Daniel 7:9-14

Einblick in den Gerichtshof Gottes

Nun sieht Daniel, dass „Throne“ (achte auf den Plural!) aufgestellt werden. Ein Thron spricht von Regierung, aber auch von Rechtsprechung. Als alttestamentlich Gläubigem kann Daniel zu diesem Zeitpunkt nicht verständlich gemacht werden, wer die auf diesen Thronen Sitzenden eigentlich sein werden. Sie werden vage mit dem Begriff „Gericht“ bezeichnet (Dan 7:10). Im Licht des Neuen Testaments wissen wir, um wen es sich dabei handelt. Das Buch der Offenbarung zeigt, dass auf diesen Thronen die Gläubigen aus dem Alten und Neuen Testament sitzen werden, die als 24 Älteste vorgestellt werden (Off 4:4; Off 20:4).

Daniel sieht jedoch auch, dass sich jemand auf einen bestimmten Thron setzt, und zwar „ein Alter an Tagen“. „Der Alte an Tagen“ ist Gott. Das Aussehen und Verhalten, das im „Gewand“ dieses Alten an Tagen dargestellt wird, zeigt, dass Er vollkommen rein und heilig ist. Seine Persönlichkeit strahlt eine makellose und kraftvolle Ehrenhaftigkeit aus, die durch „das Haar seines Hauptes“, das „wie reine Wolle“ aussieht, besonders betont wird. Die Beschreibung des Alten an Tagen entspricht der des Herrn Jesus als Menschensohn (Off 1:13-15). Es ist einer der vielen Beweise in der Schrift, dass der Herr Jesus Gott ist.

Die Eigenschaften des Thrones des Alten an Tagen deuten auf ein verzehrendes Gericht hin, das völlig ungemildert und ohne Widerstand ausgeübt wird. Unzählige Engel stehen Ihm für die Vollstreckung des Gerichts zur Verfügung. Vor der Urteilsverkündung werden Beweise für seine Rechtmäßigkeit vorgelegt: Bücher werden geöffnet, in denen die Anklage fehlerfrei niedergeschrieben ist (vgl. Off 20:12). Keinem der Gerichteten wird etwas einfallen, womit er den Grund seiner Verurteilung in Frage stellen oder widerlegen könnte. Niemand wird eine Gegendarstellung vorlegen (Mt 22:12).

Die Räder an dem Thron zeigen, dass die Regierung Gottes dynamisch ist. Dass die Räder von loderndem Feuer sind, bedeutet, dass Er die Ungerechtigkeit richtet. Er ist der handelnde Gott. Gottes Regierung ist in Bewegung, und zwar in einer Vorwärtsbewegung. Gott hat ein Ziel, auf das Er immer hin arbeitet. Dazu bestimmt Er den Lauf der Geschichte und der Ereignisse. Er ist es, der war und ist und auch kommt; in Ihm sehen wir Gottes Handeln (Off 1:8).

Die Rechtsprechung konzentriert sich auf „das Horn“, das „große Worte“ spricht. Diese großen Worte werden zum Grund für seine Verurteilung. Sie sind Ausdruck einer totalen Ablehnung und Verleumdung Gottes. Deshalb wird das Tier getötet. Beachten wir den Wechsel vom Horn zum Tier. Das Tier und das Horn stehen für das Gleiche: Das Horn ist der Herrscher, das Tier ist das römische Reich. Im Horn sehen wir den Vertreter dieses Reichs. Nachdem das Tier getötet wurde, wird sein Körper zerstört und in den Feuersee geworfen. Dass sein Körper zerstört wird, bedeutet nicht, dass diese Person aufhört zu existieren. Denn als erstes lebende Wesen landet das Tier, zusammen mit dem falschen Propheten, in dem Feuersee (Off 19:20).

Zusammen mit diesem Gericht über das Tier und das vierte Reich wird auch die Herrschaft der anderen Reiche weggenommen. Zu diesem Zeitpunkt existieren diese Reiche zwar nicht mehr als Weltreich, sind aber in die nachfolgenden Reiche einbezogen. Das bedeutet, dass sie nie ganz aufgehört haben zu existieren. Als Reiche existieren sie wohl noch, aber ohne (Welt-)Herrschaft. Gott hat die Zeit eines jeden Reichs bestimmt.

In der Endzeit, in der wir heute leben, sehen wir, dass diese Reiche ihren Platz auf der Weltbühne wieder einnehmen. Im heutigen Irak belebt sich das ehemalige Babel wieder; der Iran ist das ehemalige Persien und Griechenland spricht für sich.

Der Menschensohn und seine Herrschaft

Daniel schaut gespannt weiter zu. Er bemerkt ein neues Phänomen – besser gesagt: eine neue Erscheinung –, die er als „eines Menschen Sohn“ bezeichnet. Diese Person ist niemand anderes als der Herr Jesus. In den Evangelien nennt sich der Herr Jesus selbst regelmäßig „Sohn des Menschen“. Als Er vor dem Synedrium sagt: „Doch ich sage euch: Von jetzt an werdet ihr den Sohn des Menschen zur Rechten der Macht sitzen und auf den Wolken des Himmels kommen sehen“, nehmen dies die Hohenpriester und Schriftgelehrten zum Anlass, Ihn zu verurteilen: „Er hat gelästert; was brauchen wir noch Zeugen? ... Er ist des Todes schuldig“ (Mt 26:64-66).

Diese korrupten Führer des Volkes wissen nur zu gut, dass Er diesen Vers aus Daniel 7 zitiert (Dan 7:13). Dies deuten sie zu Recht, dass Er sich selbst zum Sohn Gottes erklärt. Dass sie Ihn auf der Grundlage dieses Zeugnisses verurteilen, macht ihre Verderbtheit nur noch deutlicher. Man verurteilt also den Herrn Jesus nur deshalb, weil Er ein wahrhaftiges Zeugnis darüber abgelegt hat, wer Er eigentlich ist.

Dass in Daniel 7 mit dem Menschensohn Gott selbst gemeint ist, sehen wir auch in seinem Kommen „mit den Wolken des Himmels“. Im Alten Testament wird das Kommen Gottes zu seinem Volk oder zu einem anderen Volk oft von Wolken begleitet (2Mo 13:21; 5Mo 33:26; Jes 19:1). Dass Er sich der Wolken bedient und sich mit Wolken umgibt, macht seine Majestät noch beeindruckender.

Wenn also der Menschensohn Gott selbst ist, wie kann Er dann zu dem Alten an Tagen kommen, der ebenfalls unbestreitbar Gott ist, und das Reich aus seinen Händen empfangen? Wie ist es denn möglich, dass Gott zu Gott kommen kann, um etwas zu empfangen? Hier liegt ein Geheimnis vor, das sich nicht mit menschlicher Logik erklären lässt. Das hat mit dem unerklärlichen Wunder der besonderen Herrlichkeit der Person Christi seit seiner Menschwerdung zu tun. Er wurde Mensch, ohne jemals aufzuhören, Gott zu sein.

Die Evangelien sind voll von Beweisen für die Unergründlichkeit seiner Person. Ein Beispiel: Er, der als wahrer Mensch müde an Bord eines Schiffs schläft, zeigt sich, als Er von verängstigten Jüngern geweckt wird, als der wahre und allmächtige Gott, der Wind und Wellen mit einem Machtwort zum Schweigen bringt (Mk 4:38; 39). Der aufmerksame Leser der Evangelien wird zu diesem Beispiel viele andere hinzufügen können. Zu diesem Wunder über seine Person sagt der Herr Jesus: „Niemand erkennt den Sohn als nur der Vater“ (Mt 11:27a). Was für Menschen unerklärlich ist, können wir jedoch glauben und anbeten.

Nachdem das kleine Horn, das vierte Tier, getötet und die Herrschaft der anderen Tiere beendet wurde, ist der Weg frei für ein völlig anderes Königreich mit einem ganz anderen Herrscher. Das fünfte Reich und der, dem die Führung darüber gegeben wird, werden angekündigt. Der Herrscher dieses Reichs unterscheidet sich durch zwei Dinge von allen früheren Herrschern. Er ist erstens jemand, dem Gott wegen der Würde seiner Person Herrschaft, Ehre und königliche Macht verleiht. Er ist aber nicht nur würdig; Er ist zweitens auch fähig, über alle Nationen zu regieren. Gott unterwirft Ihm alle Nationen (Ps 8:7).

Nicht nur seine Person, sondern auch seine Herrschaft, hat Eigenschaften, die sich völlig von früheren Herrschaften unterscheiden. So ist seine Herrschaft nicht auf einen Teil der Erde beschränkt, egal wie groß dieser auch sein mag, sondern Er herrscht über die ganze Erde und den Himmel. Ihm ist „alle Gewalt gegeben im Himmel und auf der Erde“ (Mt 28:18). Ein weiteres Merkmal seiner Herrschaft ist, dass sie ewig ist. Bei der Ausübung seiner Regierung wird Er nicht versagen. Niemand wird Ihm widerstehen; denn dazu wird es auch keinen Grund geben. Seine Regierung wird eine Wohltat für die ganze Welt sein. In jeder Hinsicht steht seine Regierung in enormem Gegensatz zu jeder früheren menschlichen Regierung!

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