‏ Genesis 40

Der Mundschenk und der Bäcker

Der Mundschenk und der Bäcker sündigten beide gegen den Pharao und wurden beide ins Gefängnis gesetzt. Sie landeten bei Joseph und wurden seiner Versorgung anvertraut. Auch im Gefängnis war Joseph mit Dienen beschäftigt. Er grämte sich nicht voller Selbstmitleid über das ihm angetane Unrecht; auch hören wir nichts von Auflehnung.

Joseph erleichterte sein Los, indem er das Los anderer erleichterte. Statt mit sich selbst beschäftigt zu sein, bemühte er sich um andere, die in den gleichen Umständen waren, obwohl er dort zu Unrecht war – im Gegensatz zu den anderen, die ihre Strafe verdient hatten.

Das ist die beste Weise, um nicht von dem Leid übermannt zu werden und in Bitterkeit zu verfallen. Darüber hinaus ist er hier wieder ein Bild von dem Herrn Jesus, der auch stets an andere dachte und nie an sich selbst. Das war so in seinem Leben und das war so am Kreuz, als Er zwischen zwei Übeltätern hing. Den Unterschied zwischen den beiden Übeltätern am Kreuz finden wir auch hier bei den Übeltätern, die bei Joseph im Gefängnis waren.

Der Mundschenk und der Bäcker träumen

Der Mundschenk und der Bäcker haben beide einen Traum. Jeder hat seinen eigenen Traum mit seiner eigenen Bedeutung. Auf diese Weise macht Gott ihnen zukünftige Ereignisse bekannt (Dan 2:28; Hiob 33:15; 16). Sie werden öfters geträumt haben, aber sie verstehen, dass dieser Traum anders ist. Der Traum, den jeder hatte, macht einen großen Eindruck auf beide. Sie haben den Traum einander erzählt und verstanden, dass es eine Verbindung zwischen den Träumen gibt und gleichzeitig einen Unterschied. Sie erzählen Joseph, dass niemand da ist, um die Träume zu erklären. Sie befinden sich ja im Gefängnis und können die Weisheit der ägyptischen Traumdeuter nicht nutzen.

Joseph sieht, dass die zwei Männer in Schwierigkeiten stecken. Haben wir auch einen Blick für die Not, die manchmal jemandem im Gesicht geschrieben steht? Joseph muss ihr Vertrauen bereits gewonnen haben, denn sie erzählen ihm, was sie beschäftigt: ihre Träume. Würden uns andere auch erzählen, womit sie sich plagen?

Seine erste Reaktion ist ein Hinweisen auf Gott (Dan 2:28). In seinem Namen sagt er zu ihnen: „Erzählt mir doch!“ Joseph lebt so in Gemeinschaft mit Gott, dass er weiß, dass Gott ihm antworten wird. Joseph gibt immer Gott die Ehre. Nicht er, sondern Gott kann Verborgenes erklären.

Der Traum des Mundschenks

Der Mundschenk erzählt als erster seinen Traum. In seinem Traum sah er einen Weinstock mit drei Reben, die sehr schnell sprossten und reife Trauben trugen. Für das Reifen der Trauben hat der Mundschenk nichts tun können. Mit Brot ist das anders, wie wir sehen werden. Die Trauben presste er in den Becher des Pharao aus, und er gab ihm diesen. Joseph deutet es so, dass der Pharao nach drei Tagen sein „Haupt erheben“ wird. Dies wird geschehen, indem er aus den Tiefen des Gefängnisses geholt und wieder in sein Amt eingesetzt wird.

Josephs Bitte

Der Becher mit Wein lässt uns an den Kelch des Abendmahls denken. Dieser Kelch spricht von dem Blut des Herrn Jesus, das Er zur Vergebung der Sünden derer vergossen hat, die an Ihn glauben. Es ist bezeichnend, dass Joseph den Mundschenk bittet, seiner zu gedenken und ihm seine Dankbarkeit zu zeigen, indem er mit dem Pharao über ihn spricht (1Mo 40:14). So hat der Herr Jesus bezüglich des Abendmahls gesagt: „Tut dieses zu meinem Gedächtnis“ (1Kor 11:23-26); und Er hört gern, wenn wir mit Gott, dem Vater, über Ihn aus Dankbarkeit für das Werk sprechen, das Er für uns am Kreuz vollbracht hat.

Der Traum des Bäckers

Der Bäcker ist nach der Deutung für den Mundschenk hoffnungsvoll gestimmt und erzählt auch seinen Traum. Er sieht in seinem Traum auf seinem Kopf drei Körbe mit Backwerk, das durch die Vögel gefressen wird, aber nicht, dass der Pharao es aus seiner Hand nimmt. Er hat nicht verhindert, dass das, was für den Pharao bestimmt war, von den Vögeln gefressen wurde. Er war untreu in seinem Dienst. Vögel sind hier ein Bild von bösen Mächten (Off 18:2). Im Bild hat der Bäcker nicht verhindert, dass böse Kräfte raubten, was für seinen Herrn bestimmt war (vgl. 1Mo 15:11).

Joseph erklärt die Bedeutung. Der Pharao wird auch sein „Haupt erheben“. Dies geschieht, indem er aus den Tiefen des Gefängnisses geholt und dann gehängt wird. Er, der untreu gewesen ist in seinem Dienst für Gott (und jeder Mensch hat die Pflicht Ihm zu dienen), wird gerichtet werden.

Das Brot spricht nicht vom Tod wie der Wein, sondern vom Leben – allerdings nach eigenem Gutdünken. Anders als bei Wein ist, bevor Brot gebacken ist, viel Arbeit nötig – „Backwerk“ (1Mo 40:17). Es spricht von menschlicher Anstrengung. Diese wird von Vögeln weggefressen, die, wie gesagt, hier ein Bild böser Mächte sind. Diese Geschichte lehrt uns, dass Menschen, die die Gnade in Anspruch nehmen, errettet werden, während Menschen, die versuchen, eine eigene Gerechtigkeit aufzubauen, verloren gehen.

Die Erfüllung der Deutung

So wie es Joseph gedeutet hat, so geschieht es. Der Pharao erhöht das Haupt sowohl des Mundschenks als auch des Bäckers. Am Geburtstag des Pharaos, als er ein Festmahl für alle seine Knechte veranstaltet, setzt er den Mundschenk wieder in sein Schenkamt ein und lässt den Bäcker hängen.

Dann kommt die Frage auf: Warum wird der Mundschenk begnadigt und warum wird der Bäcker verurteilt? Es heißt in 1Mo 40:1, dass beide gesündigt hatten. Wir haben bereits gesehen, dass nur die gerettet werden, die den Grundsatz der Gnade annehmen, und diejenigen, die durch eigene Werke gerettet werden wollen, verloren gehen.

Aber das ist noch keine Antwort auf die Frage, warum der eine Mensch einsieht, dass er nur aufgrund der Gnade gerettet werden kann, während der andere unerbittlich verfolgt seine eigene Gerechtigkeit aufzubauen. Auf diese Frage gibt es keine logische Antwort, keine Antwort, die wir mit unserem menschlichen und dementsprechend begrenzten Verstand erfassen können. Hier stoßen wir an das für uns unbegreifliche souveräne Handeln Gottes. Warum glaubte der eine Übeltäter am Kreuz an den Herrn Jesus und der andere nicht?

Diese Frage zieht sich von Anfang an durch die ganze Bibel. Warum hat Gott zwei Bäume ins Paradies gesetzt, den einen zum Leben und den anderen zur Erkenntnis des Guten und Bösen? Warum brachte Abel ein vorzüglicheres Opfer als Kain? Warum erwählte Gott Jakob und verwarf Esau? So kann man fortfahren. Warum, so sagte jemand, den ich kenne, zum wiederholten Mal, ich und nicht mein Bruder? Diese erstaunliche Tatsache kann man in der heutigen Zeit mit zahllosen Beispielen fortsetzen.

Die einzige Art, wie wir dieses Geheimnis betrachten können, ist, daran zu denken, dass es sich um zwei Seiten der Wahrheit handelt. Die eine Seite ist die Auserwählung durch Gott, die andere Seite die Verantwortlichkeit des Menschen. Diese beiden Seiten sind für uns nicht zusammenzubringen, aber bei Gott völlig miteinander vereinbar. Wir müssen die beiden Seiten nebeneinander bestehen lassen und nicht versuchen, sie zu verknüpfen. Das kann nur Gott, und dieses Recht müssen wir Ihm lassen. Wenn wir Ihm wirklich vertrauen, werden wir wissen, dass Er nichts Unrechtes tut.

Noch ein Gedanke dazu. Der Mundschenk und der Bäcker hatten beide gesündigt (1Mo 40:1). Ebenso haben alle Menschen gesündigt. Alle verdienen das Gericht. Wenn Gott in seiner Barmherzigkeit einige auserwählt, um für ewig errettet zu werden, und wir wissen dürfen, dass wir dazu gehören, ist das etwas, wofür wir Ihm jetzt und ewig danken sollen. Dann bleibt, was uns betrifft, nur Erstaunen übrig, denn wir sind in uns selbst nicht besser als die anderen.

Das bedeutet jedoch nicht, dass Gott die anderen zuvorbestimmt hat, verloren zu gehen. Wer verloren geht, hat sich das selbst zuzuschreiben, weil er oder sie sich nicht hat bekehren wollen (Mt 23:37b) und somit Gottes Aufruf zur Bekehrung nicht gehorcht hat (Apg 17:30).

Der Mundschenk denkt nicht an Joseph

Joseph hatte doch so gebeten: „Erinnere dich an mich“ (1Mo 40:14), aber der Mundschenk vergaß ihn. Ist das nicht oft so in unserem Leben? Wie oft denken wir an den Herrn Jesus? Und denken wir auch daran, seinem Wunsch zu entsprechen und seinen Tod zu verkündigen? Und wenn wir seinen Tod in dem Brechen des Brotes verkündigen – denken wir dann aber auch wirklich an Ihn? Sind selbst dann nicht manchmal unsere Gedanken mit anderen Dingen beschäftigt? Dann geht es uns wie den Jüngern. Als der Herr Jesus das Abendmahl einsetzte, waren sie damit beschäftigt, wer von ihnen wohl der Größte sei (Lk 22:24).

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