‏ Genesis 45:1-4

Joseph macht sich bekannt

Juda hat seine bewegende Rede ohne Unterbrechung durch Joseph abgeschlossen. Dann ist der Augenblick gekommen, auf den Joseph so lange gewartet hat. Nach dem rührenden Beweis von Gottes Werk der Gnade in den Herzen der Brüder kann Joseph sich nicht länger bezwingen und gibt sich seinen Brüdern zu erkennen.

Nichts anderes kann sein Herz befriedigen als sich seinen Brüdern zu erkennen zu geben. Er will, dass sie ihn kennen. Er will bewusste Gemeinschaft mit ihnen auf der Grundlage des soeben erlebten Werkes der Gnade haben. Nichts anderes kann auch den Herzen der Brüder Ruhe geben.

Das ist auch die Weise, wie Gott mit dem Sünder handelt, und wozu Er ihn bringen will: dass der Herr Jesus sich ihm zu erkennen geben kann. Das ist ebenfalls die Weise, wie Gott mit den Seinen handelt: Er will, dass sie niemand anderen sehen als Jesus allein (Mt 17:6-8). Das ist ein Zuerkennengeben für jede Seele persönlich. Dabei kann niemand anders anwesend sein.

Erneut lesen wir, dass Joseph weint, sogar laut weint, sodass jeder es hört. An den Brüdern geschah durch die Weisheit, mit der Joseph sie behandelt hatte, ein Werk, dessen Ergebnis Joseph nicht unberührt lässt. Er ist von diesem Werk in seinem tiefsten Inneren angetan. Als er dann sieht, was es für eine Auswirkung hat, lässt er seinen Gefühlen freien Lauf. Sicherlich ist das ein Bild von der Herzensregung des Herrn Jesus bei jedem Werk der Bekehrung und Reue eines Menschen, ob ungläubig oder gläubig.

Das Sichbekanntmachen ist für die Brüder so ergreifend, dass sie aus Angst vor ihm zurückschrecken. In ähnlicher Weise machte der Herr Jesus sich dem Saulus bekannt, zu dem Er sagte: „Ich bin Jesus.“ Saulus war auch überwältigt und wurde zu Boden geworfen, weil er realisierte, dass derjenige, den er für tot hielt, noch lebte (Apg 9:4; 5).

Joseph öffnet sein Herz

Das „ich bin Joseph“ erfüllt das Herz der Brüder mit Furcht und Zittern. Hier sehen sie ihren Bruder, den sie tot wähnten, den sie gehasst, verworfen und im Grunde ermordet hatten. Er lebt nicht nur, sondern ist Herr über alles. Auch hierin ist er ein Bild des Herrn Jesus (Heb 2:8).

Joseph öffnet sein Herz für seine Brüder in Güte und Liebe. Er erzählt ihnen, dass ihr böses Handeln ihn an diesen Platz gebracht hat! Ihre Verwerfung war das Mittel, ihm diese Stellung zu geben. Gott hat es so geführt. Es gibt bei ihm nicht die geringste Rachsucht.

Die Gewissheit, dass der Wille Gottes, nicht der des Menschen, alles steuert, wird uns vor Rachsucht oder Bitterkeit bewahren und uns im Gegenteil zur Versöhnung bereit machen. Der geistliche Mensch kann die Hand Gottes in allem erkennen, was passiert, und ist daher in der Lage, dem zu vergeben, der ihm Unrecht tut.

Das verringert allerdings in keiner Weise das Böse, das sie ihm angetan haben. Aber auch wenn Menschen in ihrem Stolz handeln, steht Gott über ihnen (2Mo 18:11). Was der Mensch im Bösen getan hat, hat Gott zum Guten benutzt. So war es auch bei dem Herrn Jesus, der einerseits nach dem Ratschluss Gottes überliefert und andererseits durch die Hand von Mördern umgebracht wurde (Apg 2:23).

Wir sehen hier etwas, was für den Menschen wohl ewig ein Geheimnis bleiben wird. Einerseits die Verantwortung des Menschen, die ihm auch voll angerechnet werden kann und wird. Andererseits den Ratschluss Gottes, in dem Er dem, was der Mensch in Bosheit tut, einen Platz einräumt, ohne jedoch den Menschen dafür weniger zur Verantwortung zu ziehen.

Die Freude, die das Herz Josephs erfüllt, ist wie die Freude des guten Hirten, der sein Schaf gefunden hat (Lk 15:6). Die Brüder bekommen den freudigen Auftrag, ihren Vater zu holen und ihm „alle meine Herrlichkeit in Ägypten und alles, was ihr gesehen habt“ zu erzählen. Das ist auch ein Auftrag für uns: Gott, dem Vater, alles zu erzählen, was wir von der Herrlichkeit des Herrn Jesus gesehen haben.

Joseph vergilt seinen Brüdern Gutes für Böses (vgl. Mt 5:44; Röm 12:19-21). Er übernimmt die ganze Sorge für sie und ihre Familien für die noch ausstehenden fünf Jahre der Hungersnot. Vor allen Dingen sollen sie nahe bei ihm sein.

Joseph weist sie darauf hin, dass sie ihn sehen und hören. Sie sehen und hören keinen rächenden Bruder, sondern einen, der sie mit Wohltaten überschüttet und ihnen noch viel mehr Wohltaten in Aussicht stellt. Er tut alles, um ihre Furcht wegzunehmen. Ihre Augen sehen seine Herrlichkeit, ihre Ohren hören seine Verheißungen, ihre Herzen fühlen seine warme Liebe als er ihnen um den Hals fällt und sie herzlich küsst. „Furcht ist nicht in der Liebe, sondern die vollkommene Liebe treibt die Furcht aus“ (1Joh 4:18). Von seiner früher gezeigten Härte ist nichts mehr zu merken.

Als sie so durch die Beweise seiner Liebe und Güte überwältigt sind, lösen sich ihre Zungen. So ist das auch bei uns. Ein Herz, das von der Liebe des Herrn Jesus überwältigt ist, kann nicht schweigen. Wovon das Herz voll ist, läuft der Mund über, sowohl in Richtung Gott, um Ihm die Ehre zu geben, als auch in Richtung Menschen, um ihnen zu erzählen, was Er an unseren Seelen getan hat.

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