John 15:1-16

Der wahre Weinstock

Als der Herr Jesus mit seinen Jüngern den Obersaal verlassen hat und mit ihnen unterwegs zum Ölberg ist, belehrt Er sie weiter. In diesem Kapitel spricht Er mit Ihnen über das, was sie sein werden, wenn Er sie verlassen haben wird. Es fällt auf, dass Ihm in diesem Kapitel seine Jünger kein einziges Mal mit einer Frage oder Bemerkung in die Rede fallen, wie das im vorigen Kapitel der Fall war und auch im folgenden geschieht. Er sagt ihnen, dass sie auf der Erde ein neues Zeugnis für Gott sein würden.

Er illustriert seine Belehrung mit dem Bild vom Weinstock. Dieses Bild wird im Alten Testament auf Israel angewandt (Ps 80:9-18; Jes 5:1-7; Hes 15:1-8). Der Herr hatte einen Weinstock aus Ägypten gezogen und in Israel gepflanzt (Ps 80:9). Das war Israel nach dem Fleisch, doch das war nicht der wahre Weinstock. Israel hat nicht die Frucht gebracht, die Gott erwartete. Stattdessen brachte das Volk schlechte Beeren, so dass Gott es dem Gericht preisgegeben musste.

Der Herr Jesus nimmt nun den Platz Israels als Weinstock ein. Er beginnt die Geschichte Israels aufs Neue, doch jetzt ist Frucht für Gott und Segen für andere da. Er ist der wahre, der wahrhaftige Weinstock. Er hat Gott die Frucht dargebracht, die Gott von Israel erwarten konnte. Christus ist die Quelle aller wahren Frucht für Gott auf der Erde. Er ist nicht nur eine Rebe, die Frucht bringt, während die anderen Reben keine Frucht bringen, sondern Er ist der wahre Weinstock, an dem jede Rebe Frucht bringen kann.

Der Vater – und nicht Jahwe oder der Allmächtige – ist der Weingärtner. Das setzt eine Beziehung voraus, die weiter geht als das, was Israel kannte. Gott stand mit Israel als Volk in einer Bundesbeziehung. Das ist eine ganz andere Beziehung als die, in der die Gläubigen zu Ihm stehen, die nach der Auferstehung des Herrn Jesus die Familie Gottes bilden (Joh 20:17; 22). Sie dürfen Ihn als Vater kennen, weil der Herr Jesus ihr Leben ist und sie dadurch Kinder Gottes sind.

Reinigung und Fruchtbringen

Die Gläubigen werden mit Reben am Weinstock verglichen. Der Vater wird als der Weingärtner oder Ackerbauer vorgestellt, der die größte Sorgfalt auf die Reben verwendet, damit sie möglichst viel Frucht bringen. Er reinigt, Er schneidet und nimmt alles weg, was die Säfte des Weinstocks auf Kosten guter Frucht missbraucht.

Es kann Dinge im Leben eines Gläubigen geben, die verhindern, dass sein Leben die volle Frucht für den Vater hervorbringt. Es muss nicht immer eindeutig Böses sein, es können Dinge sein, die die Qualität der Frucht in unserem Leben mindern. Dann geht der Vater zu Werke und tut alles weg, was hindert, dass die volle Frucht entsteht. Was unsere Lebenskraft verbraucht und keine Frucht bringt, muss weggetan werden. Er tut alles, um die Frucht zu steigern und zu verbessern.

Wenn Reben keine Frucht bringen, bedeutet das, dass sie keine Lebensverbindung mit dem Weinstock haben. Ihre Verbindung ist eine Scheinverbindung. Solch eine Rebe war Judas. Seine Verbindung mit Christus als dem Weinstock war eine Scheinverbindung.

Die Frucht, die der Vater bei uns bewirken will, ist die Frucht des Geistes (Gal 5:22). Diese Frucht des Geistes ist ganz und gar die Gesinnung Christi. Wenn diese Gesinnung vorhanden ist, kommt sie auch in Taten zum Ausdruck. Der Herr spricht zu seinen Jüngern als zu Gläubigen, die schon rein sind. Der Vater reinigt nur die, die bereits rein sind. Die Reinheit ist durch das Wort bewirkt worden, das der Herr Jesus zu ihnen geredet hat und das in ihrem Herzen und Gewissen gewirkt hat.

Als der Herr über diese Reinheit spricht, ist Judas nicht mehr dabei. Daher brauchte der Herr auch nicht zu sagen: „… aber nicht alle“ (vgl. Joh 13:10). Das Wort hat ihre Wege gereinigt, hat ihre weltliche Gesinnung verurteilt und ihr fleischliches Verlangen aufgedeckt. Es hat sie zum Selbstgericht gebracht, zur Bekehrung und zum Glauben. Wir brauchen das Wort jedoch nicht nur, um dadurch zur Bekehrung zu kommen und rein vor Gott stehen zu können. Wir brauchen immer wieder die reinigende Kraft des Wassers des göttlichen Wortes. Dadurch reinigt uns der Vater. Er macht durch sein Wort deutlich, was bei uns weggetan werden muss.

Damit der Vater uns durch das Wort reinigen kann, ist es nötig, dass wir in Christus bleiben. Die Aufforderung des Herrn, „bleibt in mir“, ist ein Auftrag, den nur die erfüllen können, die Leben haben. Wir bleiben in Ihm, wenn wir eine lebendige Beziehung zu Ihm pflegen. Dann bleibt Er in uns. Es ist nicht so, dass jemand, der sich bekehrt hat und Christus als sein Leben bekommen hat, Ihn wieder verlieren könnte. Es geht auch darum, dass der Gläubige sich bewusst ist, dass er in Ihm ist und dass er weiß, dass Christus als das Leben in ihm ist.

Es gibt eine enge Vereinigung des Gläubigen mit Christus. Wenn die nicht da ist, kann keine Frucht hervorkommen. Kein einziger Jünger hat Leben in sich selbst, und deshalb ist kein einziger Jünger in der Lage, selbst Frucht hervorzubringen. Es ist nur dann möglich, Frucht hervorzubringen, wenn eine lebendige Verbindung mit dem Weinstock vorhanden ist. Nur durch das Bleiben in Ihm kann Frucht hervorkommen.

Noch einmal weist der Herr Jesus auf sich selbst als den Weinstock hin und sagt den Jüngern, dass sie die Reben sind. Es ist sehr wichtig, dass wir das richtige Verhältnis stets gut im Auge behalten. Nur wenn wir in Ihm bleiben und Er in uns, wird es viel Frucht geben. Jedes Fruchttragen ist völlig abhängig davon, dass wir in Ihm bleiben. Losgelöst von Ihm ist es nicht möglich, Frucht zu bringen. Losgelöst von Ihm, getrennt von Ihm, ist es nicht möglich, auch nur das Geringste zur Ehre des Vaters zu tun. Wir sind in allen Dingen völlig von Ihm abhängig.

Die Rebe, die keine Frucht bringt

In Joh 15:2 hat der Herr bereits über die Rebe gesprochen, die keine Frucht bringt. Hier kommt Er darauf zurück und sagt, was das Schicksal einer solchen Rebe ist. Er sagt jemand, nicht ihr. Er wusste, dass die elf Jünger in Ihm waren und dass sie dadurch rein und auch fruchttragende Reben waren. Wenn aber jemand wie Judas nicht in Christus als der einzigen Quelle bleibt, aus der Frucht kommt, wird es ein schlimmes Ende mit ihm nehmen.

Es geht hier nicht um jemanden, der ein Glied am Leib Christi ist. Wer ein Glied am Leib Christi ist, kann nie mehr davon getrennt werden. Der Weinstock und die Reben legen die Betonung auf die Verbindung von Gläubigen mit Christus, wodurch sich das neue Leben erweist; und das geschieht durchs Fruchttragen. Eine Verbindung mit dem Herrn Jesus als der Quelle des Lebens ist die Voraussetzung dafür, Frucht zu bringen.

Der Herr spricht jedoch über die Möglichkeit, dass jemand durch Worte und Taten bekennt, eine Beziehung zu Ihm zu haben, bei dem sich jedoch im Lauf der Zeit zeigt, dass es sich nur um ein äußeres Bekenntnis handelt. Die Trennung von Christus bedeutet dann nicht nur, dass die Rebe verdorrt und ins Feuer geworfen wird, damit sie verbrennt. Es geht nicht darum, Schaden oder einen Verlust zu erleiden (1Kor 3:13), sondern verlorenzugehen (1Kor 9:27).

Was der Herr hier von der Rebe sagt, die keine Frucht bringt, kann man unmöglich auf einen wahren Gläubigen anwenden. Einen wahren Gläubigen, der keine Frucht bringt, gibt es nicht. Das Leben mag sich noch so schwach äußern, wenn echtes Leben vorhanden ist, wird es sich äußern, sei es auch noch so wenig.

Viel Frucht bringen

Nach diesen äußerst ernsten Worten des Herrn für die, die nur den Anschein einer echten Beziehung zu Ihm erwecken, richtet Er sich wieder an seine Jünger. Er stellt ihnen den Weg des vollen Segens und der reichen Frucht vor. Wer in Ihm bleibt, wer also in einer Lebensverbindung mit Ihm steht, bringt wie von selbst Frucht. Die Frucht ist das Ergebnis sowohl des Bleibens in Ihm als auch davon, dass seine Worte in ihnen bleiben.

Seine Jünger haben seine Worte gehört, nicht als vergessliche Hörer (vgl. Jak 1:25), nein, sie haben diese Worte auch angenommen, so dass sie nun in ihnen sind und ihr gesamtes Denken und Tun bestimmen. Gleich im Anschluss daran ermutigt der Herr sie, um das zu bitten, was immer sie wollen, und gibt ihnen dazu die Zusicherung, dass die Quellen der göttlichen Kraft auch bewirken werden, um was sie bitten. Wenn unser Herz sich so mit Ihm verbunden weiß, werden wir um das bitten, was Er gern erhört, weil es völlig nach seinem Willen ist (Joh 14:13). Er denkt dabei nicht an sich selbst, sondern ist auf die Verherrlichung des Vaters ausgerichtet.

Je mehr wir nach seinem Willen bitten, desto mehr Frucht bringen wir und desto mehr wird der Vater verherrlicht. Um was auch immer wir bitten, auch in Bezug auf unsere Sorgen, wird Frucht sein, durch die der Vater verherrlicht wird. Dieses Fruchtbringen lässt erkennen, dass wir Jünger des Herrn Jesus sind. Das ist die zweite Bezeichnung, die der Herr in diesem Kapitel für die Gläubigen gebraucht. Er hat sie bereits Reben genannt, jetzt nennt Er sie Jünger. Im Weiteren wird Er sie noch Freunde, Knechte und Zeugen nennen.

Jünger sind Nachfolger, Schüler. Er kann uns seine Jünger nennen, wenn wir als echte Nachfolger von Ihm gelernt haben, dass es in unserem Leben wie auch in seinem Leben, um Frucht für den Vater geht. Fruchtbringen ist keine einfache Sache. Das ist nur dadurch möglich, dass wir dem Herrn Jesus nachfolgen.

Wir müssen es lernen, Frucht zu bringen, wir müssen darin wachsen. Das ist ein geistlicher Prozess, wodurch man Einsicht in die Gedanken Gottes erlangt, wie wir dem Herrn gefallen können (2Pet 1:5-8). Dazu sind wir als Lehrlinge in der Schule Gottes. In dieser Schule haben wir einen Lehrer, der nicht nur sagt, wie es zu gehen hat, sondern in seiner Beziehung zum Vater auch vorlebt, wie es zu gehen hat.

Das bringt uns dahin, zu erkennen, wie wichtig das Bewusstsein der Liebe des Herrn Jesus ist. Dieses Bewusstsein ist eine Sache von unschätzbarem Wert für den Weg, den der Jünger gehen muss, um viel Frucht zu bringen. Deshalb geht es hier um die Verantwortung des Jüngers, in der Liebe des Herrn Jesus zu bleiben. Seine Liebe ist eine nie versiegende Quelle des Trostes in den manchmal schmerzlichen und enttäuschenden irdischen Umständen, in der alles im Gegensatz zu Ihm steht. In seiner Liebe zu bleiben, heißt also, sich dieser Liebe beständig bewusst zu sein, wie die Umstände auch sein mögen.

Wie sehr es manchmal auch scheinen mag, als würde Er uns nicht lieben, wir müssen daran festhalten, dass Er uns mit derselben Liebe liebt, mit der der Vater Ihn während seines Lebens als Mensch auf der Erde geliebt hat. Um diese Liebe geht es und nicht um die Liebe des ewigen Vaters zu dem ewigen Sohn. Er ist sich ihrer immer bewusst, auch wenn das nicht immer in der Situation erkennbar ist, in der Er sich befindet. Mit unserem menschlichen Gefühl können wir nicht feststellen, wie groß diese Liebe ist, wir dürfen einfach wissen, dass Er uns liebt.

Damit wir uns seiner Liebe immer bewusst sein können, ist es nötig, seine Gebote zu halten. Wir können in seiner Liebe bleiben, wenn wir bereit sind, das zu tun, was Er von uns erwartet. Wenn wir sehen, was es zur Folge hat, kann es nicht schwer sein, seine Gebote zu halten. So wie der Herr Jesus in Bezug auf die Liebe das vollkommene Vorbild ist, ist Er das auch im Halten der Gebote. Er bleibt in der Liebe des Vaters, indem Er dessen Gebote hält. Er kennt die Liebe des Vaters von Ewigkeit her, aber jetzt kennt Er die Liebe auf eine neue Weise, und zwar indem Er als gehorsamer Sohn die Gebote des Vaters hält.

Die Gebote des Vaters sind nicht die Gebote vom Sinai. Der Herr Jesus ist nicht nur ein Jude, der sich treu an das Gesetz hält. Er ist der Sohn, der die Gebote des Vaters erfüllt. Ein Beispiel für diese Gebote haben wir in Kapitel 10 gefunden (Joh 10:17). Dort spricht Er über das Gebot, das Er von seinem Vater empfangen hat, sein Leben zu lassen und es wiederzunehmen. Ein derartiges Gebot gibt es nirgends im Gesetz des Alten Testaments. Nirgendwo verlangt das Gesetz von einem gerechten Menschen, sein Leben zu lassen.

Sein Leben lassen und wiedernehmen kann nur jemand, der auch Gott ist. Jeder Wunsch des Vaters ist für Ihn ein Gebot. Wie kennt Er diese Wünsche? Dadurch, dass Er in Gemeinschaft mit dem Vater wandelt. Das gilt auch für uns, wenn wir in seiner Liebe bleiben wollen. Wahre Jüngerschaft besteht darin, im Genuss der Liebe Christi zu bleiben.

Freude

Wenn die Worte dieses Kapitels auf gesetzliche Weise gelesen werden, wird die Folge nur Kummer sein und wir können sogar depressiv werden. Wenn wir Fruchtbringen als eine Leistung auffassen wird, die wir erfüllen müssen, empfinden wir, wie sehr wir versagen. Das lässt uns seufzen, dass wir das zwar wollen, aber nicht können, so wie der Mann, der in Römer 7 beschrieben wird (Röm 7:15-19).

Wenn wir hingegen die Worte Christi so verstehen, wie Er sie gemeint hat, erkennen wir, dass sie ausdrücklich dazu gegeben sind, uns seine Freude mitzuteilen und unsere Freude vollkommen zu machen. Die Freude, die Er hat, ist für uns das Motiv, als Jünger ein Leben zu führen, wo wir Frucht bringen. Fruchtbringen geschieht für den Vater, aber die Freude des Herrn Jesus wird unser Teil sein.

Diese seine Freude ist eins der herrlichen Dinge, die der Herr meinte, als Er mit Petrus darüber sprach, mit Ihm Teil zu haben (Joh 13:8). Der Herr hat auch darüber gesprochen, an „meinem Frieden“ teilzuhaben (Joh 14:27) und an „meiner Liebe“ (Joh 15:9), und Er wird noch über „meine Herrlichkeit“ (Joh 17:24) sprechen. Er will, dass wir an seiner Freude teilhaben und dass diese Freude vollkommen wird (1Joh 1:4), also zur vollen Entfaltung kommt. Es ist seine Freude, in dem zu sein, was seines Vaters ist. Wir dürfen dorthin wachsen, so dass auch wir nichts anderes mehr haben als das. Er will, dass diese seine Freude in uns ist. Die vollkommene Freude entsteht, wenn unsere Freude mit seiner Freude zusammenfließt, wodurch unsere Freude in seiner Freude aufgeht.

Das Gebot einander zu lieben

Mit dem Gebot, einander zu lieben, kommt Herr auf das zurück, was Er bereits früher gesagt hat (Joh 13:34). Liebe muss alle Beziehungen zwischen den Gliedern der Familie Gottes bestimmen. Die Jünger sollen einander mit einer Liebe lieben, die über all den Schwachheiten der anderen steht. Der Herr richtet den Scheinwerfer auf dieses Gebot und nennt es „mein Gebot“, weil es die Zusammenfassung aller anderen Gebote ist. Es ist nicht die moralische Verpflichtung zur Nächstenliebe, sondern die gegenseitige Liebe der Christen, deren Maßstab die Liebe Christi zu ihnen ist. Dies taten die neubekehrten Thessalonicher (1Thes 4:9).

Das Gebot der Liebe ist das Gebot der göttlichen Natur, deren Teilhaber wir geworden sind (2Pet 1:4) und wodurch alles geschehen kann. Es ist ein Gebot für den Gläubigen, denn in sein Herz ist die Liebe Gottes ausgegossen. Zu dieser Natur, die nicht anders kann als lieben, sagt der Herr Jesus, dass er lieben soll. Das ist so, als würde man zu einem Fisch sagen: Du sollst schwimmen. Er kann und will nicht anderes, wenn er schwimmt, ist er in seinem Element.

Die Norm für unsere Liebe zueinander ist die Liebe des Herrn Jesus. Er hat seine Liebe bewiesen, indem Er für uns sein Leben hingegeben hat. Das tat Er, weil Er uns als seine Freunde betrachtete. Wir könnten vielleicht sagen, dass es ein noch größerer Liebesbeweis ist, wenn jemand sein Leben für seine Feinde lässt. Aber darum geht es hier nicht. Der Herr nennt seine Jünger seine Freunde. Kann es einen größeren Beweis der Liebe zu denen geben, die Er seine Freunde nennt, als dass Er sein Leben für sie lässt?

Auch wir können keinen größeren Beweis der Liebe zu unseren Freunden, unseren Geschwistern, erbringen, als dass wir unser Leben für sie hingeben. Das sind wir auch ihnen schuldig (1Joh 3:16). Doch was ist diese Theorie wert, wenn wir im täglichen Leben unser Herz vor den Nöten und Bedürfnissen der Kinder Gottes verschließen? In seinem ersten Brief weist Johannes daher auch darauf hin, wie sich diese Liebe praktisch äußert (1Joh 3:17). Christus tut das, indem Er auf den Gehorsam Ihm gegenüber hinweist. Liebe zu Christus und Gehorsam Ihm gegenüber gehören immer zusammen.

Er nennt uns zwar Freunde, aber das bedeutet nicht, dass wir Ihn als Kumpel behandeln. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir seine Schüler sind und dass Er unser Herr ist. Immer wird uns das Verhältnis zwischen Vorrecht und Verantwortung vorgestellt.

Der Herr spricht seine Jünger hier als bevorrechtigte Menschen an, die Er in seine Pläne einweihen will. Ein Herr legt seine Pläne nicht einem Knecht dar, sondern einem Freund. Ein Knecht muss einfach gehorchen, ohne eine Erklärung zu erwarten. Sein Herr ist ihm keinerlei Rechenschaft über einen Auftrag schuldig. Der Herr Jesus betont, dass Er uns Freunde nennt, indem Er uns den Grund dazu mitteilt. Wir sehen, dass Er in seiner Freundschaft viel weiter geht, als uns nur zum Gehorsam aufzufordern. Freund heißt Liebender. Er spricht seine Jünger in ihrer Liebe zum Vater an, einer Liebe, die auch Er hat.

Das Kennzeichen echter Freundschaft ist, dass man sich gegenseitig alles erzählen kann. Ein guter Freund hat kein Geheimnis. Christus führt uns deshalb in die Gedanken seines Herzens ein. Mit einem Freund teilt man die intimsten Gedanken, so wie Gott vor Abraham nicht verbarg, was Er tun wollte, und Abraham wurde Freund Gottes genannt (2Chr 20:7; Jes 41:8; Jak 2:23). Das tut Christus hier im Blick auf seine Jünger, und sogar auf einem höheren Niveau.

Er hat seinen Jüngern als seinen Freunden alles kundgetan, was Er von seinem Vater gehört hat. Was der Vater Ihm anvertraut hat, hat Er ihnen als seinen Freunden weitergegeben. Das ist doch wohl ein besonderer Beweis der Freundschaft. Und dann zu bedenken, dass nicht sie Ihn als Freund auserwählt hatten, sondern Er sie. Es ist ein großes Vorrecht, dass wir auserwählt sind. Und es ist zugleich eine große Verantwortung, dass wir dazu gesetzt sind, Frucht zu bringen.

Um dieses Vorrecht genießen und der Verantwortung entsprechen zu können, wird das Herz weg von dem Vorrecht und dem Segen auf Ihn als den Segnenden gerichtet. Wir dürfen Ihn um alles bitten, was zu bleibender Frucht führt. Es kommt alles von Ihm. In dem Namen des Herrn Jesus zu bitten, bedeutet hier, dass ein Herz bittet, das mit dem Sohn einsgemacht ist und das entsprechend der Ratschlüsse des Vaters bittet, wodurch die Erhörung sicher ist. Je tiefer und höher der Segen, desto größer ist die Notwendigkeit, zu bitten.

Der Herr schließt diesen Abschnitt, der in Joh 15:12 mit dem Gebot, einander zu lieben, begonnen hat, damit ab, dass Er in Joh 15:17 erneut dieses Gebot der gegenseitigen Liebe betont. Liebe zueinander ist das neue und stets wiederholte Gebot Christi für die Seinen (Joh 13:34). Zu lieben ist die Offenbarung der göttlichen Natur, so wie sie durch den Dienst des Heiligen Geistes in Christus vollkommen zu sehen ist. Das ist die Atmosphäre, in der die Frucht zur Ehre des Vaters wachsen und gedeihen kann.

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