer Sauls ist nicht groß, aber er hat auf jeden Fall noch 600 Männer. Jonathan ist mit seinem Waffenträger allein. Er braucht diese 600 Männer nicht, denn er weiß, dass er und sein Waffenträger mit Gott gehen. Wenn du Gott auf deiner Seite hast, hat das größte Heer keine Chance. Gott kann genauso gut durch wenige erretten wie durch viele (2Chr 14:10; Ri 7:7).

Sein Waffenträger zeigt denselben Glauben wie Jonathan. Es ist ein besonderer Segen, mit jemandem den Kampf des Glaubens zu kämpfen, der mit demselben Vertrauen auf Gott dem Kampf entgegensieht. Die Worte seines Waffenträgers sind eine Ermutigung und Bestätigung für Jonathan.

Beide Männer sind jung. Um einen Weg des Glaubens zu gehen und Glaubenstaten zu tun, ist es nicht nötig, älter zu sein oder viel Erfahrung zu haben. Es geht um das Vertrauen in Gott. Die Schrift gibt ein überreiches Zeugnis von jungen Männern, die im Glauben gehandelt haben. Denk nur an Männer wie Elihu, David, Daniel und seine drei Freunde und Timotheus.

Der Plan

Jonathan legt seinem Waffenträger seinen Plan vor. Er spricht von „wir“. Es ist ein gewagter Plan. Der Kampf muss mit Bedacht geführt werden. Glaube nimmt nichts davon weg, dass wir mit Überlegung zu Werk gehen, aber es sind die Überlegungen des Glaubens und nicht die der rationalen Berechnung der Chancen. Die Reaktion der Philister wird ihr Handeln bestimmen, denn sie sehen in der Reaktion der Philister, was Gott ihnen deutlich macht. Er schlägt vor, dass sie sich offen und schutzlos dem Feind zeigen werden. Das wird der Feind nicht erwarten.

Jonathan sieht zwei Reaktionen voraus. Die eine Reaktion ist, dass die Philister sagen, dass sie selbst nach unten kommen werden. In diesem Fall würden sie stehen bleiben, wo sie sind. Die andere Reaktion ist, dass die Philister da bleiben, wo sie sind, aber dass sie sagen, dass Jonathan und sein Waffenträger zu ihnen heraufklettern sollen. Das wird eine gefährliche Kletterpartie, bei der sie sich vollkommen ungeschützt geben. Die Philister werden sich mächtig fühlen und keinerlei Gefahr sehen. Genau diese gefährliche Aufforderung, hochzuklettern, soll das Zeichen sein, dass der HERR sie in ihre Macht gegeben hat.

Die Ausführung des Plans

Jonathan und sein Waffenträger lassen den Worten Taten folgen und zeigen sich den Philistern. Indem sie sich zeigen, stellen sie sich verletzlich vor die Pfeile der Philister. Die Philister schießen nicht ihre Pfeile auf sie ab, sondern Worte der Verachtung. Die können den zwei Helden jedoch nichts anhaben.

Dann fordern die Männer der Aufstellung Jonathan und seinen Waffenträger auf, zu ihnen nach oben zu klettern. Die Philister sind sich ihrer Sache vollkommen sicher. Sie werden sich eben mit diesen zwei Israeliten amüsieren. Für Jonathan ist das der Beweis, dass der HERR sie in seine Macht gegeben hat.

Er sagt jedoch nicht, dass der HERR sie in seine Macht gegeben hätte, sondern in die Macht Israels. Das ist die Sprache, die auch David später spricht, als er allein gegenüber Goliath steht (1Sam 17:46; 47). Saul spricht dagegen von „meinen“ Feinden. Der Sieg, den Jonathan und sein Waffenträger erringen werden, ist ein Sieg für ganz Israel. Jonathan ist sich durch diesen Befehl der Philister des Sieges sicher. In dem, was er in 1Sam 14:12 zu seinem Waffenträger sagt, ist keine Rede mehr von „vielleicht“ (1Sam 14:6), sondern von der Sicherheit, dass der HERR es tun wird.

Auf Händen und Füßen klettert Jonathan nach oben. Das bedeutet, dass er sich selbst auf keinerlei Weise schützen kann. Er braucht seine ganze Geschicklichkeit, um nach oben zu kommen. Er kann nicht einmal den Feind im Auge behalten. Der Weg des Glaubens geht nach oben, aber er ist nicht einfach. Dennoch wird das Ziel des Glaubens erreicht. Als Jonathan und sein Waffenträger oben sind, werden die Philister Mann für Mann von Jonathan niedergeschlagen und von seinem Waffenträger getötet. Zwischen beiden Männern gibt es eine fließende Zusammenarbeit.

Die Anzahl der Besiegten ist zahlenmäßig nicht beeindruckend. Sie haben nur zwanzig Männer besiegt. Aber Gott verbindet sich selbst mit dem Glauben Jonathans. Das Gebiet, auf dem der Sieg errungen wurde, wird beschrieben als ein Gebiet „auf der halben Furchenlänge eines Ackerjochs“.

Das zeigt das Ergebnis eines Sieges: Es wird eine Fläche frei, das gepflügt werden kann. Das Stück Land kann wieder Gottes Absicht für sein Volk erfüllen und die ist, dass sein Volk vom Segen des Landes genießen kann. So legt jeder geistliche Sieg die Grundlage für den Genuss von geistlichen Segnungen, die Gott seinem Volk gegeben hat.

Folgen der Tat Jonathans

Als Jonathan getan hat, was er tun kann, tut Gott das, was Jonathan nicht kann. Was Gott tut, ist eine Erweiterung dessen, was Jonathan getan hat. Gott macht aus dem kleinen Sieg, den Jonathan errungen hat, einen großen Sieg. Er vermehrt diesen Sieg, so wie Er wenig Nahrung vermehrt. Der Bericht der Niederlage verbreitet sich wie ein Lauffeuer und der Schrecken Gottes kommt über die Philister.

Die Wächter Sauls sehen die Folgen des Sieges von Jonathan, das heißt, von Gottes Unterstreichung von Jonathans Glaubenstat. Wenn Glaube handelt, zittert und bebt der Feind. Das nehmen die Wächter wahr. Davon berichten sie Saul.

Saul nimmt am Sieg teil

Saul vermutet, dass Männer von seinem Heer weggegangen sind und etwas bei den Philistern getan haben. Er lässt Musterung halten, wer und wie viele weggegangen sind. Es stellt sich heraus, dass es nur Jonathan und sein Waffenträger sind. Das kann für Saul jedoch nicht der Grund der Bewegung unter den Philistern sein. Er denkt nicht weiter, weil kein Glaube in ihm ist.

Saul kann ein frommer Mann sein, er kann Gott befragen, obwohl er keinen Glauben hat. Um Gott zu befragen, möchte er die Lade holen. „Lade“ (1Sam 14:18) muss wahrscheinlich das Ephod sein. Mit der Lade kann man Gott auch nicht befragen. Es ist wahrscheinlicher, dass Saul Ahija aufgefordert hat, sich mit dem Ephod zu bekleiden und Gott zu befragen.

Als Saul bemerkt, dass die Philister immer chaotischer werden, sagt Saul, dass Ahija nichts mehr tun muss. Er beschließt, dass keine Zeit mehr mit dem Befragen von Gott verloren gehen soll. Es muss gehandelt werden. Man muss dem Gottesdienst keine Mühe und keine Zeit widmen, wenn man sieht, dass die Situation nach der eigenen Ansicht reif zum Handeln ist. So ist Saul.

Als Saul zum Ort des Kampfes kommt, braucht er nichts zu tun. Gott ist für ihn am Werk gewesen und gibt Saul auf diese Weise den Feind in die Hände. Er tut das auf der Basis des Glaubens Jonathans (vgl. 2Chr 20:22; Ri 7:22).

Eine weitere Folge des Sieges von Jonathan ist, dass Israeliten, die sich in den Dienst des Feindes gestellt haben – und vom Heiligen Geist hier auch „Hebräer“ genannt werden –, wieder zum Heer von Saul und Jonathan zurückkehren. Verräter und Feiglinge wählen jetzt die Seite des Volkes Gottes, weil sie sehen, dass der Sieg jetzt bei ihnen liegt. Solche Menschen wollen bloß profitieren, aber nie am wirklichen Kampf teilnehmen.

Glaubensinitiativen werden bloß von wenigen ergriffen. Wenn dann deutlich wird, wie sehr das gesegnet wird, schließen sich auch andere an, die zuerst zugeschaut haben und an diesem Glauben keinen Anteil haben. Große Erweckungen haben immer mit Einzelnen angefangen.

Das Nahrungsverbot von Saul

Es ist deutlich, dass der HERR am Werk ist und dass Er Israel erlöst hat. Das ist der Höhepunkt dieser Geschichte. Wir sehen, wie Er in Gnade für sein Volk auftritt, während das Volk als Ganzes Ihm den Rücken zugekehrt hat.

Das Heer zieht weiter, um die Philister endgültig zu besiegen. Saul macht daraus eine Prestigesache für sich selbst. Er redet von „meinen Feinden“. Saul spricht nicht vom HERRN, nicht von Israel, sondern nur von sich selbst. Wegen seines eigenen Rachegefühls beschwört er das Volk, nicht zu essen, bevor er sich gerächt hat. Saul schwört in diesem Kapitel mehrfach (1Sam 14:24; 39; 44) und jedes Mal hat er sich nicht an das gehalten, was er geschworen hat.

Der Charakter der Torheit Sauls ist Gesetzlichkeit. Hierdurch legt er ein Gebot auf das Volk, das es seiner Kraft beraubt. Dadurch wird das Volk ermattet. Glaube und die Annahme dessen, was Gott gibt, gibt neuen Mut und Kraft. Eine gesetzliche Gesinnung und das ständige Reden von Geboten und Verboten lähmt das Volk Gottes. Menschen, die das tun, haben in ihrem Denken auch keinen Raum für Glaubenstaten wie die von einem Jonathan. Davon halten sie auch nichts, denn es ist außerhalb der alten, vertrauten Pfade.

Der Erlass dieses strengen Befehls ist:

1. Nicht staatsmännisch und unvernünftig. Es kann so scheinen, dass Zeit gewonnen wird, die sonst für das Essen verwendet würde, aber in Wirklichkeit verliert das Volk die Kraft für die Verfolgung.

2. Herrschsüchtig und unfreundlich gegenüber dem Volk. Wenn das Volk ein Festmahl hätte halten wollen, hätte etwas für dieses Verbot sprechen können, aber ihnen zu verbieten, Nahrung zu sich zu nehmen, obwohl sie hungrig sind, ist grausam.

3. Gottlos, da Saul dort den Namen Gottes durch einen Fluch und einen Eid damit verbindet. Das ist keine Art, zu regieren. Diejenigen, die über andere gestellt sind, dürfen wohl tadeln und strafen, aber sie dürfen ihre Untergebenen nicht verfluchen. Als David über einen seiner Feinde spricht als jemanden, der „den Fluch liebt“ (Ps 109:17; 18), meint er vielleicht Saul.

Das Volk ist dem Befehl Sauls gehorsam, aber was ist das für eine Qual, als sie in den Wald kommen, wo sie Honig fließen sehen. Das bedeutet eine große Versuchung für das Volk. Die Furcht vor Saul sitzt jedoch so tief, dass sie aus Furcht vor dem Fluch Sauls nicht einmal wagen, von dem Honig zu kosten.

Saul hat durch das gesetzliche Auftreten den Weg des Volkes zum Segen des Landes verschlossen. Kanaan ist ja ein Land, das von Honig fließt. Hier haben wir ein Beispiel dafür. Sie können gewissermaßen Honig aus dem Felsen saugen (5Mo 32:13b). Die Süßigkeit hätte ihnen schnell neue Energie geben können. Das sehen wir bei Jonathan.

Jonathan nimmt vom Honig

Jonathan hat den Fluch nicht gehört und ist daher frei, den Honig zu essen. Das tut er dann auch. Er steht außerhalb des Bereiches des Fluches. Das ist ein Bild davon, dass Glaube und Gesetz einander ausschließen. Jonathan ist wie der Herr Jesus, der unterwegs aus dem Bach getrunken hat (Ps 110:7). Jonathan genießt, im Vorbild, einen kurzen Moment die irdischen Dinge, nicht die weltlichen Dinge. Gesetzlichkeit ist auch, einander zu verbieten, irdische Dinge zu genießen. Wir sollen den Genuss von irdischen Dingen auch nicht übertreiben, als sei der Genuss dieser Dinge das Einzige, woraus das Leben besteht.

Bei Jonathan sehen wir, wie es sein kann. Er kostet unterwegs von dem Honig, während sein Blick immer auf den Kampf gerichtet bleibt. Er setzt sich nicht hin, um sich bequem seinen Bauch mit Honig vollzuschlagen. Er kostet „ein wenig“ (1Sam 14:29; Spr 24:13; Spr 25:16; 27; vgl. Ri 7:6). Der Kampf bleibt das Ziel. Wir müssen einerseits lernen, die Dummheit Sauls zu vermeiden, und andererseits müssen wir von Jonathan lernen, wie wir irdische Segnungen genießen dürfen.

Sobald Jonathan gegessen hat, wird ihm von dem Fluch berichtet, den sein Vater ausgesprochen hat. Es wird dabei gesagt, dass der Fluch seines Vaters die Ursache für die Erschöpfung des Volkes ist. Fluch gibt keine Kraft, das Erforderliche zu tun, sondern wirkt nur lähmend. Jonathan schämt sich nicht, auf die Dummheit seines Vaters hinzuweisen. Statt sein Volk im Kampf anzuführen und ihm dabei alle Mittel zur Verfügung zu stellen, stellt Saul das Volk unter ein Gesetz. Dadurch stürzt er das Volk ins Unglück. Dasselbe wird von Achan gesagt (Jos 7:25).

Jonathan spricht darüber, wie viel größer der Segen gewesen wäre, wenn sein Vater nicht so töricht gehandelt hätte. Auch unser geistlicher Segen wäre größer, wenn viele unter uns nicht so gesetzlich oder weltlich gesinnt wären. Die Gefahr kommt von beiden Seiten. Unterdrückung oder Freiheit verhindert einen großen Sieg.

Der Gebrauch von ein wenig Honig hat Jonathan wieder Kraft gegeben. Er kann dadurch wieder klar sehen. Honig spricht von der Süßigkeit der natürlichen Beziehungen. Wie gut kann es sein, wenn ein Kämpfer im Werk des Herrn sich einen Augenblick Ruhe nimmt und seine Familie, seine Frau, seine Kinder genießt. Dadurch bekommt er Kraft, um wieder weiterzukämpfen. Auch vom Gebot des HERRN steht geschrieben, dass es die Augen erleuchtet, um zu wissen, was geschehen soll (Ps 19:9b). Es zeigt, dass wahre Erleuchtung auf dem Weg des Gehorsams gegenüber Gottes Wort gefunden wird.

Das Volk isst Fleisch mit dem Blut

Obwohl das Volk erschöpft ist, erringt es den Sieg über die Philister. Aber gerade auch wegen dieser Erschöpfung vergisst das Volk das Gesetz Gottes bezüglich des Verbotes, Fleisch mit seinem Blut zu essen. So bewirkt die eine Sünde Sauls die andere Sünde des Volkes. Als der Abend gekommen ist, fällt das Volk auf der anderen Seite und isst Fleisch mit dem Blut. Anstelle der ausgeführten Nahrungsenthaltung gibt es sich ungezügelt seiner Begierde hin, zu essen. Dasselbe sehen wir manchmal bei Kindern, die unter dem Gesetz aufgezogen worden sind. Wenn sie einmal auf eigenen Füßen stehen, geben sie sich einem ausschweifenden Leben hin.

Als Saul berichtet wird, was das Volk tut, wird er auf einmal wieder der fromme Saul, der sich um Gottes Gebote zu kümmern scheint. Er ist empört, dass sich das Volk versündigt hat. Dass er selbst die Ursache dafür ist, kommt ihm nicht in den Sinn. Er sucht den Fehler nicht bei sich selbst. Er hat wohl eine Lösung für dieses Problem, jedoch ohne zu einem Selbsturteil zu kommen.

Saul ist der gesetzliche Mensch im wahrsten Sinn des Wortes. Wenn so jemand etwas sieht, was äußerlich nichts taugt, äußert er starke Vorwürfe. Auch die Lösung, die so jemand vorbringt, ist eine von eigener Machart. Er macht sich selbst zum Mittelpunkt eines religiösen Geschehens. Der große Opferstein muss zu ihm gebracht werden und auch die Tiere, die geschlachtet werden sollen, müssen zu ihm gebracht werden.

Dann baut Saul seinen ersten Altar, der wahrscheinlich auch sein letzter ist. Ein verworfener König baut zusammen mit einem verworfenen Priester einen Altar. Er ist kein junger Gläubiger, sondern schon ein älterer Mann, der das noch nicht früher gemacht hat. Das ist tragisch.

Saul bekommt keine Antwort von Gott

Saul sieht seine Chance, soviel Vorteil wie möglich aus der Situation herauszuholen und die Niederlage für seine Feinde so groß wie möglich zu machen. Er will dann auch die Nacht mit der Verfolgung weitermachen. Das Volk scheint darauf gelassen zu reagieren, ganz anders als der Waffenträger das bei Jonathan in 1Sam 14:7 tut. Der Priester meint, dass es besser ist, doch erst Gott zu fragen. Vorher hat Saul ihn im letzten Moment daran gehindert, das zu tun (1Sam 14:19).

Saul geht auf den Vorschlag des Priesters ein. Er fragt Gott, ob er den Philistern hinterherziehen soll und ob Gott sie dann in die Hand Israels geben wird. Seine Fragen klingen gut, aber sein Geist ist nicht unterwürfig. Er will direkt eine Antwort haben und er will eine Antwort, die ihm gefällt. Jetzt kommt keine Antwort von Gott. Vorher wollte Saul nicht, jetzt möchte Gott nicht. Es kommt ein Ende der Geduld Gottes. Ein Mensch kann in einer Gesinnung zu Gott kommen, auf die Gott nicht reagieren kann (Jak 4:3). Jemand, der mit echter Reue kommt, wird immer eine Antwort von Gott bekommen, dafür nimmt Gott sich alle Zeit.

Jonathan als Schuldiger gezeigt

Auch bei diesem Schweigen Gottes fragt sich Saul nicht, woher es kommt. Er denkt überhaupt nicht an sich selbst als Ursache. Da ist er komplett blind für. Er spricht wohl aus, dass der HERR Israel erlöst. Das ist bei religiösen Menschen immer die Vermischung: Eigensinnigkeit und auch das Aussprechen von Wahrheiten.

Genauso wie einst Jephta (Ri 11:30; 34; 35) ist Saul bereit, sein Kind seiner Gesetzlichkeit zu opfern, in der Überzeugung, dass das vor Gott recht sei. Auf die Drohungen Sauls, zu erzählen, wer die Ursache für das Schweigen Gottes ist, reagiert das Volk nicht. Das Volk will Jonathan nicht verraten.

Als Saul nicht durch das Volk Klarheit bekommt, versucht er es durch das Los. Dabei geht er nicht Stamm für Stamm vor, sondern macht direkt eine Trennung zwischen sich selbst und Jonathan auf der einen Seite und dem Volk auf der anderen Seite. Er scheint nicht viel Zeit verlieren zu wollen mit dem Befolgen von komplizierten Abfolgen, obwohl sie dem Willen Gottes entsprechen. Auch hier fügt sich das Volk wieder in den Willen Sauls.

Saul befiehlt Gott, die Wahrheit ans Licht zu bringen. Gott lässt sich nicht befehlen, aber Er lenkt doch das Los. Das Los zeigt auf Saul und Jonathan. Dadurch geht das Volk frei aus. Gott verschont sein Volk. Saul befiehlt dann, dass das Los zwischen ihm und Jonathan geworfen wird. Er weiß, dass es nicht auf ihn fallen kann, aber der Form halber lässt er doch das Los werfen. In der Tat wird Jonathan gezeigt.

Dann befiehlt Saul Jonathan, zu berichten, was er getan hat. Jonathan ist voller Ergebenheit. Er zeugt von dem, was er getan hat. Jonathan entschuldigt sich nicht, indem er sagt, dass er das Gebot Sauls nicht gehört hat. Diese Unwissenheit wird weder von Jonathan noch von dem Volk angeführt. Jonathan ist bereit zu sterben. Seine Haltung ist beachtenswert. Er verteidigt sich nicht, er beginnt auch nicht, seinen Vater wegen dessen Torheit anzugreifen. Er erkennt seine Tat an, aber nicht als Sünde.

Nach dem „Bekenntnis“ seines Sohnes Jonathan bricht Saul los. Das böse Herz Sauls ist bereit, seinen Sohn zu töten. In seiner Torheit ist er in der Lage, den einzigen Mann des Glaubens unter ihnen zu töten. Er hat es geschworen und muss also Wort halten. Wie weit ist Saul von der Gnade entfernt! Er hat selbst kein Teil daran und kennt daher auch keine Gnade gegenüber anderen, sogar nicht gegenüber seinem eigenen Sohn, der einen so großen Sieg für Israel errungen hat.

Das Volk erlöst Jonathan

Dann bekommt Jonathan Unterstützung. Das Volk tritt für ihn ein. Das Volk zeugt von der Tat Jonathans, dass er „mit Gott gehandelt“ hat und spricht ihn frei. Das Volk sieht die Tat Jonathans als eine Tat an, in der er sich auf Gottes Seite gestellt hat und mit Ihm in demselben Werk tätig war. Sein Ungehorsam seinem Vater gegenüber wird hierdurch nicht aufgehoben. Es hätte dem Volk auch etwas sagen müssen, dass sie hier gegen ihren König gezeugt haben, einen König, den sie gerade erst begehrt haben und den sie bejubelt haben.

Ein Auftreten wie das von Jonathan ist nur möglich, wenn jemand Gottes Gedanken kennt und sich ihnen anschließt. Der Arbeiter geht dann so zu Werk wie Gott, er folgt der Art Gottes. Das sehen wir zum Beispiel auch bei den ersten Christen im Buch Apostelgeschichte.

Dass Saul dem Volk gegenüber zugeben muss, muss eine Erniedrigung für ihn gewesen sein, so wie viele Dinge in seinem Leben für ihn erniedrigend waren. Hätte er das mal zugegeben. Wir hören nicht, dass Saul anerkennt, dass er falsch gelegen hat. In ihm sehen wir, wie das Fleisch wirkt. Es erkennt den Willen Gottes nicht und hat kein Mitleid mit denen, die eindeutig mit Gott leben. Es verwandelt Sieg in Niederlage und macht die von Gott gegebene Autorität zuschanden durch seine extremen Befehle. Es verwandelt Freude in Trauer und Empörung.

So hat in vielen Häusern die harte Gesetzlichkeit die Gott-gegebene Autorität aufs Spiel gesetzt und die Ausübung von Zucht ist nichts weiter als fleischliche Anmaßung. In solchen Fällen ist es nicht überraschend, dass „das Volk aufsteht und spricht“.

Es scheint, dass Saul die Verfolgung der Philister nicht abschließt. Seine Niederlage vor seinem eigenen Volk hat ihm die Lust genommen, sich weiter dafür einzusetzen, die Feinde zu verjagen und zu vertilgen. Dadurch ist die Niederlage der Philister nicht vollständig und er gibt ihnen die Möglichkeit, wieder in ihre eigenen Wohnorte zurückzukehren. Dort können sie sich wieder auf neue Angriffe auf Israel vorbereiten.

Taten von König Saul

Hier hören wir noch etwas über einige Kriegshandlungen von Saul. Die Geschichte Sauls ist eine moralische Geschichte, nicht bloß Fakten. Vor allem seine Kriege und nicht seine Regierung werden beschrieben. Seine Siege sind alle unvollkommen. So ist es auch mit dem Sieg über die Amalekiter im nächsten Kapitel.

Ein vollständiger Sieg über geistliche Feinde wird nicht durch ein (Schein)Bekenntnis, mit Gott in Verbindung zu stehen, erreicht. Eine Diskussion über (christliche) Werte und Normen kann einen gewissen Schutz bieten, hat aber letztlich keinen Effekt für das Verbannen von Intoleranz aus dem Zusammenleben.

Die Familie Sauls

In diesen Versen werden Mitteilungen gemacht, die für das Verständnis der weiteren Geschichte wichtig sind. Die Tochter Sauls, Michal, wird mit David verbunden werden. Abner ist sein Neffe, der auch in den späteren Geschichten eine wichtige Rolle spielen wird.

Saul kämpft gegen die Philister

Saul bleibt ein Soldat mit einem Blick dafür, wer ihm im Kampf helfen kann. Sein Heer weiß er zu bilden, aber der Glaube fehlt bei ihm. Darum werden alle seine Anstrengungen, die an sich gut sind, kein bleibendes Ergebnis haben. David wird nicht von den Besten aus Israel umringt, aber bei ihnen ist Glaube.

Die endgültige Verwerfung Sauls geschieht im folgenden Kapitel.

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