Mark 4

Kapitel 4

1-9 Das Gleichnis beschreibt mit einem komplexen Bild, dass in der Gegenwart die Königsherrschaft Gottes zahlreichen Mißerfolgen und Widerständen begegnet und zugleich drückt es die Zuversicht Jesu auf das kommende Heil aus. 10-12 Durch dieses Jeuswort betont Markus das Herausgehobensein der Nachfolger Jesu, vor allem in Bezug auf das Verstehen der neuen Lehre. 13-20 Der Hörer der Gleichnisdeutung soll dazu angereget werden, seine eigene Rolle als Glaubender zu überprüfen. 21-25 Diese Verse fügen inhatlich die beiden vorhergehenden Abschnitte zusammen: Das Geheimnis wird gelüftet werden und die Hörenden unter das Gericht gestellt. 26-29 Mit diesem Gleichnis macht Markus deutlich, dass die das von Jesus zugesagte Heil nicht erst in Endzeit zu erwarten ist, sondern in der Gegenwart zu erwarten ist. 30-32 Das Gleichnis illustriert erneut die Sicherheit, mit der das Reich Gottes kommt, auch wenn dessen Anfang zunächst unbedeutend wirkt. 33-34 Markus macht in diesen Versen deutlich, dass der Zeitpunkt der eigentlichen Offenbarung noch aussteht, allein die Nachfolger Jesu haben bereits mehr erfahren. Die aufgeschrieben Gleichnisse Jesu stellen lediglich eine vorläufige Erklärung dar. 35-41 Mit der Situation der Jünger im Boot formuliert Markus ein facettenreiches Bild für den Glauben heraus. Einige dieser Themen, die Markus impliziert sind: Glaube muss gelernt werden, Glaube in Notsituationen ist schwer, auf Jesus kann man sich verlassen. 1
[Status: Zuverlässig]
Und wieder einmal (erneut) begann er am Meer (See)
Meer Gemeint ist wie schon in Mk 2,13; 3,7 der See Gennesaret, das „Meer von Galiläa“. Bisher hat sich Jesus fast nur in Galiläa aufgehalten.
zu lehren. Und eine so gewaltige Menschenmenge versammelte sich bei ihm, dass er in ein Boot stieg und
stieg und Ptz. conj., temporal, mit „und“ beigeordnet übersetzt.
[darin] auf dem Meer (See) saß
[darin] auf dem Meer (See) saß Die Formulierung ist etwas plump. Luther missversteht offenbar den griechischen Satzbau und übersetzt bezüglich des Bootes „das im Wasser lag“. Guelich erwähnt den Vorschlag, dass „ins Boot steigen und sitzen“ ein Aramaismus ist, der einfach „an Bord gehen“ bedeutet. Doch Markus könnte uns auch bewusst darauf hinweisen, dass Jesus sich setzte, denn das war die normale Haltung eines Lehrers (Guelich 1989, 191).
, und die ganze Menschenmenge blieb (war)
blieb (war) W. „waren“ (Constructio ad sensum).
am Ufer
am Ufer W. „(nah) am Meer“ oder „zum Meer hin gewandt“.
an Land.
2Und er lehrte sie mit (mithilfe, in) Gleichnissen (bildhaften Vergleichen) viele [Dinge] (lange) und er sagte
lehrte und sagte stehen im Imperfekt, was für eine (fortdauernde) Predigt passend ist.  πολλὰ könnte daher hier nicht nur viele Dinge heißen, sondern auch ein Adverb sein und dann lange bedeuten (NSS, so EÜ).
zu ihnen, während er lehrte (bei/in/während seiner Lehre)
während er lehrte LUT: „in seiner Predigt sprach er zu ihnen“, GNB, NGÜ: „Unter anderem sagte er“
:
3„Hört! Seht! (Einmal) Der Säende (Sämann) machte sich auf, [um] zu säen. 4Und beim Säen kam es dazu (geschah es), [dass] ein [Teil des Saatguts] ([Samenkorn])
ein [Teil des Saatguts] ([Samenkorn]) Gr.  ὃ μὲν – ἄλλο »eins – ein anderes« oder »ein [Teil] – ein anderer [Teil]«. Für viele Übersetzungen bedeutet das: »ein [Teil des Saatguts]«. Allerdings spricht V. 8 dann von »anderen« (Plural), was darauf hindeuten könnte, dass Markus beispielhaft von einzelnen Körnern spricht. Eines fiel auf den Weg – andere fielen auf guten Boden (Guelich 1989, 193; France 2002, 191f.).Auch den Singular »Wurzel« (V. 6) könnte man so verstehen. Allerdings handelt die Geschichte von Körnern, die mit der Hand ausgestreut werden. Da würde man eher erwarten, dass Jesus vom Schicksal mehrerer Körner als Kollektiv spricht. Weiter klingt es eher nach mehreren Körnern, die am Ende des Verses gleich von den Vögeln (Pl.) gefressen werden (vgl. Stein 2008, 197). Schließlich benutzt Markus in V. 8 Zahlwörter (»ein [Korn]« usw.) für das Schicksal einzelner Körner, aber nicht hier. Es ist also wahrscheinlicher, dass erst ab V. 8 einzelne Körner in den Blick kommen.
an den Wegesrand (auf den Weg)
an den Wegesrand (auf den Weg) Die griechische Präposition  παρά lässt beide Möglichkeiten zu, wenn Markus mit semitischem Einschlag formuliert (Guelich 1989, 193), doch für auf hätte er  ἐπί verwenden können (wie in V. 7, 8),  παρά heißt eher »bei« (Stein 2008, 198).
fiel, und die Vögel kamen und fraßen es auf.
5Und ein anderer [Teil] fiel auf felsigen Boden, wo er nicht viel Erde hatte, und [die Saat] ging schnell auf, weil sie keine tiefe Erde hatte. 6Doch (und) als (nachdem) die Sonne aufging (hochstieg), wurde [die Saat] versengt, und weil sie keine Wurzeln
Wurzeln W. »Wurzel«
hatte, verdorrte sie (trocknete sie aus).
7Und ein anderer [Teil] fiel zwischen die Dornengewächse (Dornbüsche, Dornen), und die Dornengewächse (Dornbüsche, Dornen) wuchsen auf (überwucherten) und erstickten [die Saat], und sie brachte keine Frucht. 8Und andere [Körner] ([Teile]) fielen auf {den} guten Boden (Erde) und brachten Frucht, indem (während, wobei) sie aufgingen (aufwuchsen) und wuchsen,
indem (während, wobei) er aufging und wuchs Zwei Ptz. conj., modal-temporal Nebensatz übersetzt.
und ein [Samenkorn] ([Teil der Saat]) brachte 30, {und} eins 60 und eins 100 [Körner] hervor ([das Saatgut] trug dreißig- {und}, sechzig- und hundertfach [Frucht])
30, 60, 100 [Körner] bzw. dreißig-, sechzig- und hundertfach [Frucht]. Gr.  ἔφερεν ἓν τριάκοντα usw. Die Frage ist, wie  ἓν »eines« (Ntr. Sg. des Zahlworts ) zu verstehen ist. Man kann es als Subjekt verstehen: ein [Samenkorn]. Oder es könnte ein Aramaismus sein, der die Zahlen 30, 60 und 100 zu Vielfachen macht, also »mal« oder »-fach« bedeuten (wie in Dan 3,19; so die meisten Übersetzungen; nach Guelich 1989, 188). Da V. 8 von anderen im Plural spricht, sind nun vermutlich einzelne Körner als Teile des Saatguts gemeint (auch wenn der Satz genauso gut funktioniert, wenn man stattdessen von mehreren Teilen Saatgut ausgeht). Folglich ist es plausibel,  ἓν als Subjekt zu verstehen. Die Annahme eines exotischen Aramaismus ist dann unnötig (so GNB nach NSS; Collins 2007, 239 Fn i; France 2002, 192f.). Die Parallelstellen sind unentschieden: Lukas formuliert freier und verwendet in Lk 8,8 ein Vielfaches. Matthäus folgt Markus sehr genau, ersetzt aber das gr.  εν, εν, εν durch  ὃ μὲν, ὃ δὲ, ὃ δὲ, die er deutlich auf einzelne Samenkörner bezieht. Diese Beobachtung und die Tatsache, dass der griechische Text sich auch natürlich und ohne Zuhilfenahme eines vermuteten Aramaismus erklären lässt, waren für die getroffene Entscheidung ausschlaggebend.
.“
9Dann (und) sagte
sagte (V. 9 sowie 21, 24, 26, 30) Imperfekt wie in V. 2, und 11. Signalisiert(e) es (ursprünglich) die Fortsetzung der Predigt aus V. 2? Oder führt Jesus seine Erklärung des Gleichnisses weiter (wie V. 11)(Guelich 1989, 228)? Zumindest in V. 9 ist beides denkbar. Markus benutzt diese Imperfektform häufig, um Sprichwörter oder markante Aussagen Jesu einzuleiten (ebd., 205), was besonders zum Gebrauch ab V. 21 passen würde. Ab V. 21 erscheint die Einleitung jedes Mal, um zwischen einzelnen Aussagen zu unterscheiden. Hier würde (wie in V. 11) die Interpretation funktionieren, dass es sich dabei um Aussagen handelte, die Jesus immer wieder machte, und die deshalb von seinen Anhängern mit dem Imperfekt bewart wurden („Jesus sagte immer...“, „Jesus pflegte zu sagen...“).
er: „Wer Ohren hat [zum] Hören, soll hören (höre)!“
10Und wenn (als) er für sich alleine war, fragten ihn [die Leute], die um ihn [waren], mit den Zwölfen [immer wieder
fragten … [immer wieder] Das Verb steht – genau wie sagte im nächsten Vers – im Imperfekt, was den kurzen Einschub der Verse 10-12 als (sich wiederholt ereignende) Anekdote kennzeichnet (vgl. France 2002, 194), oder dass Jesus auf solche Anfragen üblicherweise dieselbe Erklärung von sich gab. Markus hat Jesu Predigt auf dem Wasser (4,1-2) hier unterbrochen und diese Anekdote hier zwischen dem Gleichnis von der Saat und dessen Erklärung als wichtige Kontextinformation untergebracht. Diese Unterbrechung erkennt man möglicherweise auch daran, dass es schwer vorstellbar ist, wie Jesus, der eben noch vom Boot aus zu einer gewaltigen Menge predigte, nun mit den Jüngern allein sein kann. Die Verse 33-34 scheinen diese Anekdote noch einmal aufzugreifen, während V. 35ff. die Haupthandlung wieder ein- und zum nächsten Ereignis überleiten.
nach]
den Gleichnissen (Vergleichen).
11Dann (und) sagte
sagte Imperfekt, zur Erklärung siehe die vorige Fußnote.
er zu ihnen: „Euch ist das Geheimnis von Gottes Königreich (Königsherrschaft) gegeben, aber denen draußen (den Außenstehenden) wird alles in (mit, mit Hilfe von) Gleichnissen (Vergleichen, Rätseln) vermittelt,
12damit [sie] sehen und (obwohl sie sehen; beim Sehen) sehen und (aber) nicht erkennen,
und hören und (obwohl sie hören; beim Hören),
sehen und sehen und hören und hören W. »sehend sehen« und »hörend hören« (wie ZÜR, ELB). Es handelt sich um zwei Partizipien, die eine hebräische Stilfigur wörtlich übertragen. Ihre Funktion ist es, die fragliche Aussage zu verstärken – im Deutschen kann man das nur umschreiben. Der zitierte Text aus Jes 6,9 ist allerdings eine Aufforderung (EÜ: »Hören sollt ihr, hören«, GNB: »Hört nur zu … seht hin, so viel ihr wollt«). Jesus dagegen zitiert den Vers recht frei und benutzt die dritte Person Plural. Zur Intensivierung zielen viele Übersetzungen auf wiederholtes und sehr genaues Hinsehen und Hinhören: »sehen sollen sie, sehen ... hören sollen sie, hören« (EÜ), »Sie sollen hinsehen, so viel sie wollen ... sie sollen zuhören, so viel sie wollen « (GNB), »immerfort sehen ... immerfort hören« (MEN), »mit sehenden Augen sehen ... mit hörenden Ohren hören« (Luther). Nimmt man das Zitat für sich, könnte man es auch nach den Regeln der griechischen Grammatik auflösen. obwohl sie sehen und obwohl sie hören wäre die Deutung als Ptz. conj., die hier konzessiv als Nebensätze aufgelöst sind (ähnlich NGÜ). beim Sehen ... beim Hören wäre modal. Auch die wörtliche Übersetzung sieht wohl eine modale Sinnrichtung (vgl. NSS).
hören und (aber) nicht verstehen,
damit sie nicht etwa umkehren (sich bekehren) und ihnen vergeben wird.“ r

13Und er sagte zu ihnen: „Begreift ihr dieses Gleichnis (Vergleich)
dieses Gleichnis Jesus spricht nun wieder vom Gleichnis von der Saat (Mk 4,3-9). Die Beschreibung von Jesu (üblicher?) Antwort auf derartige Fragen nach seinen Gleichnissen (s. die Fußnote in V. 10) endet in V. 12.
nicht? Wie [wollt] ihr dann (und) überhaupt (all die [anderen])
überhaupt (all die [anderen]) W. »all die Gleichnisse« (vgl. ELB). Unsere Übersetzung folgt MEN, NGÜ, ZÜR. »Überhaupt« kann ebenso umfassend gemeint sein wie »alle«. Vgl. die Definition von  πᾶς »jeder« in LN 59.23: »the totality of any object, mass, collective, or extension—‘all, every, each, whole.’«
Gleichnisse (Vergleiche) verstehen?
14Der Säende (Sämann) sät das Wort (die Botschaft)
Wort (V. 14ff. und 33) bezeichnet den Inhalt von Jesu Verkündigung (vgl. Mk 2,2), die bisher sein Evangelium vom nahen Reich Gottes (1,15) und die Gleichnisse (v.a. ab Kap. 4) umfasst. In der Zeit, als das Evangelium in Umlauf kam, bezeichnete Wort in christlichen Kreisen das christliche Evangelium. Der Vergleich von Mk 1,15 und 2,2 scheint darauf hinzuweisen, dass auch Markus die beiden Begriffe austauschbar benutzt (France 2002, 204; Collins 2007, 251f.).
.
15{und (aber)} Die am Wegesrand (auf dem Weg) sind diejenigen, in die (wo) das Wort (die Botschaft) gesät wird, und sobald sie [es] hören, kommt der Satan und nimmt das in (auf) sie hineingesäte Wort (Botschaft) gleich (schnell) wieder weg. 16Und die auf den felsigen Boden Gesäten sind diejenigen, die das Wort (Botschaft) gleich mit Freuden annehmen, sobald sie es hören
die das Wort gleich mit Freuden annehmen, sobald sie es hören W. »die, sobald sie das Wort hören, es gleich mit Freuden annehmen«
,
17aber (und) keine Wurzel in sich haben, sondern unbeständig sind. Wenn es dann wegen des Wortes (der Botschaft) zu Leid (Bedrängnis, Schwierigkeiten) oder Verfolgung kommt,
wenn es … zu … kommt Temporal aufgelöster Genitivus absolutus.
geben sie bald (schnell, gleich) auf (wenden sich/fallen ab, kommen zu Fall, ärgern sich).
18{und} Andere sind die unter die Dornengewächse (Dornbüsche, Dornen) Gesäten. Es sind diejenigen, die das Wort (die Botschaft) hören (gehört haben),
die … hören bzw. gehört haben Als Relativsatz aufgelöstes substantiviertes Partizip. Man kann das Partizip Aorist sowohl vorzeitig wie gleichzeitig übersetzen.
19und (aber) wenn weltliche Sorgen (Sorgen der Gegenwart, Zeit)
weltliche Sorgen W. »Sorgen der Welt/Zeit/Gegenwart«, appositiver Genitiv.
, {und} die Verlockung (Täuschung) des Reichtums und das Verlangen (die Gier, Sehnsucht) nach allem anderen dazukommen (sich breit machen),
wenn … dazukommen Temporal aufgelöstes Ptz. conj..
ersticken sie das Wort (die Botschaft) und (sodass) es wird unfruchtbar.
20Und die auf die gute Erde gesät werden,
die … gesät werden Als Relativsatz aufgelöstes subst. Ptz..
sind jene, die das Wort (die Botschaft) hören und annehmen und Frucht bringen, eines 30, {und} eines 60 und eines 100 (dreißigfach, {und} sechzigfach und hundertfach)
eines 30, {und} eines 60 und eines 100 S. die Fußnote zur gleichen Formulierung in V. 8. Wenn nicht der dort von vielen gesehene Aramaismus vorliegt (dann wie Klammer), hat Jesus die Formulierung direkt aus der eigentlichen Parabel übernommen, er meint hier also weiter »ein [Samenkorn] bringt 30 [weitere] hervor« usw. (NSS), wobei er die Metapher nicht extra ausdrücklich auf die Jüngerschaft anwenden muss.
.“
21Und (Dann) er sagte zu ihnen: „Bringt man
Bringt man W. »kommt«, d.h. etwa »wird herbeigebracht«, eine gängige griechische Wendung (NSS).
etwa [eine] Lampe, um sie unter [einen] Behälter (Scheffel, Gefäß, Schüssel, Eimer) oder unter das Bett (Liege, Sofa) zu stellen? Oder doch eher (Nein), um sie auf den Lampenständer (Leuchter) zu stellen
um zu stellen (2x) Oder etwas genauer an der griechischen Syntax orientiert: »damit … gestellt wird«
?
22Denn es gibt nichts Verborgenes (Verstecktes, Geheimes), außer um es öffentlich (offenbar, sichtbar) zu machen
um zu machen Oder etwas genauer an der griechischen Syntax orientiert: »damit … gemacht wird«
, und es ist auch nichts geheim (verborgen) geworden (geschehen), außer um ins Tageslicht (Offene) zu kommen.
23Wer Ohren hat [zum] Hören, soll hören (höre)!“ 24Und (Dann) er sagte zu ihnen: „Achtet auf [das], was ihr hört! Mit dem Maß, mit dem ihr messt (zuteilt), wird euch [euer Teil] zugemessen (zugeteilt) werden, und euch wird noch mehr gegeben werden. 25Denn wer hat, dem wird gegeben und wer nicht hat, {von} dem wird auch das, [was] er hat, weggenommen werden.“ 26Und (Dann) er sagte : „Gottes Königreich (Königsherrschaft) ist so, wie wenn ein Mann die Saat ([einen] Samen) auf das Ackerland (den Boden) streut (wirft, fallen lässt). 27Während (dann, und)
Während … {und} W. »und … und«. In Markus' volkstümlichem Griechisch entspricht das wohl (ähnlich wie im Hebräischen) einer temporalen Verbindung (vgl. Mk 2,23), daher die Wiedergabe als temporaler Nebensatz.
er schläft und erwacht, Nacht und Tag, {und} sprießt und wächst die Saat (der Same) – wie (während), [das] weiß er selbst nicht (ohne daß er selbst etwas davon weiß)
wie, [das] weiß er selbst nicht bzw. ohne dass er selbst etwas davon weiß Das Gleichnis enthält einige Merkmale, die darauf hinweisen könnten, dass der Bauer unabsichtlich einen Samen hat fallen lassen (oder weggeworfen hat), der ohne sein Wissen (die Klammer folgt MEN) wächst und Frucht bringt. Dazu passt, dass der Mann sich – ganz untypisch – gar nicht mehr um die Pflanze kümmert, auch das eher harsche Wort  βάλῃ (W. »wirft«) in V. 26 könnte dazu passen. Allerdings ist das Reich Gottes ja von Gott planvoll gepflanzt und angelegt, und auch das christliche Zeugnis von Gottes Reich ist eher bewusst und planvoll als unbewusst (wenn man annimmt, dass der unwissende Bauer hier noch für christliche Verkündiger steht; in V. 29 steht er für Gott). Doch das Gleichnis dreht sich eher um das passive Erleben des Bauern, was mit der Saat passiert, als um seine Identität (France 2002, 214).  βάλῃ könnte hier auch einfach »fallen lassen, ausstreuen« im Sinne des Säens heißen, es steht vielleicht, um seine Sorglosigkeit und passive Rolle bezüglich der Entwicklung des Getreides hervorzuheben (Guelich 1989, 245). Auch die Ernte (V. 29) deutet eher auf ein ganzes Feld hin. Und  σπόρος heißt (wie NGÜ, GNB), wenigstens in diesem Kontext, eher »Saat(gut)« als »Same« (vgl. Lk 8,5.11; 2Kor 9,10). Der Gedanke, dass der Mann einen ganzen Haufen Saatgut einfach weggeworfen (oder versehentlich fallen lassen) haben könnte, ist unplausibler als mit einem einzelnen Samenkorn. Sein Unwissen deckt sich vielmehr mit dem der Jünger, die Jesu Gleichnis vom Reich Gottes nicht verstanden haben (4,13) und es trotzdem verbreiten werden (Guelich 1989, 241), ohne Einfluss auf den Erfolg zu haben. Dass der Bauer sein Feld nicht pflegt, ist eher ein Stilmittel, das das selbständige Wachstum von Gottes Reich noch unterstreicht und dabei vielleicht hervorhebt, dass menschliche Anstrengungen damit nichts zu tun haben (so z.B. France 2002, 214).
.
28Von selbst bringt die Erde Frucht, zuerst einen Halm, dann eine Ähre, dann mit voll ausgereiftem Weizen
voll ausgereiftem Weizen bezieht sich auf die Körner in der Ähre.
in der Ähre.
29Und (aber) sobald die Frucht es zulässt, setzt er gleich (bald) die Sichel an (sendet aus)
setzt er die Sichel an (sendet aus) »Die Sichel aussenden« ist ein Semitismus (Jesus lehnt seine Formulierung an Joel 4,13 an) und heißt sie zum Gebrauch einzusetzen oder anzulegen (LN 43.17; vgl. Offb 14,15.18). Auf Hebräisch und Aramäisch »sendet« man seine Hand aus, wenn man sie ausstreckt (z.B. Ps 138,7; Esr 6,12). Es handelt sich um eine Metonymie, denn der reale Bauer erntet nicht selbst, sondern sendet seine Schnitter aufs Feld (NSS).
, weil die Erntezeit gekommen ist.“ aj
30Und (Dann) sagte er: „Womit können wir Gottes Königreich (Königsherrschaft) vergleichen, oder mit (in) welchem Bild (Gleichnis, Vergleich) können wir es darstellen? 31Mit einem Senfkorn
Senfkorn W. »Korn [des] Senfs«. Gemeint ist wohl der Schwarze Senf, der zwischen 30 cm und über 3 m groß werden kann. Ein schwarzes Senfkorn ist nur 1mm dick und wiegt weniger als 1/700 Gramm. Seine Kleinheit war damals in Palästina sprichwörtlich (France 2002, 216; NSS).
, das, wenn es in (auf) die Erde gesät wird, [das] kleinste (kleiner [als])
[das] kleinste W. »kleiner«. Superlativisch gebrauchter Komparativ (NSS).
aller Samenkörner ist
ist Wohl konzessives Ptz. conj. (NSS), aus stilistischen Gründen einfach als Indikativ übersetzt. Eigentlich etwa: »das, wenn es in die Erde gesät wird, obwohl es das kleinste der Samenkörner ist, die man in die Erde sät, (V. 32) und wenn es gesät wird...« Der unsaubere Satzbau ist wohl dem einfachen Griechisch geschuldet.
, die [man] in (auf) die Erde [sät],
32und wenn es gesät ist, geht es auf (wächst es nach oben) und wird [die] größte (größer [als])
[die] größte W. »größer«. Superlativisch gebrauchter Komparativ (NSS zu V. 31). Dabei handelt es sich (wie bei der ganzen Beschreibung der Senfpflanze als Baum) um eine rhetorische Ausschmückung, um den großen Gegensatz zwischen dem kleinen Senfkorn und der großen Senfpflanze zu beschreiben (Lk 13,19 und Mt 13,32 nennen sie tatsächlich »Baum«)(Guelich 1989, 250). Seltsamerweise geben die deutschen Übersetzungen den Komparativ in V. 31 durchgehend als Superlativ (bis auf ELB) wieder, den gleich aufgebauten hier jedoch als Komparativ.
aller Gartenpflanzen, und es treibt so große Zweige, dass in seinem Schatten
in seinem Schatten W. »unter seinem Schatten«
die Vögel des Himmels nisten (Unterschlupf finden) können.“ ap
33So (Und) erläuterte (verkündete, sagte)
erläuterte Das Imperfekt drückt entweder eine grundsätzliche Gepflogenheit aus oder hat die Predigt von Mk 4,2 im Sinn. Zur Phrase erläuterte ihnen [seine] Botschaft s. die Fußnote zu Mk 2,2 und die folgende Fußnote zu Wort.
er ihnen mit (in) vielen solchen Gleichnissen (Bildern, Vergleichen) [seine] Botschaft (das Wort) so, wie (in einer Weise, dass; in dem Maße, wie)
so wie (in einer Weise, dass) Der Satz mit dieser Konjunktion lässt sich positiv und negativ auffassen. Die Konjunktion heißt dabei entweder so wie i.S.v. in einer Weise, dass (positiv, uneingeschränkt) oder so wie i.S.v. in dem Maße wie (negativ, mit Einschränkungen)(BA  καθώς ). Positiv gedeutet heißt das: Jesus benutzte die Gleichnisse als Hilfsmittel, damit ihn jeder verstehen und auf seine Botschaft reagieren konnte. Negativ verstanden bedeutet es: Jesus benutzte die Gleichnisse als nicht unmittelbar verständliche Mittel, die mehr als nur oberflächliches Hinhören, sondern eine persönliche Reaktion erforderten. Wer sich damit befasst, reagiert auch darauf und zählt zum Kreis der Leute „um ihn“, denen das wahre Verständnis von Gottes Reich/Herrschaft gegeben ist (4,10; vgl. 3,31-35). Auf das positive Verständnis deutet zunächst der Kontext des ersten Saatgleichnisses hin, denn in dessen Erklärung haben alle Gruppen die Botschaft gehört und in irgendeiner Form positiv darauf reagiert – erst an den Langzeitauswirkungen wird erkennbar, wie tief die Botschaft sie betroffen hat. (Das spricht übrigens gegen eine noch krassere Deutung: dass Jesus sie als Rätsel benutzte, sodass nur eingeweihte sie verstehen konnten.) Für das negative Verständnis spricht V. 34, der erneut zwischen Gleichnissen für die Außenstehenden und klaren Worten für den inneren Kreis unterscheidet. Bisher haben wir erfahren, dass alle die Gleichnisse hörten und zu einem gewissen Grad verstanden, aber nicht jeder gleich darauf reagierte. Es bildete sich ein „innerer Kreis“ um Jesus und die Zwölf, der positiv reagierte und mehr von Jesus erfahren wollte und Jesus folgte (4,10). Diesen Kreis bezeichnet das Wort „Jünger“ in V. 34. Dann gab es andere, die nicht zu Jesus kamen und draußen blieben (wie seine Familie in 3,31ff. oder offenbar ein guter Teil der Menschenmengen), und wieder andere, die zu seinen Feinden wurden (die Pharisäer und Schriftgelehrten aus Kap. 2 und 3). Diese unterschiedliche Reaktion hat Jesus mit dem Gleichnis von der Saat (4,3-20) erklärt. Hier scheint Markus also erneut darauf hinzuweisen, dass nicht jeder die Gleichnisse gleich aufnahm (Guelich 1989, 256; France 2002, 218).
sie [sie] verstehen (hören) konnten.
34Dabei sprach (verkündete) er nie ohne Gleichnis (Bild, Rätsel, Vergleich) mit (zu) ihnen, doch [wenn er] mit seinen Jüngern
Jünger Gemeint sind hier nicht nur die Zwölf, sondern die größere Gruppe seiner Anhänger, die schon in V. 10 im Blick war (Collins 2007, 256).
alleine [war], erklärte er (löste auf, legte aus)
sprach und erklärte stehen im Imperfekt, wie große Teile der Rahmenhandlung in Kap. 4. Dazu vgl. die Fußnoten zu V. 10 und 9 sowie V. 33.
alles.
35Und an jenem Tag sagte er zu ihnen, als es Abend geworden war:
als es Abend geworden war Gen. abs., temporal als Nebensatz aufgelöst.
„Fahren wir doch (lasst uns) ans andere Ufer.“
ans andere Ufer Jesus und die Jünger hielten sich bei Kafarnaum am See Gennesaret auf (4,1-2). Das andere Ufer war also das von Nichtjuden bewohnte Ostufer (vgl. France 2002, 222), das sie in Mk 5,1 erreichen.
36Und nachdem sie die Menschenmenge weggeschickt hatten (wobei … zurückließen),
nachdem sie die Menschenmenge weggeschickt hatten (wobei … zurückließen) Ptz. conj., temporal (oder modal) als Nebensatz aufgelöst. Deutsche Übersetzungen verwenden durchweg „wegschicken“, englische „zurücklassen“.
nahmen sie ihn im Boot mit (zu sich ins Boot), wie er war,
im Boot mit (zu sich ins Boot), wie er war Die alternative Übersetzung „nahmen ihn in dem Boot mit, in dem er schon war“, stützt sich darauf, die Konjunktion  ὡς „wie/als“ kausal zu verstehen (France 2002, 223) oder frei als Relativsatz zu übersetzen. So steht zwar wie er war nicht bedeutungslos im Raum, aber diese Deutung ist wenig elegant (so ebd.) und sprachlich möglicherweise schwierig. Ihr folgen dennoch viele Übersetzungen. Dass Jesus noch im Boot war, ist andernfalls allerdings (auch von der Wortstellung her) ebenso wahrscheinlich.
und auch andere Boote waren bei ihm.
37Da (und) kam ein starker Sturmwind
starker Sturmwind W. „großer Sturmwind [des] Windes“, eine Formulierung, die sich vielleicht an Jona 1,4 anlehnt.
auf, und die Wogen schlugen [bald] so [heftig], [auch] in das Boot, dass das Boot sich schon [langsam] füllte
schlugen [bald] Imperfekt, [langsam] füllte Infinitiv Präsens (im AcI). Beide Tempusformen suggerieren einen anhaltenden Vorgang, der durch die mit angegebenen Worteinfügungen kenntlich gemacht wurde.
.
38Er befand sich währenddessen am Heck, wo er auf dem Kissen schlief,
wo er auf dem Kissen schlief Periphrastisches Partizip (oder modales Ptz. conj.), das vielleicht den durativen Aspekt des dadurch umschriebenen Imperfekts noch verstärkt (daher die Ergänzung von [währenddessen]). Aus stilistischen Gründen ist es hier nicht einfach mit deutschem Imperfekt wiedergegeben, sondern mit „befand sich“+Nebensatz. auf dem Kissen könnte sich auf ein mutmaßliches Kissen beziehen, das damals bekanntermaßen (z.B. für Passagiere oder Ruderer) an Bord eines solchen Bootes zu finden war (Guelich 1989, 261). GNB: „auf dem Sitzkissen“
und sie weckten ihn und riefen (sagten) {zu ihm}: „Lehrer, kümmert es dich nicht, dass wir umkommen?“
39Da (und) wachte er auf,
wachte auf Ptz. conj. (Aor.), temporal, beigeordnet aufgelöst.
unterwarf (fuhr an)
unterwarf (fuhr an) Die meisten Übersetzungen: „(be)drohte“. Bei Markus benutzt Jesus das Wort sonst, um Dämonen göttliche Befehle zu erteilen, wie Gott das im Alten Testament mit seinen Feinden tat, daher ist die Übersetzung „(jmdn.)(mit einem Befehl) unterwerfen“, „(etw.) befehlen“ angemessen (France 2002, 224). In Ps 105,9 LXX wird mit den gleichen Worten berichtet, wie Gott sich das Schilfmeer unterwarf, um die Israeliten hindurchzuführen (Collins 2007, 262). Jesus beherrscht hier in göttlicher Manier das Wetter. Jona dagegen bleibt in Jon 1,7ff. lieber passiv und will dann lieber in den Fluten sterben, als sich Gott zu fügen. S.a. die Fußnoten zu Markus_1#note_blMk 1,25 und 3,12.
den Wind und rief (sagte) dem Meer (See) zu: „Still, sei ruhig!“ Und der Wind ließ nach, und es trat eine große Stille ein.
40Und er sagte zu ihnen: „Warum seid ihr [so] furchtsam (verzagt)? Habt ihr noch keinen Glauben (Vertrauen)?“ 41Da (Und) fürchteten sie sich [mit] großer Furcht (Ehrfurcht)
fürchteten sie sich [mit] großer Furcht Wörtliche Übertragung einer hebräischen Stilfigur (figura etymologica). Im Unterschied zur Angst in V. 40 ist hier allerdings auch Ehrfurcht im Spiel (Guelich 1989, 269). Freier einfach „Da bekamen sie große Angst/Ehrfurcht“ oder „Da ergriff sie große Furcht“ (EÜ), „Sie aber fürchteten sich sehr“ (LUT), „Jetzt wurden sie erst recht von Furcht gepackt “ (NGÜ)
und sagten zueinander: „Wer ist denn dieser [Mann], dass sogar der Wind und das Meer (der See) ihm gehorchen
gehorchen W. »gehorcht«
?“
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