‏ Mark 12:33

Das große Gebot

Der Schriftgelehrte, der jetzt das Wort ergreift, hat eine gute Meinung vom Herrn Jesus. Er hat dabeigestanden und zugehört. Er erkennt auch an, dass der Herr gut geantwortet hat. Er scheint ehrlich zu sein ist und braucht nicht zu den Heuchlern gezählt zu werden. Er kommt mit einer Frage, die der Herr beantwortet. Der Herr urteilt, dass der Mann verständig spricht, und sagt zu ihm, dass er nicht weit vom Reich Gottes entfernt ist (Mk 12:34).

Der Herr antwortet nicht, indem Er einfach das erste der Zehn Gebote zitiert. Er deutet „erste“ als das höchste, das wichtigste Gebot. Deswegen antwortet Er mit dem Bekenntnis, das Er selbst in 5. Mose 6 hat aufschreiben lassen (5Mo 6:4; 5). Jahwe, der HERR, der Bundesgott, ist ein einiger HERR. Er ist „unser“ Gott. Er ist der gemeinsame Gott seines Volkes. Er ist der drei-eine Gott und zugleich vollkommen „einer“. Er kennt keine unterschiedlichen Darstellungs- oder Erscheinungsformen. Er ist in all seinem Handeln vollkommen konsequent wiederzuerkennen. Er ist absolut souverän und mit niemandem zu vergleichen.

Der Gott, der so vollkommen „einer“ ist und alles andere ausschließt, hat ein Recht auf die uneingeschränkte Liebe und Hingabe seines Volkes (und jedes Menschen). Das ist das erste Gebot. Damit macht der Herr deutlich, was es bedeutet, Gott das zu geben, was Ihm zukommt (Mk 12:17), nämlich dass wir uns selbst Ihm ganz geben und Ihm dienen mit allem, was wir sind und haben (Röm 12:1). Der Mensch ist verpflichtet, Gott mit seinem ganzen Herzen, dem inneren Menschen, zu dienen, mit seiner ganzen Seele, also mit all seinen Empfindungen, mit seinem ganzen Verstand, also mit all seinen Überlegungen, und mit seiner ganzen Kraft, das sind alle seine körperlichen Kräfte. Wer das tut, wird alle Zehn Gebote halten.

Das zweite Gebot handelt von der Liebe gegenüber dem Nächsten. Hier heißt es nicht „mit deinem ganzen Herzen“ usw., sondern „wie dich selbst“. Beide Gebote bilden eine Einheit. Der Herr sagt daher auch nicht: „Es gibt keine anderen Gebote als diese zwei“, sondern: „Größer als diese ist kein anderes Gebot.“ Es ist unmöglich, Gott zu lieben und deinen Nächsten zu hassen, und genauso unmöglich ist es, deinen Bruder zu lieben, ohne Gott zu lieben (1Joh 4:20). Wenn die Liebe zu Gott unser Leben kennzeichnet, kann es nicht anders sein, als dass die Liebe Gottes in uns ist.

Nach dem Gesetz ist das unmöglich. Israel hat darin dann auch versagt, und jeder Mensch, der es durch das Halten des Gesetzes versucht, versagt ebenso. „Hierin ist die Liebe: nicht dass wir Gott geliebt haben, sondern dass er uns geliebt und seinen Sohn gesandt hat als Sühnung für unsere Sünden“ (1Joh 4:10). Darum geht die Gnade viel weiter als das Gesetz. Die Gnade führt zu völliger Selbstverleugnung. Die Gnade Gottes, die einen Christen der Offenbarung Gottes in Christus gleichförmig macht, bringt jemanden dazu, sogar sein Leben für seinen Bruder hinzugeben (1Joh 3:16).

Diese Belehrung über die Liebe gehört ebenfalls zum Tempelunterricht des Herrn. Er zeigt hier, dass das Haus Gottes ein Haus der Liebe ist, wo wir Gott und einander lieben.

Auch diese Antwort des Herrn wird von dem Schriftgelehrten als gut anerkannt, ohne irgendeine falsche Unterstellung oder Zeichen von Ärger. Er bestätigt das, was Er gesagt hat. Das ist der Anfang des Weges zu Gott. Der Schriftgelehrte anerkennt in seinem Gewissen, dass Gott und den Nächsten zu lieben viel mehr ist als alles, worauf die Juden so sehr den Nachdruck legen und was für sie so bedeutend ist: äußere Formen und Zeremonien des Gesetzes.

Die Reaktion des Herrn macht deutlich, dass der Schriftgelehrte zwar erkennt, was das Gesetz ist, doch nicht, was in Christus ist. Deshalb ist er zwar dem Reich nahe, steht aber doch noch völlig draußen, denn nur Gnade bringt jemanden hinein.

Damit sind die Streitgespräche zu Ende gekommen. Die Wahrheit hat in jeder Hinsicht gesiegt, und der Mensch ist in jeder Hinsicht durch die Wahrheit verurteilt und zum Schweigen gebracht worden.

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