1 Samuel 26:1-12

Einleitung

In diesem Kapitel sehen wir David aufs Neue auf einem geistlichen Höhepunkt, während er im folgenden Kapitel wieder versagt. Das haben wir auch in 1. Samuel 24 und 25 gesehen. Es lehrt uns, dass wir in allen Dingen fortwährend von der Gnade abhängig sind.

Saul jagt David nach

Die Siphiter haben wir früher schon als Verräter Davids gesehen (1Sam 23:19). Jetzt verraten sie Saul aufs Neue, wo David ist. Ihre Mitteilung ist für Saul der Anlass, seine Jagd auf David fortzusetzen. Obwohl Saul weiß, dass der HERR mit David ist, ist er unermüdlich in seinen Versuchen, David auszuschalten. Saul will das Königtum nicht aus den Händen geben, um es in die Hand des Mannes zu geben, den Gott an seiner Stelle ausgewählt hat.

Es ist die Haltung jedes Menschen, der sich nicht vor der Autorität des jetzt noch immer verworfenen Christus beugt, während Gott Ihn schon „sowohl zum Herrn als auch zum Christus gemacht“ hat (Apg 2:36). Christus bedeutet „Gesalbter“. Er ist Gottes gesalbter König. In der Haltung Sauls sehen wir, wie das Fleisch ist. Es gibt sich nie geschlagen, es beugt sich nie vor Gott. Immer müssen wir aufmerksam sein, dass es sich in unserem Leben nicht bemerkbar macht.

David geht zu Saul

David verlässt sich nicht auf Gerüchte, sondern will sicher wissen, ob es wahr ist, dass Saul wieder auf der Suche nach ihm ist. Darum sendet er Kundschafter aus. Als klar wird, dass die Berichte stimmen, ergreift David die Initiative, zu Saul zu gehen. David geht dieses Mal anders zu Werk als in 1. Samuel 24. Er flüchtet nicht weiter, sondern geht Saul entgegen. Was dann geschieht, ähnelt sehr dem, was wir in 1. Samuel 24 lesen.

Dennoch setzt er sich hier viel größeren Gefahren aus. Im ersten Fall ist Saul, ohne es selbst zu wissen, nah zu David gekommen. Es war eine mehr oder weniger „zufällige Begegnung“. Hier sucht David Saul selbst auf. Saul ist hier auch nicht allein, sondern befindet sich mitten im Lager, umgeben von seinen Soldaten. Was David tut, scheint übermütig zu sein, aber Gott ist mit ihm, denn Er legt einen tiefen Schlaf auf Saul und alle, die bei ihm sind (1Sam 26:12).

Mit seiner Aktion setzt David sein Leben wieder aufs Spiel. Er muss wohl eine große Ruhe in seinem Herzen gehabt haben, um dieses Unternehmen zu wagen. Er fragt zwei Männer, wer mit ihm gehen will. Abisai hat denselben Mut wie David und bietet an, mitzugehen. Der Sinn dieser Aktion Davids scheint ein neuer Versuch zu sein, seine Unschuld zu beweisen.

Treffend ist wieder die Bemerkung über den Speer Sauls, von dem dort steht, dass er „in die Erde gesteckt an seinem Kopfende“ war. Er hat den Speer in Griffweite, um ihn bei der geringsten drohenden Gefahr zu greifen. Es ist der Speer, mit dem er einige Male versucht hat, David zu töten.

Der Speer und der Wasserkrug

Als David und Abisai bei Saul sind, spricht Abisai David darauf an, dass es Gottes Führung ist, jetzt mit seinem Feind abzurechnen. Das letzte Mal, als Saul in die Höhle zu David und seinen Männern kam, haben seine Männer denselben Vorschlag gemacht und mit derselben Motivation (1Sam 24:5). Da sagten sie, dass David mit Saul tun könnte, was er wollte. Es scheint, dass Abisai vom vorigen Mal gelernt hat, dass David es selbst nicht tun wird, und dass er darum anbietet, es zu tun. Er wird es mit Sauls eigenem Speer tun, mit der Versicherung, dass ein Speerstoß ausreichend ist. Mit großer Selbstsicherheit sagt er dabei, dass ein zweites Mal nicht nötig sein wird.

Wäre es nicht eine gerechte Vergeltung, Saul mit der Waffe zu töten, mit der er selbst mehrere Male David töten wollte? Würde hiermit nicht das Wort Gottes erfüllt, dass, wer anderen eine Grube gräbt, selbst hineinfällt (Spr 26:27)?

Was die Bemerkung Abisais betrifft, dass es Gottes Leitung ist, dass David Saul in der Hand hat, gibt es noch eine Lektion zu lernen. Es kommt in bestimmten Glaubensgemeinschaften regelmäßig vor, dass jemand zu einem anderen sagt, was Gott will, dass der andere tut. Das kann sogar mit den Worten „so spricht der Herr“ eingeleitet werden, einem Ausdruck, dem wir im Neuen Testament nirgends in Bezug auf die Gemeinde begegnen. Eine solche Wortwahl kann beeindruckend klingen, ist aber in der Regel Manipulation und in jedem Fall hochmütig.

Jemand kann wohl sagen, dass wir etwas tun müssen und sich dabei auf den Willen des Herrn berufen, aber wir müssen zuallererst selbst davon überzeugt sein, dass etwas der Wille des Herrn ist. Andere können den Willen des Herrn für uns nicht bestimmen. Gott macht seinen Willen jedem der Seinen persönlich durch sein Wort bekannt. Indem man selbst darin liest, oder indem man das, was ein anderer gesagt hat, daran prüft, können wir seinen Willen für unser Leben kennen lernen.

David widersteht der Versuchung mit demselben Argument wie das vorige Mal. Saul ist für ihn immer noch „der Gesalbte des HERRN“. Wir sehen hier wieder diesen schönen Charakterzug bei David, dass er die von Gott eingesetzte Autorität anerkennt. Er schaut nicht auf den Charakter des Würdenträgers, sondern auf die Position, die dieser hat. Das ist eine wichtige Lektion für uns in unserer Haltung gegenüber der Obrigkeit, für die dasselbe gilt (Röm 13:1; 2).

In 1. Samuel 24 hat David die Sache in die Hände des HERRN gegeben. Das tut er hier auch, aber er sagt doch dabei, wie Saul sein Ende finden wird. David weiß, dass der HERR mit Saul handeln wird. Der HERR kann mit ihm handeln, indem Er ihn schlägt, sodass er stirbt, wie das bei Nabal geschehen ist (1Sam 25:38). Er kann ihn auch im Kampf fallen lassen, was später tatsächlich geschieht. Der Glaube wartet auf Gottes Handeln und greift nicht vorweg, indem man die Sache in die eigene Hand nimmt.

David tut wohl etwas anderes. Er nimmt den Speer und den Krug von Saul mit. Damit nimmt er Saul seine Verteidigung oder königliche Würde und seine Erfrischung. Der Speer ist doch das Symbol der Kraft Sauls. Ohne Speer ist er ein schwacher Mensch.

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