‏ Galatians 1:4

Einleitung

Übersicht über den Brief

1. Einleitung: Galater 1,1–5

In diesem Teil erläutert Paulus den Ursprung des Evangeliums, das er predigte, seine Berufung und sein Verhältnis zu den Brüdern in Jerusalem und zu Petrus.

2. Historischer Teil: Galater 1,6–2,21

In diesem Teil erläutert Paulus den Ursprung des Evangeliums, das er predigte, seine Berufung und sein Verhältnis zu den Brüdern in Jerusalem und zu Petrus.

3. Lehrmäßiger Teil: Galater 3,1–4,31

In diesem Teil erklärt er den Unterschied zwischen Gerechtigkeit aus Glauben und Gerechtigkeit durch das Gesetz; auch erklärt er die Bedeutung des Gesetzes.

4. Praktischer Teil: Galater 5,1–6,10

In diesem Teil geht er auf die Merkmale des neuen Lebens ein und wie das im Leben des Gläubigen sichtbar wird.

5. Schluss: Galater 6,11–18

Einführung in den Brief

Der Brief an die Galater ist in verschiedener Hinsicht ein einmaliger Brief. Er ist beispielsweise der einzige Brief, der an eine Gruppe von Gemeinden geschrieben ist. Es ist nicht ganz klar, ob diese Gemeinden im Norden oder im Süden Galatiens lagen. Es scheint mir sehr wahrscheinlich, dass es um Gemeinden im Süden Galatiens geht, weil dort eine Reihe bekannter Städte lag: Antiochien, Ikonium, Lystra und Derbe. Von diesen Städten liest du in Apostelgeschichte 13 und 14. Paulus ist dort gewesen und hat dort das Evangelium gepredigt. Der Brief ist auch einmalig wegen seines kühlen Tones und der kräftigen Sprache, die Paulus gebraucht. Nach einer kurzen notwendigen Einleitung beginnt er direkt damit, das Übel, dem die Galater sich geöffnet hatten, an den Pranger zu stellen. In anderen Briefen hat er immer zuerst noch ein Wort, womit er das vorhandene Gute würdigte; erst danach schreibt er über die Themen, wo eine Ermahnung nötig war. Bei den Galatern tut er das nicht. Er fällt mit der Tür ins Haus. Er hat Eile. Das hat mit dem Anlass seines Schreibens zu tun. Was war denn vorgefallen?

In die Gemeinden in Galatien waren Leute gekommen, die sagten, dass die Gläubigen sich beschneiden lassen und dass sie das Gesetz halten müssten. Auch sagten diese Leute, Paulus sei kein echter Apostel. Das Schlimme war nicht, dass diese Menschen dort waren. Solche Menschen hat es immer gegeben, und es gibt sie auch jetzt noch. Das Schlimme war, dass ihre falsche Botschaft bei den Gläubigen in Galatien Eingang fand. Es ist auch schlimm, dass solche Leute mit solch einer falschen Botschaft noch immer Eingang finden. Darum ist dieser Brief auch heute noch sehr aktuell. Vielleicht entgeht dir im Augenblick noch das Verderben der Lehre, die diese Leute bringen. Die Galater durchschauten sie anscheinend auch nicht. Je mehr wir beim Erforschen des Briefes weiterkommen, umso deutlicher wirst du das sehen.

Ein gutes Mittel, das dir hilft, die Haltung des Apostels, die er hier einnimmt, vorläufig zu begreifen, ist ein Vergleich des Briefes an die Galater mit zweien der vorhergehenden Briefe des Paulus. Ich meine den Brief an die Römer und den ersten Brief an die Korinther. (Ich nehme an, dass du diese Briefe schon einigermaßen studiert hast.) Dann wird es dir bekannt vorkommen, wenn ich sage, dass Paulus in seinem Brief an die Gläubigen in Rom vom Evangelium als der einzigen Möglichkeit für einen Sünder schreibt, vor Gott gerechtfertigt zu werden. Der Sünder wird aus Glauben gerechtfertigt.

Im Galaterbrief schreibt er auch über Rechtfertigung aus Glauben. Allerdings schreibt er hier an Gläubige, die dazu neigten, diese großartige Wahrheit ihrer Kraft und ihres Segens zu berauben, indem sie das Gesetz wieder in ihr Leben einführten. Wer das tut, tastet die Vollkommenheit des Werkes Christi an. In einer feurigen Darlegung schreibt Paulus in diesem Brief eine glasklare Verteidigung der Rechtfertigung allein aus Glauben, ohne Werke des Gesetzes. Er zeigt in unwiderlegbarer Weise, wie unvereinbar Gesetz und Gnade sind und wie Glaube und Gesetz einander als Mittel zur Rechtfertigung vor Gott völlig ausschließen. Der Brief an die Galater ist daher eine beeindruckende, unentbehrliche Ergänzung zum Römerbrief.

Wenn wir den Brief an die Galater mit dem an die Korinther vergleichen, wird noch etwas klar. Die Gemeinde in Korinth war nicht das, was man eine vorbildliche Gemeinde nennen würde. Sie war zwar ein Vorbild, aber dann dafür, wie es nicht sein sollte. Paulus musste in seinem Brief an sie eine ganze Reihe von Din-gen nennen, die nicht gut waren und weshalb er sie ermahnen musste. In Korinth wurde sogar eine Sünde toleriert, die man nicht einmal unter den Heiden fand. Dennoch ist Paulus in diesem Brief, was den Ton betrifft, nicht so scharf wie in seinem Brief an die Galater. In Korinth lag der Fehler hauptsächlich im Verhalten der Korinther. Sie lebten sehr unordentlich, sie hatten noch nicht alle ihre heidnischen Praktiken verurteilt. Ihre Gedanken über das praktische christliche Leben waren noch nicht ausreichend durch die Kenntnis der Gedanken Gottes gebildet. In seinem Brief an sie setzt Paulus alles daran, das zu korrigieren. Es gibt nicht die geringste Nachgiebigkeit bezüglich ihrer sündigen Praxis, und doch merkst du, dass er ihnen Zeit geben will, die Dinge zu verändern. Er beginnt seinen Brief sogar mit Segenswünschen und Danksagung.

Für die Galater hat er einen äußerst kurzen Segenswunsch und keine Danksagung. Der Grund dafür liegt darin, dass die Galater sich einem anderen Evangelium geöffnet hatten als dem Evangelium des Christus, das er ihnen gepredigt hatte und das sie angenommen hatten. Dieses andere Evangelium war eine Vermischung von Glauben und Halten des Gesetzes, und das bedeutete ein direktes Antasten der Vollkommenheit des Werkes Christi. Es geht um Christus und sein Werk. Daher der kühle Ton, den er in diesem Brief benutzt, und der starke Protest, den er hören lässt. Wir sind viel schneller davon überzeugt, dass die Praktiken, die sich in Korinth fanden, verkehrt waren, als davon, dass die Lehre falsch war, auf die die Galater sich eingelassen hatten. Paulus nicht! Wir dürfen Gott daher dankbar sein, dass Er seinen Diener Paulus diesen Brief hat schreiben lassen. Dadurch können auch wir heute das Böse seinem wirklichen Inhalt nach beurteilen und damit so handeln, wie Gott es will.

Segenswunsch

Gal 1:1. Paulus beginnt damit, seine Apostelschaft ausführlich zu betonen und zu verteidigen. Ich habe im vorigen Abschnitt bereits kurz gesagt, dass es dort Menschen gab, die ihn als Apostel in Frage stellten. Das war schlau überlegt. Denn wenn die galatischen Gläubigen anfingen, seine Apostelschaft anzuzweifeln, dann würden sie auch die Botschaft, die er gebracht hatte, anzweifeln. Diese Leute sagten z. B., dass Paulus kein wirklicher Apostel sei, weil er nicht zu den zwölf Aposteln gehörte, die mit dem Herrn Jesus auf der Erde umhergezogen waren. Darum setzt Paulus hier klar auseinander, wie sich das mit seiner Apostelschaft verhielt.

Tatsächlich ist seine Apostelschaft eine höhere Apostelschaft als die der Zwölf. Die waren vom Herrn Jesus berufen worden, Apostel zu sein, als Er auf der Erde war; Paulus wurde vom Herrn Jesus zum Apostel berufen, als Er im Himmel war. Die Quelle, der Ursprung seiner Apostelschaft liegt nicht auf der Erde, sondern im Himmel. Das meint Paulus, wenn er schreibt: „nicht von Menschen“. In Apostelgeschichte 9 kannst du lesen, wie das geschehen ist (Apg 9:1-19). Doch hier fügt er noch etwas hinzu: „noch durch einen Menschen“. Damit meint er, dass kein Mensch ihn – nach seiner Berufung durch den Herrn – zum Apostel angestellt oder seine Apostelschaft offiziell bestätigt hat. Menschen haben also nichts mit seiner Berufung und Bestätigung zum Apostel zu tun gehabt. Sie war einzig „durch Jesus Christus und Gott, den Vater“ geschehen. Er betont also gleich im ersten Vers, dass er in seinem Dienst von keinem Menschen abhängig ist. Das, was Paulus hier von sich selbst sagt, enthält einen wichtigen Hinweis. Jeder Gläubige hat eine Gabe vom verherrlichten Herrn empfangen (Eph 4:7). Die Gewohnheit, die fast in der gesamten Christenheit Fuß gefasst hat, Menschen offiziell oder halbamtlich zur Ausübung irgendeiner Gabe zu berechtigen oder auszusenden, ist den Hinweisen, die die Schrift hier gibt, entgegen.

In diesen fünf einleitenden Versen werden der Herr Jesus und der Vater zusammen dreimal genannt. Das zeigt uns die Gottheit des Herrn Jesus und sein Einssein mit dem Vater. Allerdings werden sie sehr deutlich in ihrem Wirken unterschieden. Beim ersten Mal (in Gal 1:1) siehst du, dass der Herr Jesus starb und der Vater Ihn auferweckte. Die Zufügung „der ihn auferweckt hat aus den Toten“ betont noch einmal, dass wir es mit einem vollbrachten und von Gott anerkannten Erlösungswerk zu tun haben. Es bedeutete eine Leugnung dieses Werkes, wenn das Gesetz im Leben des Christen wieder einen Platz bekäme.

Gal 1:2. Und es gibt noch etwas, das sie aufs Spiel setzten. Paulus steht mit der Verteidigung der Wahrheit nicht allein. Eine Anzahl Brüder, die bei ihm sind, sind völlig mit ihm einig. Es muss den galatischen Gläubigen klar werden, dass sie durch ihre Öffnung für den Irrtum den gemeinsamen Glauben der Heiligen verleugneten.

Gal 1:3. Alles in allem wird bereits jetzt deutlich, wie ernst die Lage in den Gemeinden in Galatien war. Der Wunsch des Apostels, dass sie Gnade und Frieden empfangen möchten, ist auch in anderen Briefen zu finden. Aber hier ist der Wunsch umso wichtiger, weil Gnade im krassen Gegensatz zum Gesetz und Friede so deutlich gegenüber dem Fluch des Gesetzes steht.

Bei diesem Wunsch werden der Herr Jesus und der Vater zum zweiten Mal genannt (Gal 1:3), allerdings in umgekehrter Reihenfolge. Gnade und Friede sind nur bei Ihnen zu finden (und nicht im Gesetz). Sie sind die Quelle. Lag in Gal 1:1 der Nachdruck auf dem Werk des Vaters, so liegt jetzt der Nachdruck darauf, was der Sohn tat.

Gal 1:4. Es ist ergreifend zu sehen, wie Paulus sich mit den Galatern eins macht, wenn er sagt, dass der Herr Jesus sich selbst für unsere Sünden hingegeben hat. Er sagt nicht: eure Sünden oder meine Sünden. Ergreifend ist vor allem, dass der Herr Jesus nichts weniger gab als sich selbst. Nur Er selbst und sein Werk sind in der Lage, die Herzen von irrenden Gläubigen wieder auf das rechte Ziel zu lenken. Unsere Sünden sind weg, aber das ist nicht das Einzige. Sein Werk hatte nicht nur zum Ziel, uns von unseren Sünden zu erlösen, wie gewaltig das auch ist. Er wollte uns auch „aus der gegenwärtigen bösen Welt“ herausnehmen. Mit „böser Welt“ ist gemeint: alle bösen Einflüsse und Tendenzen, die es in der Welt gibt und durch die der Satan die Menschen in seiner Macht hält.

Den Kindern Gottes ist viel zu wenig bewusst, wie radikal die Trennung zwischen dem Gläubigen und der Welt ist, in der er lebt, und zwar als Folge dessen, was der Herr Jesus auf dem Kreuz getan hat. Wer wieder etwas von der Welt in seinem Leben zulässt, zieht das Werk Christi herab. Im weiteren Verlauf des Briefes wirst du sehen, dass die Wiedereinführung des Gesetzes bedeutet, dass du dich wieder verhältst, als würdest du noch zu dieser „bösen Welt“ gehören. Dabei war es doch gerade das Ziel des Werkes des Herrn Jesus, dich dort herauszunehmen. Jeder Gläubige, der sich dessen bewusst ist, wird auf der Hut sein, dass nichts von diesem Einfluss in seinem Leben Eingang findet.

Hinzu kommt, dass der Vater es so gewollt hat. In Verbindung mit dem Ziel (durch das Wörtchen „damit“ in Gal 1:4 angegeben) dessen, was der Herr Jesus getan hat, sehen wir zum dritten Mal den Vater und den Sohn zusammen (Gal 1:4). Der Vater will ein Volk für sich selbst haben, ein Volk, das Ihm bis in alle Ewigkeit die Herrlichkeit gibt. Das Gesetz und alles, was damit zusammenhängt, ist dem genau entgegengesetzt, und wer das Gesetz in seinem Leben wieder zulässt, verliert den Willen des Vaters aus dem Auge.

Gal 1:5. Du siehst also, dass Paulus bereits in den ersten Versen den Galatern die Stellung des Christen in ihrer einfachsten Form vorstellt. Diese Stellung geht vom Willen des Vaters über das Werk des Herrn Jesus zur ewigen Herrlichkeit. Gott und der Herr Jesus wollen, dass wir das schon jetzt genießen. Paulus schließt sich dem an und setzt sich in diesem Brief dafür ein. Das „Amen“ am Ende dieser einleitenden Verse zeugt davon. Lasst uns von Herzen dem zustimmen.

Lies noch einmal Galater 1,1–5.

Frage oder Aufgabe: Was lernst du in diesen Versen alles über den Vater und den Sohn?

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