Acts 7
1Da fragte ihn der Hohepriester: "Ist dem so?" ▼▼Wie die Zeugen 6,13f. ausgesagt haben.
2Er antwortete: "Liebe Brüder und Väter, ▼▼Die Anrede "Väter" richtet sich an die Mitglieder des Hohen Rates.
hört! Der Gott der Herrlichkeit ist unserem Vater Abraham in Mesopotamien erschienen, noch ehe er in Haran wohnte, 3und sprach zu ihm: 'Verlaß dein Vaterland und deine Verwandten und ziehe in das Land, das ich dir zeigen will!' ▼ 4Darauf verließ er das Chaldäerland und nahm in Haran Wohnung. Von dort ließ ihn Gott nach seines Vaters Tod wandern in dies Land, wo ihr jetzt wohnt. 5Doch gab er ihm darin nicht einen Fußbreit Erbteil. Aber er verhieß es ihm und seinen Nachkommen zum Besitz, ▼ obwohl Abraham noch keine Kinder hatte. 6Und zwar sprach Gott: 'Seine Nachkommen werden in einem fremden Land heimatlos sein, und man wird sie vierhundert Jahre knechten und plagen. 7Aber das Volk, dem sie dienen werden, will ich strafen', sprach Gott; 'dann sollen sie ausziehen und mir an dieser Stätte dienen'. ▼ 8Darauf schloß Gott mit Abraham einen Bund, dessen Zeichen die Beschneidung war. ▼ So wurde Abraham der Vater Isaaks, den er am achten Tag beschnitt; Isaaks Sohn war Jakob, und Jakobs Söhne waren die zwölf Erzväter. ▼▼Die zwölf Söhne Jakobs.
9Die Erzväter aber verkauften Josef aus Neid nach Ägypten. Doch Gott war mit ihm: 10er errettete ihn aus allen seinen Trübsalen, verlieh ihm Weisheit und ließ ihn Gunst finden vor Pharao, dem König von Ägypten. Der setzte ihn als Gebieter über Ägypten und über sein ganzes Haus. 11Da kam eine Hungersnot über ganz Ägyptenland und Kanaan; und das Elend war groß, daß unsere Väter keine Nahrung finden konnten. 12Als nun Jakob hörte, in Ägypten sei Getreide zu haben, sandte er unsere Väter dorthin: das war ihre erste Reise. 13Bei ihrer zweiten Reise aber gab sich Josef seinen Brüdern zu erkennen: so erfuhr Pharao Josefs Herkunft. 14Dann ließ Josef seinen Vater Jakob und alle seine Blutsverwandten holen, im ganzen fünfundsiebzig Seelen. ▼ 15So zog Jakob nach Ägypten. Dort starben er und unsere Väter. 16Man brachte sie nach Sichem ▼ und bestattete sie in dem Grab, das Abraham um Geld von den Söhnen Hemors in Sichem gekauft hatte. ▼ 17Als aber die Zeit herankam, wo sich die Verheißung erfüllen sollte, die Gott dem Abraham gegeben hatte, da mehrte sich das Volk in Ägypten und ward sehr zahlreich. 18Das dauerte so lange, bis sich ein fremder König, der Josef nicht gekannt hatte, zum Herrscher über Ägypten erhob. 19Der war voll Arglist gegen unser Volk und bedrückte unsere Väter so entsetzlich, daß er sie zwang, ihre neugeborenen Kinder auszusetzen, damit sie nicht am Leben blieben. 20In der Zeit wurde Mose geboren: ein wunderbar schönes Kind. ▼▼Wörtlich: "er war schön nach Gottes Urteil," das den höchsten Maßstab bietet.
Der ward drei Monate lang in seines Vaters Haus aufgezogen. 21Dann setzte man ihn aus. Aber Pharaos Tochter nahm ihn an Kindes Statt an und erzog ihn wie ihren eigenen Sohn. 22So wurde Mose in aller Weisheit der Ägypter unterrichtet, und durch seine Rede ▼▼Wegen 2Mo 4:10-15. ist hier nicht an äußere Beredsamkeit, sondern an den bedeutungsvollen Inhalt seiner Worte zu denken.
und seine Taten war er ein einflußreicher Mann. 23Als er vierzig Jahre alt war, kam es ihm in den Sinn, sich nach seinen Brüdern, den Kindern Israel, umzusehen. 24Da war er Zeuge, wie einer von ihnen ungerecht behandelt wurde. Für den trat er ein und rächte seine Mißhandlung, indem er den Ägypter erschlug. 25Er glaubte aber, seine Brüder würden erkennen, daß ihnen Gott durch seine Hand Befreiung bringen wolle. Doch sie erkannten es nicht. 26Am folgenden Tag sah er, wie sich zwei von ihnen stritten. Da wollte er Frieden zwischen ihnen stiften und sprach: 'Ihr seid doch Stammesbrüder; warum tut ihr denn einander unrecht?' 27Aber der Mann, der seinen Nächsten schlug, wies ihn zurück und sagte: 'Wer hat dich zum Oberhaupt und Richter über uns gesetzt? 28Möchtest du mich auch töten, wie du gestern den Ägypter getötet hast?' ▼ 29Das Wort erschreckte Mose, und er flüchtete. Er lebte als Fremdling in dem Lande Midian, wo er zwei Söhne bekam. 30Nach vierzig Jahren aber erschien ihm in der Wüste des Berges Sinai ein Engel in einer Feuerflamme in einem Dornbusch. 31Als Mose das sah, wunderte er sich über die Erscheinung. Wie er nun hinzutrat, um sie näher zu betrachten, da rief die Stimme des Herrn: 32'Ich bin der Gott deiner Väter, der Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs.' ▼ Darüber war Mose so erschrocken, daß er nicht wagte, weiter hinzusehen. 33Da sprach der Herr zu ihm: 'Ziehe deine Schuhe von deinen Füßen! Denn die Stätte, worauf du stehst, ist heiliges Land. 34Ich habe das Elend deines Volkes in Ägypten gesehen und habe ihr Seufzen gehört; darum bin ich herabgekommen, um sie zu befreien. Komm nun her, ich will dich nach Ägypten senden!' ▼ 35Diesen Mose, den sie verleugnet hatten mit den Worten: 'Wer hat dich zum Oberhaupt und Richter eingesetzt?' — den hat Gott als Führer und Befreier gesandt, und der Engel, der ihm in dem Dornbusch erschienen war, begleitete ihn mit seiner Hilfe. 36Dieser Mose hat sie weggeführt und dabei Wunder und Zeichen getan in Ägypten und am Roten Meer, dann weiter vierzig Jahre in der Wüste. 37Dieser Mose hat den Kindern Israel gesagt: 'Einen Propheten wie mich wird Gott euch zum Heil aus eurer Brüder Kreis auftreten lassen.' ▼ 38Dieser Mose ist es, der bei der Volksversammlung in der Wüste ▼ mit dem Engel, der am Berg Sinai zu ihm geredet hatte, und mit unseren Vätern verkehrt hat. Er empfing Lebensworte, ▼▼In dem Gesetz.
um sie uns mitzuteilen. 39Unsere Väter aber wollten ihm nicht gehorchen, sondern stießen ihn von sich und wandten sich mit ihrem Herzen nach Ägypten. ▼▼D.h. zu dem ägyptischen Götzendienst.
40Denn sie sprachen zu Aaron: 'Mache uns Götter, damit sie vor uns hergehen! Wir wissen ja nicht, was diesem Mose widerfahren ist, der uns aus Ägyptenland geführt hat.' ▼ 41Sie machten damals einen Stier, brachten diesem Götzenbild Opfer dar und erfreuten sich ▼ an den Werken ihrer Hände. ▼▼An dem Götzenbild.
42Da wandte sich Gott ab von ihnen und gab sie preis, dem Himmelsheer ▼▼Den Gestirnen.
zu dienen, wie in dem Buch der Propheten geschrieben steht: ▼ Habt ihr mir denn Schlachtopfer und Speisopfer dargebracht dort in der Wüste vierzig Jahre lang, ihr vom Haus Israel? ▼ 43Nein, ihr habt vielmehr das Zelt des Molochs ▼▼Moloch oder Molek war der Name des kananitischen Himmels- und Sonnengottes, dem namentlich Kinder geopfert wurden.
mitgeführt ▼▼Auf eurer Wanderung durch die Wüste. — Das Zelt des Molochs war ein abgöttisches Gegenbild der Stiftshütte.
und das Sternbild eures Gottes Rephan ▼▼Rephan ist wohl der koptische Name des Planeten Saturn, an dessen göttliche Verehrung dann hier zu denken wäre.
— die Götzenbilder, die ihr selbst gemacht habt, um sie zu verehren. Zur Strafe dafür will ich euch wegführen lassen, noch über Babylon ▼▼So sagt Stephanus auf Grund der geschichtlichen Erfahrung statt des im Text stehenden "Damaskus".
hinaus! 44Unsere Väter hatten in der Wüste das Zelt des Zeugnisses. ▼▼Das Zelt, wo Gott seinem Volk Zeugnis oder Offenbarung gab.
Das war erbaut nach dem Befehl dessen, der Mose geboten hatte, es nach dem Bild herzustellen, das er gesehen. 45Dieses Zelt ging dann über auf das folgende Geschlecht, und unter Josua führten es unsere Väter mit hinein (nach Kanaan), als sie das Land der Heiden in Besitz nahmen, die Gott vor ihnen vertrieb. So blieb es mit dem Zelt bis zu den Tagen Davids. 46Der fand Gnade vor Gott, und darum bat er ihn, dem Gott Jakobs eine Wohnstatt errichten zu dürfen. 47Aber erst Salomo erbaute ihm ein Haus. 48Doch der Höchste wohnt nicht in Gebäuden von Menschenhand, wie der Prophet spricht: ▼ 49Der Himmel ist mein Thron, und die Erde ist der Schemel meiner Füße. Was für ein Haus wollt ihr mir da bauen, spricht der Herr, oder an welcher Stätte soll ich ruhen? 50Hat meine Hand nicht alles dies ▼▼Das Weltall.
geschaffen? ▼▼Hier sah Stephanus deutlich die Entrüstung und den Unwillen seiner Zuhörer; vielleicht wurden auch Zwischenrufe laut. Darum fährt er V51 viel schärfer fort.
51Ihr Halsstarrigen, die ihr an Herz und Ohren unbeschnitten seid! ▼ Ebenso wie eure Väter widersteht auch ihr fort und fort dem Heiligen Geist. 52Wen von den Propheten haben eure Väter nicht verfolgt! Hingemordet haben sie alle, die das Kommen des Gerechten ▼▼D.i. Jesus.
vorausverkündigt haben. Seine Verräter und Mörder seid ihr jetzt geworden! 53Ihr habt das Gesetzt, weil es durch Engel verordnet wurde, ▼ angenommen; aber ihr habt es nicht gehalten...!" ▼▼Stephanus gibt in seiner Rede, rein äußerlich betrachtet, einen Überblick über die Geschichte Israels von Abraham bis auf Salomo. Inwiefern ist dies nun eine Verteidigung gegen die wider ihn erhobenen Anklagen? Er war beschuldigt worden, daß er Lästerworte ausgesprochen habe gegen Mose und gegen Gott, gegen den Tempel und das Gesetz (6,11.13.14). Stephanus kannte seine Zuhörer. Er wußte, sie würden ihn sofort niederschreien, wenn er ihnen ein unverhülltes Zeugnis ablege. Darum wählte er, der Mann voll Weisheit, einen anderen Weg. Indem er seine Hörer daran erinnerte, wie wunderbar Gott in den vergangenen Zeiten sein Volk geleitet habe, zeigte er deutlich, daß die Anklage der Gotteslästerung völlig grundlos sei. Und wie weit er von einer Lästerung gegen Mose und das Gesetz entfernt sei, das mußten seine Widersacher erkennen, als sie hörten, wie ehrend er von Mose redete, und wie hoch er das Gesetz stellte (7,35-39). Auch den Vorwurf einer Lästerung des Tempels weist Stephanus einfach und bestimmt dadurch zurück, daß er den Tempelbau durch Salomo als den eigentlichen Höhepunkt der Geschichte Israels hinstellt. So verteidigt er sich klar und schlagend, ohne seine eigene Person auch nur im mindesten zu erwähnen. Aber zugleich straft er auch, er weckt das Gewissen seiner Hörer und belehrt sie über die wahre Bedeutung des Gesetzes und des Tempels. Schon ehe es ein Gesetz und einen Tempel gab, hat Gott Israel erwählt. Darum soll man auch nicht denken, Gott sei unabänderlich an beides gebunden, und Gesetz und Tempel müßten für alle Zeiten fortbestehen. Im Gegenteil, Israels ganze Geschichte zeigt, wie Gott sein Volk stufenweise vorwärtsführt. Abraham ward noch vor der Anordnung der Beschneidung berufen; Israel ward schon vor der Gesetzgebung zum Volk Gottes ausersehen; und das Volk diente Gott schon vor dem Tempelbau in der Stiftshütte. Darum ist auch nicht zu erwarten, daß Gott Israel auf der gegenwärtigen Stufe stehen lassen wird. Das hat schon Mose vorausverkündigt, als er von dem kommenden Propheten redete. Daß Stephanus damit auf Jesus hinwies, konnte den Hörern nicht verborgen bleiben. Aber Israel hat fort und fort den von Gott gesandten Propheten widerstrebt. Insonderheit ihr Verhalten gegen Jesus sollte den Hörern durch die vorbildlichen Geschichten von Josef und Mose deutlich gezeigt werden. Einst war die Wegführung nach Babylon die Strafe für den Abfall des Volkes. So wird auch jetzt das Gericht nicht ausbleiben. — Die Rede des Stephanus scheint Lukas wörtlich mitzuteilen. Sicher ist sie von den Schreibern des Gerichtes aufgezeichnet worden. Doch wie kann sie Lukas später erhalten haben? Wahrscheinlich durch Paulus, der ja dieser Verhandlung beiwohnte (V58)
54Als sie dies hörten, wurden sie in ihrem Herzen mit Wut erfüllt, und sie knirschten mit den Zähnen gegen ihn. 55Er aber blickte voll Heiligen Geistes zum Himmel auf und sah Gottes Herrlichkeit und Jesus zur Rechten Gottes stehen. Da rief er: "Ich sehe jetzt den Himmel offen und den Menschensohn zur Rechten Gottes stehen!" 56Sie aber schrien laut auf, hielten sich die Ohren zu, stürmten wie ein Mann auf ihn los, schleiften ihn zur Stadt hinaus und steinigten ihn. 57Die Zeugen ▼ legten ihre Oberkleider ▼▼Die sie bei der Steinigung hinderten.
ab und gaben sie einem Jüngling, mit Namen Saulus, in Verwahrung.
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