‏ Jeremiah 7

Einleitung

In Jeremia 2–4 sprach Jeremia über das Familienleben und in Jeremia 5 und 6 über das politische Leben. In diesem Kapitel spricht er über das religiöse Leben.

Die Reden in Jeremia 7–10 sind als die „Tempelreden“ bekannt, die übrigens nicht alle bei der gleichen Gelegenheit gesprochen worden sein müssen. Sie sind ein Frontalangriff auf das Vertrauen, das das Volk in den Tempel setzt als sicheren Schutz Jerusalems gegen alle Feinde. Diese Reden haben Jeremia dauerhafte Feinde eingebracht.

Jeremia 1–6 bilden eine Einheit. Sie enthalten Prophezeiungen in den Tagen Josias. In Jeremia 7 befinden wir uns in einer späteren Zeit. Die Tempelrede in Jeremia 26, von der viele Ausleger glauben, dass sie dieselbe ist wie diese hier, wird zu Beginn der Regierung Jojakims gehalten (Jer 26:1). Dort wird die Reaktion auf die Predigt besonders hervorgehoben. Jeremias Predigttätigkeit hat bis dahin etwa achtzehn Jahre gedauert, sodass er hier etwa vierzig Jahre alt ist.

Jojakim ist ein gottloser Mann. Er macht alle Reformen seines Vaters Josia rückgängig. Er dient den Götzen und führt ein Leben im Luxus. Dieser Mann wird zu einem der größten Feinde Jeremias. Mitten in seinem Leben, das von der Befriedigung seiner eigenen Vergnügungen erfüllt ist, taucht plötzlich Jeremia auf. Bis jetzt haben wir von Jeremias Predigt gelesen, aber noch nicht von Widerstand. Das wird hier geschehen.

Jeremia predigt gegen den Tempel selbst. Dies ist die größte Beleidigung für den Juden. Wer den Tempel angreift, greift das tiefste Wesen des Juden an. In dieser Rede liegt also der Keim des Hasses, der immer tiefer wurzelt und sich immer heftiger offenbart. Den tödlichen Hass der Juden darüber erfährt auch der Herr Jesus, wenn Er von der Zerstörung des Tempels spricht (Mt 26:59-68).

Unangebrachtes Vertrauen

Das Wort des HERRN ergeht an Jeremia (Jer 7:1), was bedeutet, dass Jeremia vom HERRN einen Auftrag erhält. Er muss sich in das Tor des Tempels stellen – so ist eine große Zuhörerschaft gewährleistet – und das Wort an alle richten, die in den Tempel gehen, um sich vor dem HERRN niederzubeugen (Jer 7:2).

Jeremia muss das Wort im Namen „des HERRN der Heerscharen, des Gottes Israels“ an sie richten (Jer 7:3). Es ist, als ob Gott sich in all seiner Größe an diese Menschen richtet, um den Kontrast deutlich zu machen zwischen dem, was sie tun, und dem, wer Er ist. Er kennt sie durch und durch. Er sieht, was diese Menschen tun. Das scheint gut zu sein, aber Er kennt ihre Motive und diese taugen nicht, ebenso wenig wie ihre Handlungen. Man kann sie heute in Menschen erkennen, die, wenn sie in die Kirche gehen, glauben, dass sie nicht so schlecht sind. Aber Gott kennt ihre Wege und ihre Taten.

Er ruft sie zur Umkehr auf. Der Aufruf ist einfach, direkt und unmissverständlich. Es geht nicht darum, den Schein zu wahren, dass sie gute Wege gehen und gute Handlungen tun, sondern ihre Wege und Handlungen wirklich zum Guten zu ändern. Wenn sie das tun, wird Er sie „an diesem Ort“, in Jerusalem, „wohnen lassen“, was nicht selbstverständlich ist. Die Juden nehmen das anmaßend als selbstverständlich hin. Der dreifache Ausspruch „der Tempel des HERRN“ zeigt doch, wie überzeugt sie von der Gegenwart des HERRN in ihrer Mitte im Tempel sind (Jer 7:4). Sie glauben, dass sie, weil sie Gottes Volk sind, ein Anrecht auf den Tempel haben, während sie zu dem Gott des Tempels keine Beziehung haben.

Jeremias stellt laut und entschieden klar, dass ein Tempel ohne Gottesfurcht Täuschung ist. Er sagt ihnen, dass dies lügnerische Worte von falschen Propheten sind. Es sind „Worte der Lüge“, Worte, die wie ein Mantra klingen. Ein Mantra ist die Wiederholung von Worten immer und immer wieder, die einer Person das Gefühl gibt, dass die gesprochenen Worte die Realität darstellen. Wenn man etwas oft genug wiederholt, dann ist es so, glauben sie.

Sie fühlen sich als Gottes auserwähltes Volk. Sie denken, dass sie nichts zu befürchten haben. Immer wieder hat Gott sein Volk aus der Macht feindlicher Völker befreit. Dabei klammern sie sich fest an die Verheißung des ewigen Königtums Davids (2Sam 7:11-17) und an die Erwählung Zions durch den HERRN als seine irdische Wohnstätte (Ps 132:13-16). Daher kann ihrer Meinung nach dem Tempel nichts passieren.

Sicherlich hat Gott unter Hiskia eine große Befreiung gewirkt (2Kön 19:32-37)? Das ist natürlich wegen des Tempels, der dort steht, argumentieren sie. Wie könnte er jemals von Gott aufgegeben werden? In ihrem Aberglauben sehen sie den Tempel als ein Maskottchen. Es ist derselbe Aberglaube, den auch Hophni und Pinehas hatten, als sie die Bundeslade als Maskottchen in den Kampf gegen die Philister mitnehmen (1Sam 4:3-11). Sie glaubten, dass Gott nicht zulassen wird, dass die Bundeslade in die Hände der Philister fällt. Wie sehr irren sie sich und wie sehr irrt sich das Volk in Jerusalem. Heuchlerisch verkünden sie dreimal, dass dies der Tempel des HERRN ist. So verblendet sind diese Menschen des Volkes Gottes.

Wir sehen das in der ganzen Geschichte der Christenheit und auch in unseren Herzen. Die römisch-katholische Kirche hat auch gedacht, dass ihr nichts passieren kann. Dann gibt Gott das Werk der Reformation. Die Reformation hat das Gleiche gedacht. Wir sehen es auch im weiteren Verlauf der Reformation, als durch einige in der sogenannten „Brüderbewegung“ gesagt wurde: „Das Zeugnis des Herrn, das sind wir! Der Tisch des Herrn ist bei uns!“ Das wird die ganze Zeit wiederholt und man glaubt fest daran, es ist wie ein heiliger Grundsatz. Aber wenn das Herz nicht mehr bei Gottes Wort bleibt und es nur noch ein äußerlicher Gottesdienst ist, dann muss Gott sein Gericht darüber aussprechen. Die Geschichte der Christenheit lehrt uns, dass das, was treu begonnen hat, wohl im Namen fortbestehen kann, aber Gott kann sich damit nicht mehr verbinden, weil es nur äußerlich ist.

Jeremia rüttelt sie aus ihrer falschen Sicherheit. Der HERR akzeptiert kein bloßes Halten äußerer Satzungen, sondern nur wahre Frömmigkeit. Er sucht und „hat Gefallen an der Wahrheit im Innern“ (Ps 51:8). Jeremia zeigt ihnen die Wege auf, wie sie ihre Wege und Handlungen wirklich ändern können (Jer 7:5). Dazu bezieht er sich auf die Worte Moses, auf die alten Wege, auf die Worte des Anfangs. Aus diesen zitiert er drei Gebote. Wenn sie danach handeln, können sie zeigen, dass sie vor dem HERRN aufrichtig sind.

1. Die ersten beiden Gebote befassen sich mit der Haltung gegenüber dem Nächsten. Das erste ist, wirklich Recht „Recht zu üben zwischen dem einen und dem anderen“ ohne Ansehen der Person und ohne persönliche Interessen.

2. Das zweite ist, dass sie die Schwachen und Wehrlosen nicht unterdrücken, wobei die schlimmste Auswirkung das Vergießen von unschuldigem Blut ist, Mord, „an diesem Ort“, damit ist der Tempel gemeint (Jer 7:6). „Die Fremden, die Waise und die Witwe“ sind Menschen, die eine leichte Beute für Ausbeuter sind, also für solche Menschen, die kein Mitleid kennen. Der HERR will ausdrücklich, dass seine Gesinnung gegenüber den Schwachen in den Seinen gezeigt wird (5Mo 14:29; 5Mo 16:11; 5Mo 24:19; Ps 94:6; 5Mo 19:10-13; 5Mo 21:1-9). Was sie jetzt tun, ist dem diametral entgegengesetzt.

3. Das dritte Gebot betrifft ihre Haltung gegenüber dem HERRN. Im Moment verhöhnen sie Ihn noch, indem sie anderen Göttern nachlaufen, was Verderben über sie bringt. Wenn sie nicht mehr anderen Göttern nachlaufen, werden sie damit zeigen, dass sie es ernst meinen, dem HERRN zu dienen (vgl. 1Sam 7:3).

Der HERR wird, wenn Er diese guten Dinge bei ihnen sieht, nicht untätig bleiben (Jer 7:7). Er wird sie dann nicht aus Jerusalem und dem Land vertreiben, sondern sie dort wohnen lassen. Schließlich ist es das Land, das Er ihren Vätern gegeben hat. Sie werden dort wohnen bleiben, „von Ewigkeit zu Ewigkeit“, also immer. Das bedeutet, dass auch Er dort wohnen wird.

Eigenwilligkeit statt Gottesfurcht

Die Schärfe der Worte des Jeremia nimmt zu. Mit einem kräftigen „siehe“, um ihre Aufmerksamkeit nachdrücklich darauf zu lenken, kommt erneut der Vorwurf des HERRN, dass die Worte, auf die sich das Volk angesichts ihrer Stellung als Gottes Volk verlässt, Worte der Lüge sind und es daher nutzlos ist, darauf zu vertrauen (Jer 7:8; Jer 7:4). Sie nützen nichts, sie haben keine Grundlage und rechtfertigen in keiner Weise ihr Handeln und schützen sie nicht vor Gottes Gericht.

Ihre Taten offenbaren den wahren Zustand ihrer Herzen (Jer 7:9). Nichts ist bei ihnen von den Bedingungen vorhanden, die der HERR für sie festgelegt hatte, um für immer im Land zu wohnen. Sie sind des Verstoßes gegen mehrere der zehn Gebote schuldig und doch wagen sie es, während sie so leben, gleichzeitig ihr Vertrauen in den Tempel auszudrücken.

Sie sind sogar so dreist, dass sie es wagen, in Gottes Haus vor seinem Angesicht zu erscheinen und dort zu sagen, dass sie errettet sind (Jer 7:10). Der HERR weist sie nachdrücklich darauf hin, dass sie in Wirklichkeit sagen, dass sie ihre Befreiung zum Anlass nehmen, um alle möglichen Gräuel zu begehen. Sie missbrauchen das, was sie vom HERRN aus Gnade empfangen haben, als Gelegenheit, ihre fleischlichen Begierden zu befriedigen (Gal 5:13; Jud 1:4). Aber die Gnade ist kein Freibrief für die Sünde.

Durch ihr Verhalten machen sie das Haus des HERRN zu einer Räuberhöhle, in der sie ihren kriminellen Geschäften nachgehen. Sie meinen, dass sie dort vor anderen Räubern sicher sind, die ihnen die Beute wegnehmen wollen (Jer 7:11a). Sie haben das Haus Gottes zu einer Räuberhöhle gemacht, wie es ihnen auch der Herr Jesus vorwirft (Mt 21:12; 13; Joh 2:13-17; vgl. Jes 56:7). Sie rauben dem HERRN das, was Ihm zusteht, und sie tun dasselbe mit ihren Nächsten. Der HERR hat alle Gräuel gesehen, die sein Volk begeht, sagt Er mit Nachdruck (Jer 7:11b). Ihm entgeht nichts.

Das Beispiel von Silo

Der HERR erinnert sein Volk an Silo (Jer 7:12). Denken sie, dass sie seine Gegenwart beanspruchen können, weil sie den Tempel haben? Dann sollten sie nach Silo gehen. Sie werden ein warnendes Beispiel sehen, von dem auch wir lernen müssen. In Silo errichtete Josua die Stiftshütte (Jos 18:1; Ri 18:31). Dort teilte er das Land durch das Los auf und dort begann Samuel zu prophezeien (1Sam 1:24b).

Silo war 300 Jahre lang das religiöse Zentrum, bis zu den Tagen von Eli und Samuel. Dann gibt Gott seine Wohnung wegen der Schlechtigkeit seines Volkes auf, obwohl er seinen Namen dort wohnen ließ (Ps 78:60; 61; 1Sam 4:11). Er wird dasselbe mit dem Tempel tun, auch wegen ihrer Bosheit und ihres Ungehorsams (Jer 7:13; 14).

Er hat immer wieder versucht, sie zur Umkehr zu bringen, indem Er seine Boten, seine Propheten, zu ihnen sandte. Es ist alles vergeblich gewesen. Er hat seine Propheten immer früh gesandt und zu ihnen gesprochen (Jer 7:25). Er hat immer wieder gesprochen und Er hat immer wieder gesandt (Jer 25:3; 4). Er hat alles getan, was Er tun konnte, um sie wieder auf den guten Weg zu bringen, den Weg des Segens. Sie wollten jedoch nicht hören. So eifrig und ausdauernd der HERR auch gesandt und geredet hat, so halsstarrig war das Volk in seiner Weigerung, zu gehorchen. Die Ursache dafür ist, dass sie sich auf den Tempel Gottes verlassen haben und nicht auf den Gott des Tempels.

Er wird mit ihnen, den beiden Stämmen, dasselbe tun, was er mit den zehn Stämmen getan hat, die Er „alle eure Brüder“ nennt (Jer 7:15). „Die ganze Nachkommenschaft Ephraims“ ist von den Assyrern weggeführt worden. Die zwei Stämme werden in die Hände der Babylonier fallen und von ihnen in die Gefangenschaft geführt werden. In der Vergangenheit wurde Silo verworfen, und der HERR wird nun Zion verwerfen; in der Vergangenheit wurden die zehn Stämme weggeführt, und der HERR wird nun die zwei Stämme wegführen lassen. Dass Gott die Abweichung von Ihm und seinem Wort in der Vergangenheit bestraft hat, zeigt, dass Gott die Abweichung von Ihm und seinem Wort in der Gegenwart auch bestrafen wird. Wir müssen aus der Vergangenheit lernen (vgl. 1Kor 10:6).

Anbetung der Königin des Himmels

Nach der klaren Schilderung des totalen Ungehorsams des Volkes hat der HERR ein persönliches Wort an Jeremia, das Er mit den Worten „du aber“ einleitet. Jeremia wird vom HERRN aufgefordert, nicht für dieses Volk zu beten oder zu Ihm zu schreien oder bei Ihm Fürsprache für sie einzulegen (Jer 7:16; vgl. Jer 11:14; Jer 14:11; 12). Sie sind so hartnäckig, dass Gebet keinen Sinn mehr ergibt. Gottes Absicht steht fest. Jedes Bemühen, um für dieses Volk zu beten, ist daher sinnlos.

Für den wahren Propheten geht es nicht um den Untergang des Volkes, sondern um dessen Rettung. Der wahre Prophet wird nicht nur dem Volk das Gericht verkünden, sondern gleichzeitig auch Gottes Gegenwart in der Fürbitte für dasselbe Volk suchen (2Mo 32:10; 11; Amos 7:2; 3; 5; 6). Die Tatsache, dass der HERR ihm sagt, er solle keine Fürbitte bei Ihm einlegen, zeigt deutlich, wie ernsthaft und beharrlich der Prophet offensichtlich gebetet hat. Der wahre Prophet ist in erster Linie ein Fürbitter. Wie sehen wir die Christenheit, auf die auch Gottes Gericht zukommt? Macht es uns zu Fürbittern, dass viele noch zu Gott zurückkehren werden?

Der HERR sagt zu Jeremia, er solle sich nur anschauen, was in den Städten Judas und auf den Straßen Jerusalems geschieht, also in ganz Juda und ganz Jerusalem (Jer 7:17). Ist Jeremia denn blind dafür? Sicherlich nicht, aber der HERR lässt ihn dadurch wissen, dass das, was dort geschieht, zu schlimm, zu schrecklich ist, um noch dafür zu beten. Das zeigt uns die Beziehung des HERRN zu Jeremia. Er bezieht ihn in seine Gründe für das Verbot weiterer Fürbitte ein, damit Jeremia Ihm darin zustimmt.

Der HERR sagt Jeremia, was Er sieht. Die ganze Familie – Kinder, Väter und Mütter – widmen sich den Opfern für die Götzen, von denen eines „die Königin des Himmels“ namentlich genannt wird (Jer 7:18). Wir finden diesen Titel in der abscheulichen Götzenverehrung der römisch-katholischen Kirche [https://www.katholisch.de/artikel/25843-so-viele-pfarreien-stehen-unter-dem-patronat-der-gottesmutter-maria ; siehe Punkt 6].

Die Kinder werden zuerst genannt. Sie sind alt genug, um Holz aufzulesen und es zu tragen. Es ist ein großes Übel der Eltern, ihre Kinder bei der Anbetung ihrer Götzen miteinzubeziehen. Wie weit sind denn die Eltern von dem Gebot abgewichen, mit ihren Kindern immer und überall über das Wort Gottes zu reden (5Mo 6:6; 7).

Wenn die Kinder nach Hause kommen, sind die Väter bereit, das aufgelesene Holz anzuzünden. Zur gleichen Zeit sind die Frauen damit beschäftigt, den Teig zu kneten, um Opferkuchen herzustellen. Sie spenden auch anderen Göttern Trankopfer. Ein Trankopfer zeigt Freude an. Sie freuen sich über ihre dämonisch getriebene Anbetung.

Wie furchtbar muss das für den HERRN sein! Wie sehr das Ihn ins Abseits stellt und herausfordert. Wie könnte es anders sein, als dass das, was sie tun, in Ihm Zorn erweckt. Nicht nur das, sondern sie tun es auch zu ihrer eigenen Schande (Jer 7:19). Menschen, die sündigen, bringen über sich selbst immer Schande. Die Sünde mag ein vorübergehendes Vergnügen bereiten, aber sie endet immer in bitterem, endlosem Leid, wenn mit der Sünde nicht rechtzeitig durch Reue und Umkehr gebrochen wird.

Die Sünde befällt alles, den ganzen Bereich, in dem sie geschieht (Jer 7:20; vgl. Röm 8:20-22). Deshalb muss über alles das unausweichliche, reinigende Gericht Gottes kommen. Gott wird seinen „Zorn“ und seinen „Grimm“ in voller Wucht über alles ausgießen, ohne dass ein Ende in Sicht ist: Alles „wird brennen und nicht erlöschen“. Gottes Zorn gegen die Sünde hat für alle, die an das Opfer seines Sohnes glauben, ein Ende gefunden. Wer aber in seiner Sünde stirbt, auf ihm bleibt der Zorn Gottes in Ewigkeit (Joh 3:36).

Gehorchen ist besser als Opfern

Nach der flammenden Verurteilung ihres Götzendienstes folgt ein Wort über das Darbringen von Opfern (Jer 7:21). Im Licht des oben Gesagten ist dies ein ironisches Wort. Dem Volk wird gesagt, dass es gut ist, weiterhin ihre Opfer zu bringen, und sie sollen es sich gut schmecken lassen. Sie sollen sogar ihre Brandopfer hinzufügen. Es wird ihre religiösen Gefühle streicheln und ihnen auch ein schönes Gefühl im Magen geben. Sie haben dann ihre religiösen Pflichten gut erfüllt und es gibt keine Nachteile. Aber sie sollen sich auch daran erinnern, dass der HERR ihren Vätern nichts über einen solchen Opferdienst gesagt oder befohlen hat, als Er sie aus Ägypten herausführte (Jer 7:22). Er sprach am Sinai, als Er ihnen sein Gesetz gab, nicht von Opfern, sondern allein von Gehorsam. Erst später hat Er von Opfern gesprochen. Es muss in dieser Reihenfolge sein.

Opfer haben nur dann einen Wert, wenn sie Hand in Hand gehen mit einem Wandel im Gehorsam gegenüber Gottes Geboten. Das ist es, worum es dem HERRN geht. Er hat nicht Opfer um der Opfer willen als solche vorgeschrieben, sondern immer in Verbindung mit einem gehorsamen Herzen. Wenn ein eigensinniges Leben geführt wird, hasst Er diese Opfer. Er freut sich mehr über Gehorsam als über Opfer (Hos 6:6; Ps 51:18; 19; 1Sam 15:22).

Er hat von Gehorsam und dem damit einhergehenden Segen gesprochen, dass Er ihr Gott sein wird und sie sein Volk sein werden (Jer 7:23). Wenn sie den Weg gehen würden, den Er ihnen befohlen hat, würde es ihnen gut gehen. Aber sie haben nicht auf Ihn gehört, sondern sind gewandelt nach den Eingebungen ihres verdorbenen Herzens (Jer 7:24). Anstatt vorwärtszugehen, sind sie rückwärtsgegangen. Der HERR hat alles getan, damit sein Volk auf dem richtigen Weg und in der richtigen Richtung wandelt.

Von Anfang an hat Er jeden Tag seine Propheten gesandt, um sein Volk darauf hinzuweisen, dass Gehorsam Ihm gegenüber der Weg des Segens ist (Jer 7:25). Er ließ nichts unversucht, um sie auf diesen Weg hinzuweisen. Aber das Volk hörte nicht darauf und machte es sogar noch schlimmer als seine Väter (Jer 7:26).

Empfang der Botschaft des Jeremia

Der HERR gibt Jeremia den Auftrag, alles, was Er ihm sagt, dem Volk zu sagen, mit der erschütternden Ankündigung, dass das Volk nicht hören wird (Jer 7:27; vgl. Jes 6:9; 10). Welche Ausdauer und welchen Trost hatte Jeremia nötig, um nicht das Handtuch zu werfen! Stell dir einen Dienst vor, bei dem dir der Auftraggeber sagt, dass er nutzlos ist. Was nützt es dann? Nur Liebe und Wertschätzung für den Auftraggeber selbst und ein klarer Blick für seine Interessen können dann für die nötige Motivation sorgen.

Jeremia soll nicht allein reden, sondern er muss auch zu ihnen rufen. Doch es wird keine Antwort kommen. Diese Teilnahmslosigkeit ist schrecklich für jemanden, der Gottes Wort zu einem Volk bringt, das er liebt und das er so gerne wieder zurückbringen bringen möchte an Gottes Herz.

Deshalb muss Jeremia dem Volk die Schlussfolgerung vorstellen, dass sie nicht auf den HERRN hören und keine Ermahnung annehmen (Jer 7:28). Das Buch der Sprüche weist häufig auf die Torheit der Ablehnung von Ermahnung hin (Spr 1:7; Spr 5:12; Spr 13:18; Spr 15:5; 10; 32). Die Zurechtweisung hat keine Wirkung gezeigt. Es ist eine schreckliche Beobachtung: „Die Treue [oder: die Wahrheit] ist untergegangen“ und kommt nicht mehr über ihre Lippen Es gibt bei ihnen nur noch Heuchelei und Unaufrichtigkeit. Sie sind in der Lüge gefangen, ohne den Wunsch, von ihr befreit zu werden.

Klagelied über die Verwüstung Judas

Das Volk wird aufgefordert, sich kahl zu scheren (Jer 7:29). Das lange Haar der Frau – hier geht es um „die Tochter Zion“ – ist ihre Ehre, ihr Schmuck, und zeigt ihre Hingabe an den Mann, hier an den HERRN (1Kor 11:15). Wenn sie es abschneidet, ist es eine Schande für sie (1Kor 11:6b). Diese Schande muss das Volk auf sich nehmen. Das Volk soll das Haar abschneiden und damit das äußere Zeichen der Hingabe an den HERRN entfernen und wegwerfen. Äußere Frömmigkeit hat nur dann einen Wert, wenn sie die Gesinnung des Herzens widerspiegelt. Es ist deutlich geworden, dass das Volk dem HERRN in keinster Weise mehr ergeben ist, sondern sich stattdessen völlig vom HERRN entfernt hat.

In Israel kann sich ein Mensch für eine bestimmte Zeit dem HERRN als Nasir weihen. Als äußeres Zeichen muss er dann sein Haar wachsen lassen (4Mo 6:5). Der HERR will, dass sich sein ganzes Volk Ihm weiht. Aber Jerusalem muss kahl geschoren werden, weil es sich verunreinigt hat. Sie darf nicht so tun, als sei sie dem HERRN geweiht. Die Stadt ist Gott nicht geweiht und ist keine Zierde mehr für Ihn.

Jeremia bekommt den Auftrag, ein Klagelied darüber zu erheben, dass der HERR Jerusalem verworfen und verlassen hat, weil die Stadt ihn mit ihrem Verhalten erzürnt hat. Es gibt mehrere Gründe für diesen Zorn. Da ist zunächst das Übel der abscheulichen Götzen, die die Kinder Juda in den Tempel gestellt haben, „in das Haus, das nach meinem Namen genannt ist“ (Jer 7:30). Gott ist in seiner Ehre angetastet. Das Volk hat Ihn erzürnt, indem es Gräuel in sein Haus stellte und sein Haus auf die gröbste Weise verunreinigte (2Kön 21:5; 2Kön 23:4-7). Es ist auf gröbster Weise unverschämt und zutiefst beleidigend, Gott selbst auf diese Weise auf die Seite zu stellen und Ihn auf diese Weise zu brüskieren. Sie machen mit seinem Haus, was sie wollen.

Auch außerhalb des Tempels begehen sie die gröbsten Sünden (Jer 7:31). Es ist aufs Höchste abscheulich, dass sie ihre Söhne und Töchter nicht Gott weihten, sondern sie den Götzen als Opfer darbrachten. Das geschah während der Regierung von Ahas und Manasse (2Kön 16:3; 2Kön 21:6). Nichts davon hat irgendeine Verbindung zu dem HERRN und zu dem, was in seinem Herzen ist.

Das Gericht über die abscheulichen Praktiken wird Jeremia vom HERRN in ergreifender Weise mitgeteilt. Das Opfertal wird „Würgetal“ genannt werden, wo alle begraben werden, die von Gottes Gericht betroffen sind (Jer 7:32). Der Ort, an dem sie ihre Kinder opfern, wird zu einem offenen Massengrab werden, in dem ihre eigenen Leichen geworfen werden. Dort werden sie Nahrung für Raubtiere sein (Jer 7:33). Dies ist eine noch nie dagewesene Schmach für einen Juden. Es wird niemand mehr da sein, der die Tiere verjagt, wenn sie sich an den Leichen laben (5Mo 28:26).

Dann wird kein Laut der Freude mehr zu hören sein von den Städten Judas und von den Straßen von Jerusalem (Jer 7:34), die jetzt noch voll sind von Festen der Freude für „die Königin des Himmels“ (Jer 7:17; 18). Der HERR lässt auch die Stimme des Bräutigams und die Stimme der Braut verstummen. Zur Freude über eine Hochzeit gehört die glückliche Aussicht auf die Geburt von Kindern. Aber ein Volk, das seine Kinder den Götzen opfert, hat jedes Recht auf eine solche freudige Aussicht verloren.

Es gibt keine Hoffnung, dass Juda und Jerusalem wieder besiedelt werden. Jede Freude ist verschwunden; es herrscht eine tödliche, erschreckende Stille, ohne Aussicht auf Veränderung. Mit der Wiederholung der Worte „die Stimme von“ macht der Prophet die Botschaft noch eindringlicher.

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