Isaiah 52

Kapitel 52

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[Status: Zuverlässig]
„Siehe ({Siehe})
Siehe übersetzt die hebräischen Fokuspartikel  הִנֵּה, die das Hebräische häufig setzt, wo das Deutsche keine Fokuspartikel setzen würde. Hier ist ihre Funktion wohl nur, den Beginn des Abschnitts Jes 52,13-53,12 zu markieren (vgl. z.B. Gentry 2007, S. 26) und könnte in der LF ohne Bedeutungsverlust ausgespart werden.
, mein Getreuer (Diener, Knecht, Sklave)
Das hebräische Wort  עַבְדִּי kann sowohl Sklaven bezeichnen als auch hochgestellte Persönlichkeiten (etwa im Dienst eines Königs) und Propheten (Gottesdiener). Zur Übersetzung mit »Getreuer« siehe Schmidt 2013, S. 115. Es gibt zahlreiche verschiedene Thesen zur Person des Dieners/Getreuen. Im Neuen Testament werden Jes 52,13–53,12 auf Jesus Christus bezogen. Andere Deutungen sind: Das jüdische Volk, die kleine Gruppe der Frommen inmitten der Unfrommen, ein konkreter einzelner Mensch, der Messias, Jeremia, Mose. (Vgl. Berlin/Brettler 2004, S. 891)Für die Interpretation des Textes ist die Festlegung auf eine bestimmte Deutung nicht notwendig (Schmidt 2013, S. 119-120).
wird Erfolg haben (klug handeln, verständig sein),
erhöht wird er sein, erhoben und sehr erhaben.

14Wie viele Menschen über dich (ihn)
Textkritik: Einige hebräische Handschriften lesen ihn, andere dich. Die Lesart dich ist besser bezeugt. Da dieser Perspektivwechsel den Text sperriger macht, wurde vermutlich in den übrigen Handschriften zu ihm geändert (Schmidt 2013, S. 225). Es ist die einzige Stelle in diesem Text, an dem JHWH den Diener anspricht und nicht über ihn redet (Schmidt 2013, S. 225) – sofern man den Personenwechsel nicht als bedeutungslose und unübersetzbare Eigenheit der hebräischen Sprache deutet (Kaiser 1959, S. 85f; North 1964, S. 227; Nyberg 1942, S. 48; vgl. GKC §144p).
entsetzt waren!
So entstellt im Vergleich zu einem [gewöhnlicher] Mann (Mensch) war sein Aussehen,
seine Gestalt im Vergleich zu einem Menschenkind (einem Sohn eines Menschen).
Vers 14bc wird in der wissenschaftlichen Literatur verschieden in das Satzgefüge des Textes eingeordnet. Unsere Übersetzung folgt Schmidt 2013, 224. Es sind aber auch andere Deutungen möglich. Die meisten verstehen Vers 14bc als Einschub; dann wäre zu übersetzen: Ebensosehr, wie viele über dich (ihn) entsetzt waren – so entstellt … war sein Aussehen … – ebensosehr wird er viele Völker aufschrecken. Andere übersetzen die Abfolge  כִּי -  כן -  כן als Ebensosehr - ebensosehr - ebensosehr (Bartélemy 1986, 386; Gentry 2007, S. 26; Schenker 2001, 67): Ebensosehr, wie viele über dich (ihn) entsetzt waren, ebenso entstellt … war sein Aussehen …, ebensosehr wird er viele Völker aufschrecken. Diskutiert wird auch, ob die Textüberlieferung an dieser Stelle fehlerhaft ist. Dann wäre entweder 14bc hinter Vers 53,2 zu verschieben (BHS, Blenkinsopp 2002, Westermann 1966) oder  כן ebenso nach  כִּי denn zu korrigieren: So viele Menschen waren über dich (ihn) entsetzt, denn … denn … (Barré 2000, S. 25; Ziegler 1958, S. 173; so schon Duhm). Da sich diese Vermutungen eines ursprünglich anderen Textes nicht überprüfen lassen, müssen sie jedoch als sehr unsicher eingeordnet werden.


15So sehr wird er viele Völker (Leute) aufschrecken (er wird viele Völker besprengen/verwundern; viele Völker werden verwundert/erregt/erfreut sein über ihn; viele Völker verachten ihn)
Die genaue Übersetzung dieser Stelle ist unklar. Der Urtext hat hier das Wort  יַזֶּה (besprengen), was in diesem Zusammenhang nicht viel Sinn ergibt. Die griechische Übersetzung LXX hat  θαυμάσονται (sie staunen). Der Kontext legt die Aussageabsicht nahe, dass viele Völker von dem erfolgreichen (V. 13) Menschen Notiz nehmen – ebenso wie die Könige. Für die Übersetzung des Wortes werden vier Lösungen diskutiert: (i) Es wird ein dem arab. nazâ analoges  נזה II aufspringen machen angesetzt, das dann entweder bewundern, verwundert sein über (was mit LXX zusammenstimmen würde:  θαυμάσονται sie staunen) oder aufschrecken heißen soll (der häufigste Alternativvorschlag, z.B. Blenkinsopp 2002, Childs 2001, Oswalt 1998, Watts 1987 u.a.) - allerdings ist hiergegen eingewendet worden, dass das arab. nazâ gar nicht die Bedeutung »verwundert sein« habe, vgl. z.B. Gentry 2007, S. 27; Smith 2009, S. 440. (ii) Man emendiert nach  יִרְגְּזוּ sie werden erstaunt sein (Westermann 1966), aber eigentlich bedeutet  רגז gar nicht »erstaunt sein«, sd. »erregt sein, unruhig sein«; vgl. ad loc. auch Ges18, S. 798. Außerdem ist (iii) vorgeschlagen worden, zu emendieren nach  יִזְהוּ sie werden sich freuen (Barré 2000, S. 10f.) - allerdings ist dieses Wort ein wenig unsicher - oder (iv) nach  יִבְזֻהוּ sie verachten (vgl. BHS). Trotz Widersprüchen ist die erste Lösung (a) die verbreitetste und (b) die unproblematischste, weshalb auch wir ihr hier den Vorzug gegeben haben.
,
über ihn (ihm gegenüber) werden Könige ihren Mund verschließen.
»Den Mund verschließen« ist wohl als Geste der Verehrung zu verstehen; vgl. Ijob 29,9; 40,4 (; Mic 7,16).

Denn was ihnen nicht erzählt worden ist – sie werden es sehen (dann gesehen haben),
und was sie nicht gehört haben – sie werden es verstehen (dann verstanden haben).“
Vers 15 ist hier als prophetisches Perfekt übersetzt (vgl. Childs 2001, S. 407); alternativ möglich: Futur II. Eine weitere Übersetzungmöglichkeit ist: „so sehr schreckt er [nun] … auf, denn … sie haben es gesehen … sie haben es verstanden“.
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