Song of Solomon 5:9-16

Auf der Suche nach dem Bräutigam

Die Braut sucht weiter in der Stadt (Hld 5:7). Dort machen die Wächter ihre Runde. Also ist es immer noch Nacht. Sie sucht sie nicht, aber sie finden sie und behandeln sie grob. Wir haben die Wächter schon einmal getroffen (Hld 3:1-3). Dort haben sie sie nicht so hart behandelt wie hier. Jetzt verwunden sie die Braut. Wenn ein Abstand zwischen dem Herrn und uns entstanden ist, sind wir manchmal gezwungen, schmerzhafte Erfahrungen zu sammeln. Der Herr lässt es zu, um uns zu Ihm zurückzubringen.

Schläge und Verwundungen, was der Braut hier buchstäblich passiert, können auch auf einer bildlichen Ebene passieren, z. B. durch Anschuldigungen. Anklagende Worte können einen hart treffen. Sie verwunden die Seele, sie verletzen innerlich. Das passiert, wenn wir uns an einem Ort aufhalten, wo wir nicht hingehören. Wenn die Braut sofort aufgestanden wäre und dem Bräutigam geöffnet hätte, wäre das nicht passiert, dann wäre ihr dieses Leid und diese Schande erspart geblieben.

Die Wächter nehmen ihr auch ihren Schleier weg. Der Schleier ist ein Bild der völligen Hingabe an den Bräutigam. Der Schleier bedeutet: Ich gehöre nur ihm. Aber das stimmt nicht. Es ist ihr Bekenntnis, aber nicht ihre Praxis. Deshalb muss der Schleier weggenommen werden. Wenn es Heuchelei in unserem Leben gibt, muss der Herr sie anprangern und wegnehmen.

Zum Beispiel können wir sagen, dass wir nur in dem Namen des Herrn Jesus zusammenkommen. Aber es ist Heuchelei, wenn wir immer noch unsere eigene Interpretation zu den Zusammenkünften haben. Oder wir haben unsere eigenen feststehenden Gewohnheiten, von denen die Zusammenkunft nicht abweichen darf. Dann kann der Heilige Geist nicht wirksam sein und der Schleier wird weggenommen. In diesem Fall ist der Schleier nicht ein Zeichen freiwilliger Frömmigkeit und Hingabe, sondern eine Art Verriegelung. Dieser Anschein von Hingabe ist eine Fassade von Frömmigkeit, aber in Wirklichkeit blockiert es den Zugang des Herrn und des Geistes zu unserem Leben und muss weggenommen werden.

Wenn der Herr manchmal strenge Methoden dafür gebraucht, lasst uns nicht den anderen anklagen, den der Herr dazu gebraucht. Die „Wächter“, die uns finden, können alle möglichen Leute sein. Auch wenn sie Leute sind, die wie die Wächter keine Ahnung davon haben, was sie uns antun, ist es immer noch wichtig, die Hand des Herrn in ihnen zu sehen. Er ist damit beschäftigt, uns zu einer lebendigen Verbindung mit Ihm zurückzubringen.

Wir sehen die Wirkung auf die Braut. Sie ist nicht verwirrt, sondern sie akzeptiert, wie man sie behandelt. Sie weiß, dass es ihre eigene Schuld ist. An dieser Stelle beginnt die Umkehr. Sie ist an einem Tiefpunkt angekommen und fängt an, sich hochzuarbeiten.

Das sehen wir auch bei Simson. Sein langes Haar – ein äußerliches Zeichen seiner Hingabe und Absonderung für Gott – wurde abgeschnitten und weggenommen (Ri 16:17-19). Man sticht ihm die Augen aus und er mahlt Mehl im Gefängnis für die Philister (Ri 16:21). Er könnte nicht tiefer sinken. Aber dann lesen wir, dass das Haar seines Hauptes wieder zu wachsen begann (Ri 16:22). Wenn wir aufrichtig und ehrlich werden, dann kann es einen Neuanfang geben. Unsere erste Widmung war zunächst gut, aber dann ist es nach und nach ein Deckmantel geworden, nur ein Symbol der Unterordnung, nicht die eigentliche Sache. Wenn du das erkennst, dann ist es Zeit für eine neuerliche Hingabe. Das ist es, was der Herr bei dir und mir hervorbringen möchte.

Vom prophetischen Standpunkt her wird das in der Endzeit dem Überrest durch den Antichristen und seine Anhänger widerfahren. Sie werden den Überrest – die Braut – züchtigen, weil sie nicht mit ihnen zusammen dem Antichristen nachfolgt. Sie sind ein Mittel in Gottes Hand für diesen Zweck, aber sie selbst merken es nicht.

Nach dieser demütigenden Erfahrung gibt die Braut die Hoffnung nicht auf. Sie setzt ihre Suche fort. Sie bittet die Wächter nicht um Hilfe. Sie hat überhaupt keine Beziehung zu ihnen. Sie fanden sie und befassten sich mit ihr, ohne dass sie sie darum gebeten hätte. Das ist anders bei den „Töchtern Jerusalems“ (Hld 5:8). Sie wendet sich an sie und bittet sie darum, dem Bräutigam zu sagen, dass sie krank vor Liebe ist, wenn sie ihn finden. Damit weist sie darauf hin, wie sehr sie sich nach seiner Gegenwart sehnt. Sie sagte das vorher schon einmal (Hld 2:5), aber dabei befand sie sich in den Armen des Bräutigams. Hier sagt sie es, während sie von ihm getrennt ist, denn es war ihre eigene Schuld, dass er sie verlassen musste.

Sie schämt sich ihrer Schwachheit nicht und bittet bei ihrer Suche diejenigen um Hilfe, die nicht diese innige Beziehung mit dem Bräutigam haben (vgl. Hld 6:1). Wenn wir uns unsere Schwachheit eingestehen, nimmt das nichts von unserer Schönheit weg, sondern es gebietet Respekt. Wenn wir nur ein bisschen Selbsterkenntnis haben, dann wissen wir, dass wir nur allzu schwach sind, wenn es darum geht, unsere Vorrechte zu ergreifen. Wir verdanken nichts uns selbst, sondern alles verdanken wir dem Herrn.

Die Töchter Jerusalems sehen eine besondere Schönheit bei der Braut (Hld 5:9). Sie sprechen sie folgendermaßen an: „du Schönste unter den Frauen“. Wir würden sagen: Sie sieht nicht danach aus. Schließlich haben die Wächter sie grob behandelt und sie verwundet. Dass die Töchter Jerusalems sie auf diese Weise ansprechen, liegt daran, dass ihr Herz voll ist von dem Bräutigam. Das ist die Sache, die sie bemerken.

Wenn wir von dem Herrn Jesus erfüllt sind, werden alle Dinge, die andernfalls in unserem Leben hervortreten würden, in den Hintergrund rücken. Wir können an Dinge denken, die wir getan haben und für die wir uns schämen. Aber wenn wir sie wirklich bekannt haben und vom Herrn Jesus erfüllt sind, scheint sein Zeugnis durch alles hindurch. Anstatt Verachtung stellt sich dann die Frage, was an Ihm besonders ist, von dem unser Herz so erfüllt ist, und somit wird jede andere Liebe verdunkelt.

Ihre Antwort kommt in den folgenden Versen. Darin gibt die Braut eine Beschreibung des Bräutigams. Sie sagt wundervolle Dinge über ihn. Es geht über das hinaus, was sie von ihm empfangen hat. Sie spricht von ihm selbst, wie er ist. Ihre Beschreibung von ihm ist die geistliche Frucht der Prüfung, die sie deshalb durchlitten hat, weil sie ihn verlassen hat.

Weiß und rot – Haupt und Haar

Die Töchter Jerusalems fragen die Braut zweimal in Hld 5:9: „Was ist dein Geliebter vor einem anderen Geliebten?“ Sie stellen ihr diese Frage, weil sie sehen, wie sehr die Braut von ihrem Bräutigam erfüllt ist. In Hld 5:10 beginnt sie eine beeindruckende Beschreibung von demjenigen, von dem ihr Herz so erfüllt ist. Sie muss nicht nach Worten suchen.

Es ist bemerkenswert, dass jedes Mal, wenn die Braut über den Bräutigam spricht, sie dies vor anderen tut. Sie bezeugt, was er für sie und ihre Umgebung bedeutet. Wenn der Bräutigam über die Braut spricht, dann spricht er mit ihr. Er versichert ihr immer, welchen Wert sie für ihn hat und lässt sie wissen, wie sehr er sich an ihr erfreut. Wir können in Bezug auf Ihn, von dem unser Herz erfüllt ist, das Gleiche tun, indem wir erkennen, dass sein Herz von uns erfüllt ist.

Sie beginnt damit, dass sie erzählt, wer ihr Bräutigam ist. Er ist „mein Geliebter“ und er ist „weiß und rot“. Wir können dies direkt auf den Herrn Jesus, „unseren Geliebten“, anwenden. Zuallererst ist Er weiß. Das spricht von seiner absoluten Reinheit. Er ist der Reine und der Heilige. Der Herr Jesus wurde von einer sündigen Frau, Maria, geboren, aber Er wurde nicht von einem sündigen Mann gezeugt. Er wurde durch den Heiligen Geist empfangen. Deshalb ist Er auch „das Heilige“ (Lk 1:35).

Er ist vollkommen ohne Sünde. Er tat niemals eine Sünde in Tat oder in Wort (1Pet 2:22). Und nicht nur das, sondern Er kannte Sünde nicht (2Kor 5:21). Es ist so, dass Sünde nicht in Ihm ist (1Joh 3:5). Niemand konnte Ihn der Sünde überführen (Joh 8:46). Der Teufel hat nichts in Ihm, das heißt keinen einzigen Anhaltspunkt (Joh 14:30). Die Braut, und jeder andere Mensch auch, tritt im Gegensatz dazu deutlich hervor. Die Braut hat das auch anerkannt. Sie hat von sich selbst gesagt, dass sie schwarz ist (Hld 1:5; 6). Nur jemand, der das aufrichtig so sagen kann wie sie, kann eine Beziehung mit Ihm haben.

Das Nächste ist, dass er rot ist. Rot ist die Farbe des Blutes. Der Herr Jesus hat sein Blut vergossen, um seine Braut zu erwerben. Nur durch sein Blut kann das Finstere der Sünde weggewaschen werden. Das macht einen Menschen rein in den Augen des heiligen Gottes. Der Herr Jesus ist vollkommen rein in seinem Leben und hatte nie etwas mit Sünde zu tun. Das einzige Mal, wo Er damit zu tun hatte, war am Kreuz. Dort hat Gott Ihn zur Sünde gemacht für jeden, der an Ihn glaubt. Damit ist die Sünde auch komplett beglichen. Die Sünden des bußfertigen Sünders sind verurteilt und für immer vergeben und weggetan.

Nach dieser allgemeinen einleitenden Beschreibung ruft die Braut ihre Freude darüber aus, dass er über alle anderen herausragt. Wenn wir so vom Herrn erfüllt sind, sollten wir das genauso ausrufen. Er ist „schöner als die Menschensöhne“ (Ps 45:3a). Mit Ihm kann man niemanden vergleichen. Er ist der Erstgeborene unter vielen Brüdern (Röm 8:29). Er ist der Urheber der Errettung, der viele Söhne zur Herrlichkeit führt (Heb 2:10). Er ist der wahre David, der seine Zehntausende erschlagen hat (1Sam 18:7).

Er hat nicht nur ein Banner über Israel erhoben, sondern auch über alle Nationen (Jes 5:26; Jes 11:10; 12). Sein Banner ist das Kreuz. Dort hat Er den Sieg errungen und das ganze Ergebnis davon wird bald sichtbar werden. Wir können dieses Ergebnis schon im Glauben sehen und Ihn dafür loben.

Von Hld 5:10 an erwähnt die Braut zehn Wesensmerkmale des Bräutigams. Sie beschreibt ihn von Kopf bis Fuß. Die Beschreibung beginnt mit seinem Kopf. Der ist aus feinem Gold. Es ist klar, dass es sich um bildhafte Sprache handelt. Wir können das wieder direkt auf den Herrn Jesus anwenden. Der Kopf ist ein Bild von Weisheit und Einsicht und Gold von göttlicher Herrlichkeit. Seine Weisheit und sein Verständnis sind göttlich. So ist Er mit seiner Braut beschäftigt, aber auch mit seiner Schöpfung. Dass Er Haupt ist, spricht auch von Herrschaft. Er ist das Haupt über alles (1Kor 11:3; Kol 1:15-17).

Seine Gedanken sind immer auf Gott ausgerichtet und erfüllt davon, seinen Willen zu tun. Später in diesem Kapitel wird das Gold auch in Verbindung mit seinen Händen und Füßen erwähnt (Hld 5:14; 15). Es weist darauf hin, dass Er Gottes Gedanken durch seine Werke ausführt und dass sein Weg immer göttlich und vollkommen ist.

Seine Locken sprechen von der Hingabe und Unterordnung als Mensch zu seinem Gott (vgl. 1Kor 11:15). Es ist ein Merkmal davon, dass Er ein Nasir ist (4Mo 6:5). Für einen Mann ist es eine Unehre, langes Haar zu haben (1Kor 11:14). Seine „Unehre“ ist, dass Er sich völlig Gott unterordnet und seine Stellung als Haupt über die Schöpfung aufgibt.

Die Locken sind schwarz, nicht grau. Das weist darauf hin, dass die Kraft des Lebens in Ihm ist und dass Er in der Kraft seines Lebens ist. Das hebräische Wort für „schwarz“ steht in Beziehung mit dem Wort für „Jugend“. Der Rabe ist ein unreiner Vogel (3Mo 11:13; 15). So wird der Herr Jesus von den religiösen Führern seines Volkes behandelt. Aber Gott bereitet dem Raben sein Futter, wenn seine Jungen zu Gott schreien (Hiob 38:41). Auf diese Weise hat der Herr Jesus auch alles von seinem Gott erwartet und empfangen. Das gab Ihm die Kraft, seinen Weg zur Herrlichkeit Gottes zu gehen.

Augen, Wangen und Lippen

Die Braut setzt ihre Beschreibung des Bräutigams mit „seinen Augen“ (Hld 5:12) fort. Um die Augen einer Person sehen zu können, muss man nahe bei dieser Person sein. Die Augen werden manchmal „der Spiegel der Seele“ genannt. Wenn du jemandem tief in die Augen schaust, kannst du viel davon ablesen, was in ihm vor sich geht, ob er glücklich oder traurig ist.

Die Braut vergleicht seine Augen mit „Tauben“ (vgl. Hld 1:15; Hld 4:1). Das bedeutet, dass sich seine Augen dadurch auszeichnen, was Tauben auszeichnet. Tauben haben ein „einfältiges Auge“ (Mt 6:22). Ein einfältiges Auge ist ein Auge, das sich nur auf ein Objekt fokussiert. Bei dem Herrn Jesus sehen wir das in Vollkommenheit. Sein Blick war immer geradeaus (Spr 4:25). Mehrmals lesen wir von Ihm, dass Er seine Augen zum Himmel erhob (Joh 17:1; Joh 11:41).

Seine Augen waren immer auf den Vater gerichtet. Er hatte sozusagen immer „Blickkontakt“ mit seinem Vater. Er sah niemals etwas Falsches und schaute auch nie auf eine falsche Weise. Eva tat es und deshalb kam die Sünde in die Welt. Der Herr Jesus ließ sich immer von seinem Vater leiten – in allem, was Er sagte. Darauf weist die Aussage „an Wasserbächen“ hin. Er lebte vom Wort Gottes (Mt 4:4). Das Wort war für Ihn eine Erfrischung (Ps 110:7).

Mit dieser Erfrischung belebt Er und stellt diejenigen wieder her, die von der Sünde betroffen sind. So schaute Er Petrus an, nachdem Petrus in dreimal verleugnet hatte. Das erinnerte Petrus an das Wort, das der Herr ihm gesagt hatte. Das brach sein Herz und der Weg der Wiederherstellung hatte begonnen (Lk 22:61; 62).

Aber die Braut ist noch nicht fertig mit der Beschreibung der Augen des Bräutigams. Sie sieht seine Augen „badend in Milch“ und als „eingefasste Steine“. Den weißen Teil des Auges vergleicht die Braut mit Milch. Milch wird mit dem Gedanken der Fülle, der Reinheit, der Sauberkeit und der gesunden Nahrung in Verbindung gebracht. Israel ist ein Land, das von Milch und Honig fließt. Milch ist auch ein Bild der gesunden Nahrung aus Gottes Wort (1Pet 2:2).

Die Beschreibung „eingefasste Steine“ ist wörtlich: „sitzend in ihrer Einfassung“. Dieses Bild strahlt Ruhe aus. Das gibt ein Bild der erfüllten Gemeinschaft des Herrn mit seinem Vater. Seine Augen wandern nicht umher und gehen auch nicht ängstlich hin und her. Seine Augen sind immer auf seinen Vater gerichtet. In der Gemeinschaft mit dem Vater erhebt Er seine Augen auch zu seinen Jüngern (Lk 6:20) und zu den Volksmengen (Joh 6:5; Mt 14:14).

Es ist gut, wenn wir die Augen des Herrn Jesus kennen und wenn wir verstehen, was in ihnen für uns ist. Es sind Augen von Tauben, und das erinnert uns an den Heiligen Geist, der auf Ihn in Form einer Taube herniederfuhr. Der Geist gibt seinen Augen einen Glanz, der an Wasserbäche erinnert und einen Blick, der an die Reinheit von Milch erinnert. Seine Augen sind für die Seinen eine Quelle der Sympathie.

Nach den Augen geht der Blick auf seine Wangen. Dann erinnern wir uns daran, dass Er seine Wangen denen darbot, die seinen Bart ausrauften (Jes 50:6). Für diejenigen, die Ihn kennen, sind diese Wangen „wie Beete von Würzkraut“ und wie „Anhöhen von duftenden Pflanzen“. Seine Reaktion auf das schlimme Leid, das Ihm zugefügt wurde, ist eine Antwort der Ruhe wie in einem Beet. Er hat still gelitten. Und welcher liebliche Wohlgeruch stieg aus dieser Ruhe zu Gott! Er, der einmal verachtet war als der Wehrlose, wird deshalb von Gott und den Seinen bewundert.

Die „Anhöhen“ (oder Türme) sprechen von Wachsamkeit. Der Herr Jesus ließ sich nicht von seinem Weg, den Er gehen musste, abbringen. Er ist wachsam geblieben, bis sein Werk vollendet war. Duftende Pflanzen geben, wie Gewürze, einen angenehmen Duft. Seine Wachsamkeit, seine ständige Aufmerksamkeit gegenüber dem Vater, war für den Vater ein wunderbarer Wohlgeruch, eine große Freude seines Herzens.

Hier sagt uns die Braut, dass sie das an ihm gesehen hat. Haben wir das an dem Herrn Jesus gesehen? Wir müssen Ihn anschauen, das bedeutet, dass wir sein Wort lesen und über Ihn nachdenken. Wenn wir über sein Leben auf der Erde nachdenken, werden wir Ihn als Person immer besser kennenlernen und Ihn immer mehr bewundern. Wir werden anderen davon Zeugnis geben.

Die Braut vergleicht die Lippen des Bräutigams mit „Lilien, träufelnd von fließender Myrrhe“. Wir lesen über die Lippen des Herrn Jesus: „Holdseligkeit ist ausgegossen über deine Lippen“ (Ps 45:3). Die Lilie ist ein Bild der Zartheit in einer Umgebung von Dornen (Hld 2:1; 2). Der Herr Jesus sprach Worte des Lebens und der Ermutigung unter einem Volk, das mit „Nesseln und Dornen“ verglichen wird (Hes 2:6).

In einer Welt des Ungehorsams und des Schmerzes spricht Er Worte der Gnade. Diese Worte stehen nicht in der Zeitung, sondern in Gottes Wort und im Herzen derer, die seine Worte aufgenommen haben. Sie haben wie die Braut erlebt, dass seine Worte keine billigen Worte sind. Sie sind erfüllt von dem Leiden, das Er durchmachen wollte, damit Er diese Worte aussprechen konnte. Davon spricht die „fließende Myrrhe“. Man bezeugt über Ihn: „Niemals hat ein Mensch so geredet wie dieser Mensch“ (Joh 7:46). „Und alle gaben ihm Zeugnis und verwunderten sich über die Worte der Gnade, die aus seinem Mund hervorgingen“ (Lk 4:22a).

Er hat Mitleid mit unseren Schwachheiten, weil Er auf der Erde das Gleiche erlitt wie wir, aber ohne Sünde (Heb 4:15). Wir klopfen niemals vergeblich an die Tür, wenn wir Ihm unsere Probleme erzählen möchten. Wenn wir zu Ihm kommen mit unserer Not, ist Er offen für uns und wir können erleben, dass Er für uns Verständnis hat. Dann sagt Er: „Sei guten Mutes“ (Mt 9:2; 22; Mt 14:27; Mk 10:49; Joh 16:33; Apg 23:11). Das ist so ein großes Wort der Gnade, mit dem Er uns tröstet mit dem Trost, den Er aus eigener Erfahrung kennt.

Hände, Leib, Schenkel, Gestalt, Gaumen

Die Braut fährt fort mit den Händen des Bräutigams. Wenn wir an den Herrn Jesus denken, weisen seine Hände auf seine Werke hin. Das Universum ist das Werk seiner Hände (Ps 19:1; Jes 45:12; Jes 66:1; 2). Die „goldenen Rollen“ erinnern uns daran, dass all sein Tun seine göttlichen Eigenschaften trägt. So wie eine Rolle kein Ende hat, so haben auch seine Werke kein Ende. Dieser allmächtige Schöpfer ist unser Bräutigam. Er hat uns mit sich selbst durch seine Liebe verbunden.

Seine Hände wurden ans Kreuz genagelt (Ps 22:17c). Sie sind wertvoll für jeden, den sie berühren (Mt 8:3; 15; Mt 14:31). Er hat die Gläubigen in seine Handflächen eingezeichnet (Jes 49:16). Was eingezeichnet ist, kann man nicht mehr entfernen. Niemand kann ein Kind Gottes aus seiner Hand rauben (Joh 10:28).

Sie fügt hinzu, dass sie „mit Topasen besetzt“ sind. Topas ist ein Edelstein. Edelsteine haben eine Bedeutung. Eine mögliche Bedeutung kann man von dem Platz ableiten, den sie auf dem Brustschild des Hohenpriesters haben. Der Topas ist in der ersten Reihe der Edelsteine (2Mo 28:17; 2Mo 39:10). Wir können eine Parallele zum ersten Evangelium ziehen, dem Evangelium nach Matthäus. In diesem Evangelium wird die Herrlichkeit des Herrn Jesus als König dargestellt.

Alle „Taten seiner Hände“, alle Handlungen in und mit der Welt, „sind Wahrheit und Recht“ (Ps 111:7). Was auf die Welt zutrifft, trifft auch auf das Leben der Seinen zu. Gottes Plan mit der Welt und mit unserem Leben ist, dass der Herr Jesus in diesen Plänen sichtbar wird und Er verherrlicht wird. Es ist ein großes Vorrecht, das zu erkennen.

„Sein Leib“ oder „sein Inneres“ spricht von seinem inneren Wesen. Er ist innerlich mit uns verbunden. Sie vergleicht sein Inneres mit einem „Kunstwerk aus Elfenbein“. Elfenbein wird in Verbindung mit der Königsherrschaft Salomos, des Friedefürsten, erwähnt (1Kön 10:22; 2Chr 9:21). Salomo machte „einen großen Thron aus Elfenbein“ (1Kön 10:18; 2Chr 9:17). Deshalb können wir Elfenbein mit der Königsherrschaft des Herrn Jesus, die Er in Frieden ausübt, in Verbindung bringen. Seine Herrschaft zeichnet sich durch Gerechtigkeit aus.

Seine Herrschaft ist nicht hart oder gefühllos, sondern voll Mitgefühls für seine Untertanen. Dadurch zeichnet Er sich auch aus. Das betonen die „Saphire“, die das Elfenbein bedecken. Saphir ist ein Edelstein, der, genauso wie der oben erwähnte Topas, auf dem Brustschild des Hohenpriesters erscheint. Dieser Stein ist der zweite Stein in der zweiten Reihe des Brustschildes (2Mo 28:18; 2Mo 39:11). Wir können das mit dem zweiten Evangelium, dem Evangelium nach Markus in Verbindung bringen. Dieses Evangelium ist das des Dieners, der den Menschen voller Mitleid dient, und zwar alles im Gehorsam Dem gegenüber, der Ihn sendet.

Wir sehen auch den Saphir noch einmal in Verbindung mit den Regierungswegen Gottes. Er steht in Verbindung mit dem Thron Gottes. Hesekiel erinnert uns daran (Hes 1:26; Hes 10:1). Der Herr Jesus übt die Herrschaft Gottes als der Menschensohn aus. Gott hat Ihm die Macht dazu gegeben. Es ist eine große Ermutigung, dass wir wissen, dass Derjenige, der herrscht, unser geliebter Erlöser ist, welcher sein Leben für uns hingegeben hat.

Dann werden „seine Schenkel“ beschrieben. Sie sehen aus wie „Säulen aus weißem Marmor“. Säulen stützen ein Gebäude und weisen auf Stabilität hin, wie die beiden Säulen im Tempel, Jakin und Boas (1Kön 7:21). Marmor ist hart. Es macht klar, wie fest und unbeweglich alles bei dem Herrn Jesus ist. Das Universum ruht auf Ihm und deshalb ist es sicher. Es gibt nichts in der Welt und nichts in der Gemeinde, das Ihn erschüttern könnte.

Die Säulen sind „gegründet auf Untersätze aus feinem Gold“. Das weist darauf hin, dass Gottes Herrlichkeit das Fundament seiner unbeweglichen Herrschaft ist. Die Säulen erinnern an seine Füße, an seinen Gang durch die Welt. Er ging seinen Weg in der Kraft Gottes, ohne zu zögern, ohne umzukehren und ohne Verzögerung.

Überall hat Er die Spuren seiner Herrlichkeit hinterlassen. Sein Wandel auf der Erde war vollkommen göttlich. Gott hat kein „Wohlgefallen an den Beinen des Mannes“ (Ps 147:10). Aber wie anders waren seine Beine. Er ist vollkommen beständig, unerschütterlich in all den Problemen und all den Nöten, die bei den Seinen auftreten können. Indem wir Ihn auf diese Weise anschauen, werden wir dazu ermutigt, auf unserem Weg auf der Erde auszuharren.

Die Braut hat ihren Bräutigam von Kopf bis Fuß beschrieben. Dann geht sie sozusagen einen Schritt zurück und schaut auf seine ganze „Gestalt“. Er sieht aus wie „der Libanon“ und wie „die Zedern“, die sich darauf befinden (Ps 92:13; Jes 60:13). Der Blick ist überwältigend wegen der Unbeweglichkeit und Schönheit.

Genauso wie die Zedern alle Bäume überragen, so überragt der Herr Jesus alle Menschen. Er ist der verherrlichte Mensch im Himmel. Diesen Platz gibt Ihm der Vater, und nur Ihm allein und niemand anderem. Wir sehen das, wenn wir Ihn in seiner vollkommenen Herrlichkeit sehen, soweit wir sie wahrnehmen können. Er ist der Einzige, der es wahrhaftig und vollkommen verdient hat, mit „Herrlichkeit und Ehre gekrönt“ zu werden (Heb 2:9).

Und plötzlich wird eine weitere Sache an Ihm beschrieben: „Sein Gaumen ist lauter Süßigkeit“ (Hld 5:16). Mit dem Gaumen schmeckt man das Essen. Alles, was der Herr Jesus in seinem Leben auf der Erde geschmeckt hat, ist Süßigkeit. Er hat sich von allem ernährt, was der Vater zu Ihm gesprochen hat. Es war seine Speise, den Willen seines Vaters zu tun (Joh 4:34). Er hat vollkommen geschmeckt, „dass der Herr gütig ist“ (1Pet 2:3).

Ja, alles am Herrn Jesus ist „lieblich“. Für die, die Ihn lieben, gibt es nichts an Ihm zu finden, das nicht lieblich ist. Es ist unmöglich, seine Herrlichkeit in vollem Umfang zu beschreiben (vgl. Joh 21:25). Alles an Ihm ist überwältigend.

Die „Töchter Jerusalems“ haben die Braut gefragt, was an ihrem Bräutigam so besonders ist (Hld 5:9). Sie hat eine beeindruckende Beschreibung von ihm gegeben. Dieses Bekenntnis ist das Ergebnis des liebevollen Umgangs des Bräutigams mit seiner Braut. Der Herr Jesus arbeitet auch an unserem Leben, um uns davon zu überzeugen, dass wir viel von Ihm anschauen und Zeugnis davon geben. In allem, was wir von Ihm in Bezug auf Herrlichkeit und Schönheit lernen, können wir sagen: Das ist mein Geliebter und das ist mein Freund. Wir erfahren seine Nähe, wenn wir uns auf diese Weise mit Ihm beschäftigen.

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