Numbers 6:1-8

Einleitung

Gott hatte einen bestimmten Stamm für sich abgesondert, den Stamm Levi. Aber Gott handelt nicht nach Belieben. In diesem Kapitel gibt Er Anweisungen, die es ermöglichen, dass jeder Israelit, der es will, sich Ihm weiht.

Nach der Untreue des Volkes, vorgestellt im Bild der untreuen Frau im vorigen Kapitel, folgt hier die andere Seite. Hier geht es um jemanden, der sich persönlich völlig und freiwillig dem HERRN weihen will. Wenn der Zustand so geworden ist wie bei der untreuen Frau, ein Bild der Abweichung des ganzen Volkes, spricht Gott über den Einzelnen aus seinem Volk. Das finden wir auch in Offenbarung 2 und 3. Nach dem Abweichen der ganzen Gemeinde wird hier das Wort an den Einzelnen gerichtet: „Wer überwindet“ (Off 2:7b; 11b; 17b; 26a; Off 3:5a; 12a; 21a).

Was in dem Nasir vorgestellt wird, ist ein Bild von dem, was das ganze Volk für den HERRN hätte sein sollen, was es aber leider nicht gewesen ist. Israel hat sich nicht für Gott abgesondert. Es ist wohl durch einen gottesfürchtigen Überrest inmitten des Volkes verwirklicht worden. In Apostelgeschichte 2 sehen wir etwas davon. Inmitten des Volkes, das den Herrn Jesus verworfen hat, entsteht eine Gesellschaft, geformt vom Heiligen Geist, die von „den großen Taten Gottes“ redet (Apg 2:11).

Das Nasirgelübde

Ein Nasir ist ein Abgesonderter. Absonderung ist nicht negativ, ist kein Ziel als solches, sondern es geht um Absonderung für den HERRN. Der Herr Jesus war der wahre Nasir, nicht im wirklichen Sinn, aber in der wahren Bedeutung. Er hat wohl Wein getrunken, und wir lesen nicht, dass Er langes Haar gehabt hatte. Er hat auch Tote angerührt. Das zeigt, dass Hingabe eine innere Sache ist. Die äußerlichen Kennzeichen sollen davon die sichtbaren Zeichen sein. Wo das nicht der Fall ist, ist es Heuchelei, Pharisäertum.

Wenn der Nasir ein Gelübde tat (vgl. 2Chr 17:16), geschah das für eine bestimmte Zeit. Es gab auch Personen, die es ihr Leben lang waren, wie Simson, Samuel und Johannes der Täufer. Als solche wurden sie bereits vor ihrer Geburt bezeichnet (Ri 13:5; 14; 1Sam 1:11; Lk 1:15). Sie waren es buchstäblich. Im gewissen Sinn waren die Rekabiter auch Nasir (Jer 35:1-19).

Ob es viele gewesen sind, die sich dem HERRN als Nasir geweiht haben, ist nicht klar. Es ist möglich, dass der dritte Vers in 4. Mose 30 auch auf das Nasirgelübde hinweist (4Mo 30:3). Es hat wohl etliche gegeben (Amos 2:11; 12; Klgl 4:7; 8, wo statt „Fürsten“ auch „Nasir“ übersetzt werden kann). Möglicherweise gab es das schon, bevor das Gesetz gegeben wurde. Die Sache als solche scheint bekannt gewesen zu sein. Joseph wird in 1. Mose 49 der „Abgesonderte [buchstäblich: Nasir] unter seinen Brüdern“ genannt (1Mo 49:26).

Es scheint, dass in dem Gespräch, das Jakobus und Paulus in Jerusalem führen, auch auf das Nasirgelübde hingedeutet wird (Apg 21:23-26; Apg 18:18). Dass auch Paulus sich damit befasst, ist nicht in Übereinstimmung mit seiner Berufung und mit seinem Dienst. Der Christ steht nicht unter Gesetz und soll sich auch nicht darunter stellen (Röm 6:14). Das Ablegen von Gelübden passt nicht zu seiner Stellung.

Nichts vom Weinstock essen

Für die vollkommene Weihe gibt Gott seine Vorschriften, seine Normen bekannt. Der Geweihte sonderte sich ab

1. vom Weinstock, der von Freude spricht,

2. von seinen Rechten als Mann, was in seinen langen Haaren zum Ausdruck kommt und

3. von allem, was mit dem Tod zu tun hat.

Es ist hier nicht nur eine Absonderung von allem, was verunreinigt, sondern auch von dem, was das Beste aus der Natur ist und dem, was Gott darin gegeben hat.

Wein ist ein Bild der irdischen Freude. Wein erfreut das Herz von Gott und Menschen (Ri 9:13; Ps 104:15a). So lesen wir auch von einem Trankopfer aus Wein, was von der Freude spricht, die Gott an dem Opfer seines Sohnes gefunden hat. Wein spricht von dem, was Gott in der Natur gegeben hat. Davon enthält sich der Nasir freiwillig. Die Natur wird nicht verurteilt. Das würde falsch für einen Christen sein. Was Gott geschaffen hat, ist gut, und nichts daran ist verwerflich, „wenn es mit Danksagung genommen wird; denn es wird geheiligt durch Gottes Wort und durch Gebet“ (1Tim 4:4-5). Aber es gibt einen Weg, der höher ist, und Gott gibt dem, der ihn gehen will, sowohl die Bedingungen als auch die Kraft dazu.

Der Christ ist nicht tot für die natürlichen Dinge. Gerade in den Briefen, in denen die christliche Stellung am ausführlichsten beschrieben wird (der Brief an die Epheser und der Brief an die Kolosser), wird auch am ausführlichsten auf die Verpflichtung in den irdischen Verhältnissen eingegangen.

Der Herr Jesus ist jetzt im Himmel, getrennt von allem, was auf der Erde ist, auch von dem natürlichen Umgang, den Er auf der Erde mit seinen Jüngern hatte. Im Blick darauf sagte Er, dass Er nicht mehr von dem Gewächs des Weinstocks trinken würde. Er wird wieder davon trinken, wenn Er wiederkommt, um sein Königreich aufzurichten, worin seine Jünger dann auch mit Ihm regieren würden (Mt 26:29). Er wird nicht immer Nasir bleiben. Er wird sagen: „Esst, Freunde, trinkt und trinkt euch fröhlich, Geliebte“ (Hld 5:1b).

Langes Haar

Das lange Haar ist für einen Mann eine Unehre und für eine Frau eine Zierde (1Kor 11:14; 15). Das gilt in dieser Zeit, der Zeit der Gemeinde. Der Mann stellt die Autorität Gottes auf der Erde dar. Dazu passt nicht das Zeichen der Abhängigkeit und der Unterwürfigkeit. Wenn Gott dem Nasir aufträgt, das Haar lang wachsen zu lassen, zeigt uns das, dass der Platz der Autorität aufgegeben wird, um einen Platz völliger Unterwerfung einzunehmen. In den Augen der Menschen ist das kein Platz der Ehre, wohl aber in den Augen Gottes.

Die Stärke Simsons lag in dem langen Haar seiner Nasirschaft (Ri 13:4-7). Der Platz der Abhängigkeit und Unterwerfung ist immer ein Platz der Stärke. Als er sich nicht mehr abhängig von Gott verhielt, sondern sich abhängig von einer Frau machte, verlor er mit dem Haar seine Kraft (Ri 16:17-21).

Keine Leiche anrühren

Durch die Berührung mit dem Tod wird der Nasir verunreinigt. Der Tod ist die Folge und der Beweis der Sünde (1Mo 2:17; Röm 6:23a). Der Tod beinhaltet alles das, was nicht in Verbindung mit dem lebendigen Gott steht.

Der Herr Jesus hat sich nicht wie die Pharisäer von den Toten abgesondert (Pharisäer bedeutet „Abgesonderter“). Er verachtete die Ungläubigen nicht, Er aß mit den Zöllnern und Hurern. Aber Er wurde dadurch nicht verunreinigt. Innerlich war Er vollkommen von ihnen getrennt.

Verfallene Tage

Selbst wenn der Nasir unversehens mit dem Tod in Berührung kam, war er doch verunreinigt. Wir würden sagen: Er konnte doch nichts dafür. Aber für Gott sind auch unvorhersehbare Umstände keine Entschuldigung. Weihe für den HERRN lässt keine Einmischung zu, auch nicht bei den innigsten Familienbanden (vgl. Joh 2:4; Mt 10:27). Das bedeutet nicht, dass wir keine Verantwortung für unsere Eltern haben (Eph 6:1-3; Joh 19:26; 27). Solche, die für Gott geheiligt sind, müssen immer wachsam und vorsichtig sein. Die Norm für den Nasir war die gleiche wie für den Hohenpriester (3Mo 21:10; 11).

Verunreinigung kann plötzlich durch unseren Umgang mit den Ungläubigen dieser Welt geschehen. Für den Nasir (und für jeden, der sich dem Herrn geweiht hat) waren die Folgen einer unvorhergesehenen Verunreinigung ernst. Die vorigen Tage seiner Nasirschaft waren verfallen. Sein Haar sollte geschnitten werden und er sollte ein Opfer bringen.

Das Abschneiden des Haares ist das Zeichen dafür, dass der Platz der Unterwerfung verlassen worden ist (vgl. Jer 7:29). Das geschah am siebten Tag. Sieben ist die Zahl der Vollkommenheit. Es ist eine ganze Periode vorbeigegangen, in der ihm bewusst wurde, was er getan hat. Er ist wirklich gedemütigt. Das Scheren des Haares ist der äußerliche Beweis davon. Gleichzeitig ist es auch der Anfang der Wiederherstellung. Es ist die Rede vom achten Tag. Nachdem das Haar abgeschnitten worden ist, beginnt es auch wieder zu wachsen (Ri 16:22).

In dem Opfer der zwei Vögel wird der Herr Jesus als der Mensch gesehen, der aus dem Himmel auf die Erde herabgekommen ist. Der erste Vogel wird als Sündopfer und der zweite als Brandopfer gebracht. Der verunreinigte Nasir wird dadurch zunächst daran erinnert, dass der Herr Jesus für seine Verunreinigung hat sterben müssen. Danach sieht er Ihn in dem Brandopfer auch als den vollkommenen, Gott geweihten Menschen, der in allem Gott verherrlichte. Indem man so mit dem Herrn Jesus beschäftigt ist, findet die Sühnung statt.

Das Opfer sollte „an den Eingang des Zeltes der Zusammenkunft“ gebracht werden. Das Leben des Nasirs war wohl individuell für Gott geweiht, aber sein Benehmen hat Einfluss auf das Zusammenkommen Gottes mit seinem Volk. So wie es bei Treue Segen für das ganze Volk gab, bedeutete Untreue ein Unterbrechen des Segens. Was Gläubige in ihrem täglichen Leben tun, ist immer mit Einfluss auf das Zusammenkommen der Gläubigen verbunden, es sei Gutes oder Böses.

Nach dem Darbringen der beiden Vögel darf er neu beginnen. Es gibt Gläubige, die gut begonnen haben, aber im späteren Leben fehlten. Das passierte in dem Augenblick, in dem sie aus eigener Kraft wirken wollten und die wahre Abhängigkeit vom Herrn vergaßen. Sie sollen zu einem Bekenntnis kommen und sehen, was der Herr Jesus für sie getan hatte. Dann beginnen sie neu, sich Ihm zu weihen, aber jetzt in der Kraft des Opfers, aufgrund des Werks des Herrn Jesus. Das Schuldopfer soll gebracht werden.

Es ist ein demütigender Gedanke, dass nach Verunreinigung all das Gute der voraufgegangenen Zeit verfällt (vgl. Hes 33:13).

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