Der Brief des Apostels Paulus an Philemon

Einleitung

Philemon war ein wohlhabender Christ in Kolossä. Er hatte, vielleicht in Ephesus, die Predigten des Apostels Paulus gehört und war dadurch zum Glauben gekommen. Philemon hatte einen Sklaven mit Namen Onesimus. Dieser bestahl seinen Herrn und entfloh. Entlaufene Sklaven waren aber damals in einer schlimmen Lage. Denn sie wurden nicht selten von den Behörden verfolgt, und ergriff man sie, so war ihre Strafe furchtbar. Auch Onesimus wird bald eingesehen haben, daß ihm seine Flucht wenig nützte. Um in seiner Not einen Fürsprecher zu finden, suchte er den Apostel Paulus auf. Im Haus Philemons konnte er leicht erfahren haben, wo dieser weilte. Es war ihm ohne Zweifel auch bekannt geworden, daß Paulus mit Philemon eng befreundet war. Paulus nahm sich des armen Sklaven liebevoll an. Ja er wurde ihm ein Führer zu Christus: Onesimus war an den Herrn gläubig und ließ sich taufen. Er war nun mit Philemon durch ein geistliches Band verbunden. Aber sein äußeres Verhältnis zu ihm wurde dadurch nicht geändert: er blieb nach wie vor der Sklave Philemons. Noch mehr: als Christ war Onesimus nun geradezu verpflichtet, zu seinem Herrn zurückzukehren. Denn er war ja Philemons Eigentum und hatte diesem durch seine Flucht einen Vermögensschaden zugefügt. Doch Paulus wollte seinem lieben Onesimus bei Philemon eine gute Aufnahme sichern. Darum gab er ihm bei seiner Rückkehr nach Kolossä ein Schreiben an Philemon mit. Dieser kurze Brief ist voll köstlichen Inhalts; er gibt uns einen Blick in das Herz des Paulus. Wie fein und treffend versteht der Apostel seine Worte zu wählen, um seinen Freund Philemon für Onesimus günstig zu stimmen: er redet bald leise scherzend, bald ernst ermahnend und dabei immer freundlich, immer liebenswürdig und dadurch unwiderstehlich gewinnend. Paulus hat den Brief an Philemon vielleicht schon am Ende des Jahres 53 während einer Gefangenschaft in Ephesus geschrieben. (Vgl. die Einleitung zu dem Brief an die Epheser.)

‏ Philemon

1Paulus, der im Dienst Christi Jesu in Ketten liegt, und der Bruder Timotheus, wir entbieten unserem geliebten Mitarbeiter Philemon, 2unserer Schwester Appia, unserem Mitkämpfer Archippus
Appia war vielleicht Philemons Frau und Archippus sein Sohn. Archippus ist des Paulus Mitkämpfer, weil er mit ihm für die Sache Christi streitet.
und deiner Hausgemeinde
Gemeint sind Philemons Hausgenossen und nächster Freundeskreis.
unseren Gruß.
3Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! 4Ich danke meinem Gott jedesmal, wenn ich dein in meinen Gebeten gedenke. 5Höre ich doch fort und fort von deinem Glauben an den Herrn Jesus und von deiner Liebe zu allen Heiligen. 6Ich bete nun, die Glaubensgemeinschaft, in der du mit uns stehst, möge sich wirksam zeigen für die Sache Christi, so daß du alle uns verliehenen Heilsgüter dankbar zu schätzen wissest. 7Ja, durch deine (werktätige) Liebe habe ich viel Freude und Trost gehabt. Denn du, teurer Bruder, hast die Herzen der Heiligen erquickt. 8Kraft meiner Gemeinschaft mit Christus
D.h. als Christi Apostel.
könnte ich sehr kühn auftreten und dir vorschreiben, was du zu tun hast.
Paulus könnte dem Philemon gebieten, den Onesimus freundlich aufzunehmen.
9Wenn ich aber an deine Liebe denke, so ziehe ich's vor, dir mit einer Bitte zu kommen. Ich, Paulus, ein alter Mann und jetzt noch obendrein um Christi willen in Gefangenschaft, 10ich bitte dich für mein liebes Kind, dessen Vater ich in meinem Gefängnis geworden bin:
Paulus ist des Onesimus geistlicher Vater geworden, weil er ihn zu Christus geführt hat.
für Onesimus.
Onesimus heißt: der Nützliche. Diesem Namen hat aber Onesimus bisher keine Ehre gemacht.
11Der hat sich zwar früher bei dir als Nichtsnutz gezeigt, nun aber kann er uns beiden, dir und mir, von großen Nutzen sein. 12Ich schicke ihn dir zurück, ihn, das heißt: mein eigen Herz. 13Ich hätte ihn freilich gern an deiner Statt zu meinem Dienste hier behalten, während ich der Frohen Botschaft wegen im Gefängnis bin.
Paulus denkt an persönliche Dienste, die Philemon ihm leisten könnte, wenn er in seiner Haft bei ihm wäre.
14Aber ohne deine Erlaubnis will ich nichts tun, denn du sollst dich nicht gleichsam gezwungen, sondern ganz freiwillig gütig zeigen.
Das tat Philemon, indem er Onesimus freiließ.
15Vielleicht ist er auch gerade darum für kurze Zeit von dir getrennt worden, damit du ihn auf ewig zu eigen hättest
Der christliche Bruderbund dauert ewig.
16nicht mehr als Sklaven, nein, als einen, der viel höher steht als ein Sklave: als einen geliebten Bruder. Das ist er im schönsten Sinne mir, und dir wird er's noch mehr sein. Denn dir ist er ja zwiefach verbunden: dem Fleisch nach und auch im Herrn.
D.h. als Sklave und als christlicher Bruder.
17Hältst du mich nun für deinen Freund, so nimm ihn auf wie mich selbst! 18Und hat er dich geschädigt, oder schuldet er dir etwas, so schreib es nur auf meine Rechnung! 19Ich, Paulus, — das gebe ich dir hier schriftlich — ich will's bezahlen. Ich will hier gar nicht davon reden, daß du bei mir noch Schulden hast: du schuldest mir dich selbst.
Denn durch Paulus war Philemon zum Glauben an Christus gekommen und hatte dadurch sein ewiges Heil gefunden.
20Ja, Bruder, jetzt will ich Nutzen von dir ziehen im Sinne des Herrn. Mach meinem Herzen eine Freude, wie es Christus wohlgefällt!
Philemon soll dem Apostel Freude machen durch die gute Aufnahme des Onesimus.
21Ich schreibe dir in der festen Überzeugung, daß du meinen Wunsch erfüllst. Ja ich weiß, du wirst noch viel mehr tun, als ich verlange.
Paulus erwartet, Philemon werde seinem Sklaven Onesimus die Freiheit schenken.
22Zugleich aber rüste dich auch, mich als Gast aufzunehmen! Denn ich hoffe, ich werde euch durch eure Gebete wiedergeschenkt.
Paulus hofft also, nicht nur bald aus der Gefangenschaft frei zu werden, sondern auch nach Kolossä zu kommen, das er bis dahin noch nicht besucht hatte.
23Epaphras,
Epaphras stammte aus Kolossä. Kol 4:12
der um Christi Jesu willen meine Gefangenschaft teilt,
24und meine Mitarbeiter Markus, Aristarchus, Demas und Lukas senden dir Grüße. 25Die Gnade des Herrn Jesus Christus sei mit euerm Geiste!
Dieser Segenswunsch gilt dem Philemon und seiner Hausgemeinde.
Amen.
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