Jonah 1:1-3

Einleitung

Jona ist der fünfte in der Reihe der zwölf kleinen Propheten. In den vier Kapiteln seines Buches lernen wir einen Propheten kennen, der sich selbst mehr Bedeutung beimisst als Gott.

Aber mehr als den Propheten, lernen wir den Gott dieses Propheten kennen. Als Jona ungehorsam ist, schiebt Gott ihn nicht beiseite. Jona bekommt eine zweite Chance von Gott. Jona tut, was Gott von ihm verlangt hat, wenn auch noch nicht mit seinem ganzen Herzen. Sein Egoismus setzt sich fort. Gott drängt Jona noch nicht zur Seite, sondern lehrt ihn neue Lektionen.

Wir dürfen zuhören, nicht als Zuschauer, sondern als Beteiligte, denn Jona ist in uns allen. Die Botschaft, die das Buch des Propheten Jona für uns enthält, ist nicht so sehr der Inhalt seiner Predigt an Ninive, sondern vielmehr die Geduld Gottes mit unserer Unwilligkeit zu gehorchen, zu tun, was Er uns sagt. In diesem Bibelbuch teilt Gott uns seine Überlegungen mit, damit wir bereit sind, Zeugen seines Namens zu sein.

Wer war Jona?

Von den „kleinen Propheten“ ist Jona zweifellos der Bekannteste. Zusätzlich zu dem, was wir in diesem Buch über ihn erfahren, lesen wir das Folgende in 2. Könige: „Er [König Jerobeam] stellte die Grenze Israels wieder her, vom Eingang Hamats bis an das Meer der Ebene, nach dem Wort des HERRN, des Gottes Israels, das Er geredet hatte durch seinen Knecht Jona, den Sohn Amittais, den Propheten, der von Gat-Hepher war” (2Kön 14:25). Daraus lässt sich schließen, dass er kurz vor oder während der Herrschaft Jerobeams II. (793-753 v. Chr.) als Prophet in Israel wirkte. Weiter lesen wir hier über ihn, dass er ein „Diener” des HERRN und „Prophet” ist. Der Herr Jesus spricht auch von ihm als „dem Propheten Jona” (Mt 12:39).

Höchstwahrscheinlich ist Jona der Autor des gleichnamigen Buches. Nur er konnte genau erzählen, was auf dem Schiff passiert (Jona 1), von seinem Aufenthalt im Fisch (Jona 2), von seiner Unzufriedenheit und seinen Äußerungen darüber gegen Gott (Jona 4).

Sein Name bedeutet „Taube”. Er muss mit einer Botschaft, die zum Frieden führt von der die Taube ein Symbol ist , in eine Stadt gehen, über die Gottes Gericht kommen muss. Aber Jona handelt nicht nach seinem Namen. Er sucht nicht den Frieden der Stadt. Wir werden später sehen, warum er das nicht tut.

Der Name seines Vaters, Amittai, bedeutet „zuverlässig” oder „die Wahrheit des HERRN”. Auch diesem Namen wird Jona nicht gerecht. Er ist kein zuverlässiger Diener des HERRN. Er flieht vor seiner Mission. Aber niemand kann vor Gott entkommen. Gott zwingt ihn, Ninive „die Wahrheit des HERRN” zu verkünden.

Er kommt aus Gat-Hepher in Sebulon (Jos 19:13), nördlich von Nazareth in Galiläa. Die Bemerkung der Feinde des Herrn Jesus, dass aus Galiläa kein Prophet aufsteht (Joh 7:52), ist daher eindeutig ein Irrtum.

Das Buch Jona, Ziel der Bibelkritik

Die große Bedeutung, die die Juden dem Buch Jona beimessen, zeigt sich darin, dass sie dieses Buch während des großen Versöhnungstages lesen. Bibelkritiker waren schon immer sehr interessiert an diesem Buch. Dieses Interesse kommt in den vielen Angriffen zum Ausdruck, die auf das Buch gemacht wurden.

So wurde behauptet, dass Jona nie gelebt habe. Andere haben gesagt, dass Jonas Geschichte das Produkt eines fantasievollen Geistes sei oder auf einer Legende basiere. Jemand hat gesagt, es brauche weniger Glauben, um diese einfache Geschichte zu akzeptieren, als die zahlreichen törichten Annahmen, die getroffen wurden, um ihr ihren übernatürlichen Charakter zu nehmen.

Jeder Angriff auf das Buch ist in der Tat ein Angriff auf den Herrn Jesus, der die Geschichtlichkeit dieses Buches vollständig bestätigt, indem Er sich darauf bezieht. Er tut dies zweimal (Mt 12:40; 41; Mt 16:4). So verweist Er auf viele weitere Ereignisse im Alten Testament, wie z. B. die Erschaffung von Himmel und Erde in sechs Tagen, die Institution der Ehe, die Flut, die Zerstörung von Sodom und Gomorra, die von den Menschen in Frage gestellt werden.

Für den Glauben reichen beide Hinweise des Herrn Jesus aus, um das Buch Jona als Teil der inspirierten Schriften zu betrachten. Jeder, der die Bezugnahme des Herrn Jesus auf Jona verwirft, und damit die Autorität seiner göttlichen Aussage über Jona in Frage stellt, leugnet auf eine brutale Weise seine Gottheit. Solche bibelkritischen Überlegungen sind keinesfalls harmlos und deshalb sollte ein Gläubiger sie unbedingt kompromisslos zurückweisen. Es ist die List des Teufels von Anfang: „Hat Gott wirklich gesagt?“ (1Mo 3:1).

Jona – Jakobus

Die Tatsache, dass das Buch Jona einen Platz im Alten Testament hat, ist genauso bemerkenswert wie der Brief von Jakobus im Neuen Testament.

1. Das Alte Testament ist besonders der Geschichte der gnädigen Absichten Gottes mit Israel gewidmet. Doch im Buch Jona finden wir eine Geschichte von Gottes barmherzigem Umgang mit Heiden.

2. Das Neue Testament entfaltet Gottes Ratschläge für die Gemeinde. Doch wir finden im Brief des Jakobus einen Brief, der sich an die zwölf Stämme in der Zerstreuung richtet, also an das ganze Volk Israel.

Durch das Buch Jona erfahren wir, dass Er in der Zeit, in der Israel im Mittelpunkt des Handelns Gottes steht, auch ein Herz voller Mitgefühl für die Nationen außerhalb des auserwählten Volkes hat. Das Buch bezeugt, dass Gott auch der Gott der Nationen und nicht nur der Juden ist (Röm 3:29). Es ist das große Missionsbuch des Alten Testaments. Jona ist, soweit wir wissen, der einzige Prophet, der zu den Heiden gesandt wurde, mit einer Botschaft speziell für die Heiden. Aus dem Brief des Jakobus lernen wir, dass obwohl Gott jetzt ein völlig neues, himmlisches Volk besitzt, die Gemeinde, bestehend aus den Gläubigen Israels und der Nationen, Er sein altes irdisches Volk Israel nicht vergisst.

Die Lektion von Jona

Dieses Buch enthüllt die Überlegungen des Herzens eines Menschen, der gläubig und zugleich ein Diener Gottes ist. Der Grund, warum Jona nicht nach Ninive gehen will, ist nicht, weil er Angst vor der Stadt hat, sondern weil er Gott zu kennen glaubt. In diesem Buch wird in beeindruckender Weise das Herz Gottes offenbart. Doch Jona lebt nicht im Einklang mit Gottes Gedanken, denn er teilt Gottes Güte und Barmherzigkeit nicht. Der Gedanke an seine eigene Bedeutung überschattet alles. Weil er dieses Herz Gottes in Wahrheit nicht kennt, kennt er Gott auch nicht wirklich.

Das Buch gibt uns viel Einblick in den Charakter und das Leben des viel diskutierten und oft verachteten Propheten. Unter der Führung des Heiligen Geistes schreibt er über sich selbst auf eine Weise, wie es der Mensch auf natürliche Weise nicht täte. Ohne jede Entschuldigung veröffentlicht Jona seine falsche Gesinnung und sein falsches Verhalten. Hätte wohl jemand einen so ehrlichen Bericht veröffentlicht wie Jona? Jeder in seinem Bericht steht besser da als er selbst.

Jona ist auch nicht einfach nur irgendjemand. Der HERR hat ihm sein Zeugnis anvertraut. Und gerade in dieser Person mit einer so hohen Berufung kommt eine sehr niedere Eigenschaft der menschlichen Natur zum Ausdruck. Diese niedere Eigenschaft ist die, dass er durch die wichtige Botschaft, die er bringen muss, selbst wichtig sein will. Er will die ihm übertragene Aufgabe nur dann erfüllen, wenn er selbst an Bedeutung gewinnt. Als Ergebnis dieser Eitelkeit und dieses Stolzes kann er es nicht ertragen, dass Gott anderen Menschen Gnade erweist.

Jünger des Herrn

Menschen mit einer Einstellung wie Jona können es nicht haben, dass Gott seine Gedanken oder sein Wesen durch andere Menschen offenbart. Sie selbst müssen Mittelpunkt sein, sie selbst müssen die Ehre haben. Alle ihre Gedanken über Gott sind auf ihre persönliche Sichtweise beschränkt. Diese Sichtweise ist, dass die Botschaft ihnen und niemand anderem anvertraut wird.

Die gleiche Haltung finden wir bei einigen Jüngern des Herrn Jesus (Lk 9:54). Als sie mit dem Herrn in ein samaritanisches Dorf kamen, wurden sie abgelehnt! Das kann es nicht geben, Feuer muss vom Himmel kommen! Das wäre ihrer Meinung nach die einzig richtige Antwort auf diese grobe Beleidigung. Nun, sie bitten des Anstands wegen noch eben den Herrn um Genehmigung. Doch inzwischen haben sie den natürlichen Gefühlen ihrer Herzen Raum gegeben.

Es scheint, als ob sie sich für den Herrn einsetzen, aber in Wirklichkeit wollen sie Rache für diese Reaktion, weil sie sich selbst abgelehnt fühlen. Die Ausübung von Rache geschieht durch die Offenbarung von Macht. Auf diese Weise wollen sie zeigen, dass sie wichtig sind, dass die Macht bei ihnen liegt und nicht bei denen, die sich weigern den Herrn zu empfangen.

Jona: Das bin ich.

Wenn wir in Jona und in den Jüngern nicht etwas von uns selbst erkennen, brauchen wir nicht weiterlesen. Dann enthält dieses Buch des Propheten keine Botschaft für uns. Dieses Buch macht deutlich, dass diejenigen, die mit Gott selbst verbunden sind, sich seiner Macht unterwerfen und sich seiner Gnade beugen müssen. Wenn diese Unterwerfung nicht vorhanden ist, führt das Bewusstsein der Gunst Gottes zu Untreue und Selbstverherrlichung.

Genau wie Jona sind wir in der Lage, die Privilegien, die Gott uns gibt, zu unserer eigenen Ehre zu nutzen. Wenn das passiert, sind wir selbst oft blind dafür. In solchen Fällen verdeckt unser Verhalten das Wissen darüber, wer Gott in sich selbst ist. Eine zusätzliche Auswirkung eines solchen Umgangs mit dem Besitz geistlicher Privilegien ist die Entstehung eines harten Parteigeistes. Schauen wir uns die Pharisäer an, wie wir sie in der Schrift sehen und danach schauen wir selbst in einen Spiegel. Was sehen wir da? Jeder, der sich ein wenig kennt und ehrlich ist, wird zugeben, dass in ihm etwas von einem Pharisäer zu finden ist.

Wenn wir weiterlesen, weil wir von Jona, den Jüngern und den Pharisäern noch etwas in uns selbst entdecken wollen, werden wir eine weitere große Entdeckung machen. Vor allem werden wir sehen, wie sich Gott in seiner Gnade zeigt, sowohl für Ninive, einschließlich Kinder und Vieh, als auch für seinen verirrten Diener Jona. Das können wir dann auch auf uns selbst anwenden. Das Ergebnis wird sein, dass wir Gott für seine große Gnade preisen, in der er sich um uns gekümmert hat.

Ein prophetisches Buch?

Es kann überraschend sein, dass es keine Prophezeiung in dem Buch gibt. Es enthält buchstäblich nur eine Prophezeiung, in Jona 3 (Jona 3:4). Und es ist offensichtlich, dass sie nicht erfüllt wird. Der Rest des Buches beschreibt die Einstellung des Propheten zu Gott und die Art und Weise, wie Gott mit ihm umgeht.

Aber das Besondere an diesem Buch ist, dass die Geschichte selbst Prophezeiung ist. Die Geschichte gibt prophetische Wahrheiten in Form von Ereignissen wieder. Die Prophezeiung wird darin abgebildet. So ist Jona ein Bild von Israel. Ein alter orthodoxer Jude beantwortete die Frage, warum Jona jeden großen Versöhnungstag in der Synagoge gelesen wird: „Wir sind Jona.” In der Person Jona wird die ganze Geschichte Israels erzählt.

Der Herr Jesus bezieht das, was mit Jona geschieht, auf seinen Tod und seine Auferstehung (Mt 12:39-41). Als Er das Zeichen Jona erklärt, weist er zuerst auf seinen Tod hin (Mt 12:40), den Er mit Jonas Aufenthalt im Fisch verbindet. Dann verweist er auf seine Predigt und ihre Folgen in Ninive (Mt 12:41). Das Zeichen Jonas, von dem der Herr gesprochen hat, bedeutet, dass nach seinem Tod und seiner Auferstehung die Predigt zu den Heiden gehen wird. Dies ist ein schwerer Vorwurf an diejenigen, zu denen der Herr spricht, die aber nicht auf Ihn hören.

Der Herr benutzt die Geschichte Jonas im Fisch und seine anschließende Predigt als Zeichen dessen, was das Volk Israel erwartet. Sie wollen nicht auf den hören, der mehr ist als Jona. Die Männer von Ninive hören auf Jona. Im Gericht werden sich die Männer von Ninive erheben, um das rebellische Volk zu verurteilen, zu der der Herr Jesus kam. So gibt der Herr eine prophetische Botschaft als Antwort auf das, was mit Jona geschieht.

Das zweite Mal, als der Herr Jesus auf Jona verweist (Mt 16:4), tut er dies mit der Absicht, seinen Gegnern zu zeigen, dass das Gericht unmittelbar bevorsteht. Das Zeichen Jonas bedeutet hier, dass Israel im Begriff war, in das Meer der Nationen geworfen zu werden. Matthäus fügt vielsagend hinzu: „Und er verließ sie und ging weg.”

Jona als Bild für Israel

Israel wurde, genau wie Jona, von Gott erwählt, um sein Zeuge für die Völker um sie herum zu sein (Jes 43:10-12; Jes 44:8). Aber Israel hat die Wahrheit Gottes, die sie hätten verkündigen müssen, nur für sich selbst verwendet. Die Wahrheit Gottes gefällt uns, wenn wir uns damit bekleiden können, um unsere eigene Bedeutung zu erhöhen. So war es auch mit Israel. Das Volk Israel war das Gefäß des Zeugnisses Gottes in der Welt und rühmte sich damit, weil es selbst mit Ehre bekleidet war. Deshalb war es für die Juden unerträglich, dass den Heiden Gnade geschenkt wurde. Wie Jona war Israel nicht bereit, seine Aufgabe als Zeuge zu erfüllen, sondern war stattdessen stets ungehorsam (Ri 2:11-19).

Durch die Flucht will sich Jona dem Auftrag zur Verkündung entziehen. Er missgönnt der großen heidnischen Welt die göttliche Barmherzigkeit, weil er befürchtet, dass seine Verkündigung der Buße Ninive sie vor der drohenden Zerstörung bewahren wird (Jona 4:2). Das ist genau das, was er nicht will. Er will, dass diese Heiden untergehen. Darin spiegelt Jona die Haltung Israels gegenüber den Nationen wider (1Thes 2:14-16).

Aber Jona kann nicht mit einem falschen Propheten gleichgesetzt werden, der aus seinem eigenen Herzen weissagt. So wie Jona im Meer verschwand, so ist auch Israel unter den Nationen verstreut. Dadurch haben die Nationen Gott kennengelernt (Röm 11:11).

Jona wird auf wundersame Weise in dem Fisch bewahrt. So hat Gott Israel durch alle Zeitalter hindurch erhalten und so werden sie in ihr Land zurückkehren (Hos 3:3; Jer 30:11; Jer 31:35-37). Jona musste lernen, dass er genauso sehr von der Gnade Gottes abhängig ist wie Ninive. Auch Israel muss das noch lernen (Röm 11:32).

Einteilung des Buches

I Der ungehorsame Prophet (Jona 1:1-16; Jona 2:1-11)

1. Die Flucht (Jona 1:1-3)

2. Der Sturm (Jona 1:4-6)

3. Die Verantwortung von Jona (Jona 1:7-10)

4. Jona verworfen (Jona 1:11-16).

5. Die Bewahrung von Jona (Jona 2:1)

6. Ein Psalm der Danksagung (Jona 2:2-10)

7. Die Befreiung (Jona 2:11)

II Der ungleiche Prophet (Jona 3:1-10; Jona 4:1-11)

1. Die Predigt von Jona (Jona 3:1-4)

2. Die Bekehrung Ninives (Jona 3:5-10)

3. Jonas Unmut (Jona 4:1-4)

4. Jonas Zurechtweisung (Jona 4:5-9).

5. Die Barmherzigkeit Gottes (Jona 4:10-11)

Einleitung

Jona will dem Auftrag des HERRN, gegen Ninive zu predigen, entkommen. Deshalb will er nach Tarsis fliehen. Dafür findet er in Japho ein Schiff (Jona 1:1-3). Aber der HERR schickt einen schweren Sturm. Das Schiff steht in Gefahr zu zerbrechen. Jona muss zugeben, dass der Sturm seinetwillen aufgekommen ist (Jona 1:4-10). Auf Wunsch der Besatzung gibt er an, was zu tun ist, um den Sturm zu stoppen: Würde er ins Meer geworfen, würde das Meer ruhig (Jona 1:11-16). Der HERR kümmert sich weiter um ihn, indem er einen großen Fisch schickt, der ihn verschlingt.

Der HERR spricht

Es ist nicht das erste Mal, dass das Wort des HERRN zu Jona kommt. Er ist sozusagen kein Neuling; er kennt die Stimme des HERRN. Wie bereits gesagt wurde, ist er ein Prophet in der Zeit, in der Jerobeam II. König ist oder bald König werden wird. Er durfte prophezeien, dass das verlorene Gebiet Israels zurückerobert wird (2Kön 14:25).

Er wird keine Mühe gehabt haben, diese gute Nachricht zu übermitteln. Im Gegenteil, dass wird er als sehr angenehm empfunden haben. Es war natürlich für einen echten Israeliten eine enorm schöne Prophezeiung, die er aussprechen durfte. Mit einer solchen Botschaft gehst du gerne zu deinen Volksgenossen. Er wird nicht den Namen eines „Unheilpropheten” gehabt haben, so wie einige seiner Mitpropheten genannt wurden.

Auf welche Weise das Wort des HERRN zu ihm kommt, wird nicht berichtet. Das ist übrigens nicht so selten. Es gibt viele Propheten, die nichts darüber sagen. Irgendwie ist Jona klar geworden, dass der HERR will, dass er nach Ninive geht, um zu predigen.

Auch heute will der Herr jedem von uns klar machen, was er zu tun hat, wohin er gehen muss, was er zu sagen hat. Er spricht durch das Wort, das wir in unseren Händen halten. Wenn wir dieses Buch im Gebet lesen, werden wir hören, was Er zu uns sagt. Nicht nur, dass wir dann allgemein verstehen, wie Er will, dass wir leben. Wir werden auch seinen spezifischen Auftrag hören, den Er für jeden von uns persönlich hat. Dies geschieht nicht durch das Hören übernatürlicher Stimmen, es ist keine schwebende und emotionale Sache. Wer beim Lesen seines Wortes dem Herrn gegenüber wahrhaftig und unterwürfig ist, wird durch sein Wort verständlich und deutlich von Ihm hören, was Er will.

Der Auftrag

Der Auftrag, den er jetzt erhält, unterscheidet sich von dem, von welchem wir in 2. Könige 14 (2Kön 14:25) lesen. Diesmal ist es weder eine Botschaft, die ein Mann gerne auf die Straße bringt, noch eine Botschaft, auf die die Menschen warten und die den Prediger zu einem angesehenen Mann macht. Er muss jetzt wohl Unheil predigen.

Das wäre nicht angenehm, wenn es um sein eigenes Volk ginge. Aber er wird nicht zu seinem eigenen Volk geschickt. Er muss nach Ninive gehen, der Hauptstadt des assyrischen Reiches. Das ist eine Stadt mit langer Tradition. Sie wird erstmals in 1. Mose 10 (1Mo 10:11) erwähnt. Sanherib machte die Stadt zur Hauptstadt. Die Meder und Perser zerstörten sie 612 v. Chr.

Dass Jona dorthin gehen muss, ist sicherlich einzigartig. Es ist noch nie zuvor geschehen, zumindest nicht nach dem, was wir in der Schrift finden, dass ein Prophet mit einer Botschaft von Gott zu den Heiden gesandt wurde. Aber es ist nicht Aufgabe eines Dieners Gottes, den Ort seines Dienstes zu bestimmen, noch das, was er predigen soll.

Der HERR macht ihn, indem Er ihn dorthin schickt, zu einem Teilhaber seiner Motive. Er erzählt Jona, dass die Bosheit der Stadt vor Gott bis in den Himmel heraufgestiegen ist (vgl. 1Mo 18:21; 1Mo 5:12). Etwas Gutes ist nicht vorhanden. Die Stadt ist durch und durch korrupt. Für Ninive bleibt nichts anderes übrig als das Gericht.

Es ist einwohnermäßig eine große Stadt. Es ist zudem eine Stadt mit einem enormen Reichtum (Nah 2:9). Die große Einwohnerzahl und der Reichtum sorgen dafür, dass ihre Macht und ihr Einfluss auf das Weltreich, dessen Hauptstadt sie ist, sehr groß ist. Groß ist aber auch die Bosheit ihrer Bewohner, die in Auflehnung gegenüber Gott leben. Gott kann es nicht mehr ertragen. Das Gericht muss angekündigt werden.

Jona flieht

Jona hat keine Lust auf diesem Auftrag. Das an sich ist kein schockierendes oder neues Phänomen. Mose hatte auch seine Einwände, als Gott ihn berief (2Mo 3:10-14; 2Mo 4:1-17), und auch Gideon freute sich nicht, als Gott ihn berief (Ri 6:11-24). Aber bei ihnen gab es andere Motive als bei Jona.

Diener des HERRN, Propheten, sind keine Maschinen. Sie können dem Willen Gottes widerstehen. Bei Mose und Gideon war es ein Gefühl der Unfähigkeit. Sie fühlten sich nicht in der Lage, die große Aufgabe, die ihnen übertragen wurde, zu erfüllen. In Jonas Fall aber ist es ein offener Unwille, der auf Stolz basiert. Dies gibt Jona die zweifelhafte Ehre, der einzige Prophet zu sein, der Gott gegenüber offen ungehorsam ist, ein Prophet, der sich schlicht weigert, dem Befehl nachzukommen.

Der HERR hätte Jona aufhalten können. Doch Er lässt ihn gehen, aber ohne ihn aus den Augen zu verlieren. Er lässt ihn so weit gehen, wie Er es für notwendig hält. Wer den Weg des Gehorsams verlässt, verlässt zwangsläufig die Gegenwart des HERRN. Nicht, dass der Herr für einen solchen Menschen nicht mehr existiert, sondern das Herz verliert das Bewusstsein seiner Gegenwart und das kann auch nicht anders sein. Der Herr geht nie mit auf einen Weg der Untreue.

Jonas Ziel steht fest. Er will nicht nach Ninive, sondern in die entgegengesetzte Richtung, nach Tarsis. Wo genau Tarsis gewesen ist, lässt sich nicht mehr feststellen. Es soll in Spanien gewesen sein, also im Westen, während Ninive im Osten war. Warum er gerade nach Tarsis gehen will, wird nicht erwähnt.

Er „fand ein Schiff”, lesen wir. Dies deutet darauf hin, dass er bewusst auf die Suche nach einem Schiff gegangen ist, das ihn zu seinem selbstgewählten Ziel führen könnte. Er muss es als Bestätigung gesehen haben, dass er in Japho – also im heutigen Jaffa, das im Neuen Testament Joppe genannt wird (Apg 9:36; 43) – ein Schiff findet, das nach Tarsis auslaufen wird. Er hat also „Glück gehabt“, die Umstände könnten nicht besser sein.

Solche „Glücksfälle” geben einem Menschen, der hartnäckig beabsichtigt, seinen eigenen Weg zu gehen und dabei gegen den Willen des Herrn handelt, ein wunderbares Gefühl. Wir alle sind Meister darin, eine eigenwillige Art und Weise zu rechtfertigen, Dinge zu tun, von denen wir wissen, dass sie gegen das Wort Gottes sind, diese anhand von glücklichen Umständen schön zu reden. Dies tarnt unseren Ungehorsam gegenüber dem Wort Gottes. Die Tatsache, dass man auf einem Weg des Ungehorsams Gelingen hat, ist nie ein Beweis für den Segen des Herrn.

Jonas Weg ist ein Weg, der nach unten führt. Er ging zuerst nach Japho hinab und dann steigt er hinab in den unteren Schiffsraum (Jona 1:5) sowie später dann tief ins Meer (Jona 2:6). Japho bedeutet „Schönheit” oder „Unterwerfung”. „Schönheit“ scheint ein geeigneter Abfahrtsort zu sein, aber er führt zur Gebundenheit. Jona geht davon aus, dass das Schiff ihn im Schlaf zu seinem Ziel bringt, wenn Gott nicht eingreift. Doch so leicht kommen wir aus der Gegenwart des Herrn nicht heraus.

Das Angesicht des HERRN zu verlassen, ist ein bewusster Akt und daher Sünde. Es bringt Jona in die dunkle Gesellschaft von Kain, der auch vom Angesicht des HERRN wegging (1Mo 4:16).

Vielleicht sollten wir nicht denken, dass Jona sich vor Gott verstecken wollte. Vermutlich kannte er Psalm 139 gut, wodurch er wusste, dass dies unmöglich war (Ps 139:1-4). Aber für jemanden, der bewusst nicht gehorcht, verliert das Wort Gottes seine reinigende und heilende Wirkung. Jona wollte nicht tun, was Gott ihm befohlen hatte. Deshalb verließ er das Land, in dem Gott wohnte. „Weg vom Angesicht des HERRN” bedeutet auch „weg vom Land des HERRN”.

Jona flieht nicht aus Angst vor Schwierigkeiten, auf die er während seines Dienstes stoßen könnte, sondern aus Angst, dass der HERR der Stadt Ninive Gnade erweist. Als Jude missgönnt er diese Gnade den Heiden. Diese Missgunst der Gnade gegenüber Heiden findet sich mehrmals in den Evangelien und in der Apostelgeschichte. Die Pharisäer sind wütend, als der Herr Jesus in seinen Gleichnissen von der Gnade für die Heiden spricht (Mt 21:33-46). Die Juden werden wild, als Paulus darüber spricht (Apg 22:17-22).

Aber es sind nicht nur die ungläubigen Pharisäer und Juden, die ihren Unmut zeigen, wenn es um die Gnade für die Heiden geht. Es bedurfte einiger Bemühungen des Herrn Jesus, um einen Petrus davon zu überzeugen, auch zu einem Heiden zu gehen (Apg 10:1-16). Glücklicherweise ließ sich Petrus überreden und erfüllte den Auftrag (Apg 10:17-23). Doch der Hintergrund ist immer derselbe: Wenn die Heiden das Heil annehmen würden, wäre die privilegierte Stellung Israels vorbei, denn das Heil hat der HERR ihrer Überzeugung nach ausschließlich ihnen offenbart und das betrachten sie als exklusives Vorrecht.

Als Jude kann Jona es nicht mitansehen, dass eine heidnische Stadt so bevorzugt wird, dass sie an der Barmherzigkeit und Erlösung Gottes teilhat. Als Prophet kann er nicht danebenstehen und zusehen, wie sein Wort nicht wahr wird, und das sogar vor den Augen dieser unbeschnittenen Menschen. Er muss predigen, dass Gott nach vierzig Tagen die Stadt umkehren wird. Dies wird jedoch nicht geschehen, wenn sie ihre Schuld bereuen. Jona weiß das. Aber er will nicht mit einem falschen Propheten verwechselt werden. Das wird der Fall sein, wenn sich die Stadt bekehrt. Seine Worte werden sich nicht erfüllen. Die Stadt wird nicht auf den Kopf gestellt werden, obwohl er gerade das gepredigt hat.

In 2. Könige 14 wurde Jona als Bote auserwählt, um die Barmherzigkeit Gottes in den Tagen zu verkünden, als Israel unter dem schrecklichen Joch des Feindes stöhnte (2Kön 14:25). Jona war zu diesem Zeitpunkt der Überbringer guter Nachricht für sein Volk. Das hat er sicher gerne getan. Aber in seinem Stolz kann er keine Aufgabe annehmen, die nur für die Völker bestimmt ist und durch die auch ihnen die Barmherzigkeit Gottes gegeben wird. Er weiß, dass Gott barmherzig ist (Jona 4:2).

Jona bezahlt den Preis für die Überfahrt. Es gibt immer ein Preisschild an dem Weg, der von Gott wegführt. Der Preis ist der Verlust des Selbstwertgefühls, die Entbehrung der Gegenwart Gottes und die Verletzung des eigenen Gewissens. Doch dieser Preis wird am Ende bezahlt, wenn man dem Hochmut und den Begierden nicht widerstehen will. Wenn wir das alles in Kauf nehmen und den Herrn bewusst verleugnen, gelingt es uns trotzdem nicht, unsere egoistischen Ziele zu erreichen. Wir werden früher oder später vom Schiff unserer Wahl ins Meer geworfen werden.

Dann bringt uns Gott zurück an Land auf seine Kosten und in einem Schiff seines Fabrikats. Der Morgen der Abreise kann sonnig und schön aussehen, alles scheint in Ordnung zu sein, aber Gott kann einen Sturm für den Ausreißer schicken, um ihn zu sich selbst zurückzubringen. Diese Gnade und Güte Gottes ist wunderbar!

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