‏ Philippians 1:16

Umstände im Dienst des Evangeliums

Phil 1:12. Erst nachdem er seine Freude über die Philipper und sein Verlangen nach ihnen geäußert hat, berichtet Paulus etwas von seinen eigenen Umständen. Wenn ein echtes Band der Liebe da ist, kannst du damit rechnen, dass der andere Interesse an deiner Situation hat. Sieh mal, wie er darüber berichtet. Er tut das wirklich nicht, um zu klagen oder die Gedanken der Philipper damit in Beschlag zu nehmen. Er gibt keinen eindrucksvollen Bericht über die Entbehrungen, die er durchmachen muss. Nein, er möchte gern zeigen, wie Gott, der über allen Umständen steht, diese zur Förderung des Evangeliums gebraucht. Ist das nicht die wahre christliche Sicht auf das Leben? Das kommt dir nicht zugeflogen, das entnimmst du nicht einem Buch, das musst du lernen.

Das Wörtchen „mehr“ ist in diesem Zusammenhang vielsagend. Es bedeutet: im Gegensatz zu dem, was man erwarten würde. Paulus saß im Gefängnis. Es schien so, als habe der Feind einen großen Sieg errungen. Schon möglich, dass das bei den Philippern Entmutigung bewirkte. Doch bei Paulus war keine Niedergeschlagenheit festzustellen. Im Gegenteil, er ermunterte die Philipper, indem er ihnen sagte, dass dies nun genau in Gottes Plan hineinpasste. Was der Feind zum Bösen beabsichtigt hatte, gebrauchte Gott zum Guten (Röm 8:28 vgl. 1Mo 50:20). Das wollte er sie wissen lassen. (Diese Art Ausdruck benutzte Paulus öfter, wenn er auf etwas Besonderes aufmerksam machen wollte: Röm 1:13; Röm 11:25; 1Kor 10:1; 1Kor 11:3; 1Kor 12:1; 1Thes 4:13.)

Der Feind dachte, ihn durch seine Gefangenschaft ausgeschaltet und damit dem Evangelium einen empfindlichen Schlag versetzt zu haben. Doch das war nicht der Fall! Gott eröffnete gerade dadurch neue Möglichkeiten zur Verkündigung des Evangeliums. Der Feind hatte also daran mitgewirkt, das Evangelium zu fördern. Der Feind hatte Paulus’ Bewegungsfreiheit eingeschränkt, doch dadurch war sein Mund nicht gestopft und noch weniger seine Überzeugung beeinträchtigt. Paulus mochte gebunden sein, das Wort war nicht gebunden (2Tim 2:9).

Auf diese Weise haben zum Beispiel eine ganze Reihe Soldaten, an die er abwechselnd angekettet war (Apg 28:16), das Evangelium gehört, das er jedem predigte, der ihn besuchte (Apg 28:30; 31). Sie, die an die gröbsten Verwünschungen gewöhnt waren, werden miteinander über diesen merkwürdigen Gefangenen gesprochen haben. Satan hat dem größten Evangelisten aller Zeiten sogar den Zugang zur kaiserlichen Garde verschafft. Als freier Mann hätte er niemals Zugang dazu bekommen. So ist das Evangelium an Orte gelangt, an die es sonst nie gekommen wäre. Du siehst, wie Gott über das Wüten Satans erhaben ist und dessen Absichten zur Erfüllung seiner Pläne gebraucht.

Phil 1:13. Durch all das wird überall und jedem klar, dass Paulus dort nicht als Krimineller einsitzt, der dabei ist, eine zu Recht erteilte Strafe abzusitzen. Er wurde zwar von den Römern gefangen genommen, doch er weiß, dass er kein Gefangener Roms ist. Nirgends bezeichnet er sich so. Wenn er über seine Gefangenschaft spricht, tut er das immer in Verbindung mit Christus. Er ist sein Gefangener (Eph 3:1; Eph 4:1; Phlm 1:9), oder, wie er es hier sagt, seine Fesseln in Christus sind offenbar geworden. Er trägt seine Fesseln um Christi willen. Er nimmt seine Umstände nicht aus der Hand des Feindes an, sondern aus der Hand dessen, dem er dient. Christus bestimmt sein Los, nicht der Kaiser von Rom.

Phil 1:14. Es gibt noch eine Folge von Paulus’ Gefangenschaft. Andere, die sahen, welches Zeugnis Paulus während seiner Gefangenschaft ablegte, fassten ebenfalls Mut und begannen damit, das Wort zu predigen. Sie wurden durch seine Gefangenschaft angespornt, das Werk am Evangelium zu tun. Niemand darf das Weitergeben des Wortes Gottes anderen überlassen. Jeder trägt dafür Verantwortung. Manchmal gibt es allerdings innere Hindernisse. Diese können eine Folge von Minderwertigkeitsgefühlen sein, wenn jemand meint, es nicht so gut wie dieser „begabte“ Bruder tun zu können. Wir brauchen Hilfe, damit wir darüber wegkommen. Paulus wollte kein Hindernis sein, genauso wenig wie ein Bruder das sein will, zu dem andere hinaufsehen. Manchmal hilft der Herr dann, indem er solch einen Bruder woanders hinschickt. Es ist dann eine große Ermutigung, wenn man sieht, dass andere ihre Verantwortung wahrnehmen und anfangen, das Wort zu predigen.

Ob Paulus oder irgendein begabter Bruder abwesend sein mögen, der Herr bleibt derselbe. Auf Ihn haben die Philipper ihr Vertrauen gesetzt. So können wir alle unser Vertrauen auf Ihn setzen, um zu wagen, das Wort Gottes ohne Furcht zu reden. Es sollte kein Vertrauen auf uns selbst geben. Dann kann der Herr nicht wirken. Wenn du jedoch dein Vertrauen auf Ihn setzt, wirst du einmal sehen, was Er aus deinem Leben und deinem Zeugnis machen kann.

Phil 1:15. Die Abwesenheit des Apostels gab nicht nur den Schüchternen unter ihnen Raum. Es gab Menschen, die die Gelegenheit nutzten, um sich selbst hervorzutun. Jetzt konnte ihr Stern aufgehen. Ihren Rivalen (denn so betrachteten sie ihn) waren sie los. Er habe keinen Einfluss mehr, dachten sie. Sie versuchten, seine Autorität in der Gemeinde zu untergraben und die Gläubigen gegeneinander auszuspielen. Neid und Streit waren die Beweggründe, aus denen heraus sie Christus predigten. Sie waren nicht nur auf eigenes Ansehen aus, sondern wollten darüber hinaus dem gefangenen Apostel schaden. Ihre Absichten waren bösartig. Wenn du nicht ein bisschen die Bosheit deines eigenen Herzens kennen würdest, würdest du sagen: Wie ist das überhaupt möglich? Doch auch heute kommt es vor, dass Diener Gottes darauf aus sind, eine Gemeinde für sich zu gewinnen. Das geht dann auf Kosten anderer, die viel für die Gemeinde bedeuten.

Phil 1:16. Wenn der Diener, dem dieses Unrecht angetan wird, die Gemeinde, der er gedient hat, als „seine Gemeinde“ sieht, wird er fleischlich reagieren. Paulus gibt hier ein gutes Vorbild ab. Er schert nicht jeden über einen Kamm, sondern unterscheidet nach den Motiven. Diejenigen, die mit guten Absichten predigten, taten das aus Liebe. Wenn Liebe die Triebfeder ist, ist für Neid und Streit kein Raum. Dann akzeptieren wir, dass Gott dem anderen eine bestimmte Aufgabe anvertraut hat, die nicht die unsere ist. Du hast eine andere Aufgabe als ich. Es ist wichtig, das als einen gottgegebenen Unterschied zu akzeptieren und danach zu handeln. Diejenigen, die sich durch die Liebe leiten ließen, akzeptierten Paulus’ spezielle Aufgabe, das Evangelium zu verteidigen.

Phil 1:17. Das Denken „der anderen“ war unterstes Niveau. Ihre für die Ohren schönen Worte über Christus kamen aus „Streitsucht“ hervor. Streitsucht ist ein Wort, in dem Selbstsucht, Ehrsucht und ungesunde Rivalität miteinander vereint sind. Sie waren darauf aus, Menschen um sich zu versammeln und so eine neue Partei zu bilden. Das würde der Apostel nicht schön finden, dachten sie. Es würde ihn in zusätzliche Bedrängnis bringen, und er könnte daran nicht einmal etwas ändern. Dieses Denken offenbarte, wie sie selbst waren.

Phil 1:18. Dies wäre auch tatsächlich die Reaktion von Paulus gewesen, wenn er so gewesen wäre wie sie. Auch wir könnten uns über so viele Gemeinheiten aufregen, die sich gegen uns persönlich richten. Und das umso mehr, wenn wir das Werk, das wir tun durften, vor unseren Augen zerbrechen sehen! Ist es nicht ein Widerspruch in sich, einerseits Christus zu verkündigen und dies andererseits aus unlauteren Motiven zu tun? Erscheint es nicht undenkbar, den Namen Christi als Deckmantel für persönliche, egoistische Ziele zu missbrauchen?

Paulus lässt sich überhaupt nicht durch solche Überlegungen ins Schlepptau nehmen. Seine Reaktion ist ganz anderer Natur. Es klingt wie ein Siegesruf: „Was denn?“ Denke nicht, dass dies ein Ausruf der Gleichgültigkeit oder Gefühllosigkeit ist! Mit diesem kurzen Satz schiebt er jeden Widerstand und alle belastenden Aktionen des Feindes beiseite. Nein, er denkt nicht an einen Rundbrief, in dem er alle falschen Anklagen widerlegt. Er gibt den Philippern auch keine Anweisungen, wie sie mit diesen gemeinen Leuten umzugehen hätten. Das zeigt seine Gesinnung und auch, mit wem sein Herz erfüllt ist: mit Christus. Seine Feinde griffen ihn an, doch er verteidigt das Evangelium und nicht sich selbst. Darum weist er auf Christus hin. Seine Feinde sind Menschen, die nicht über sich selbst hinauskommen. Er steht jedoch über den Umständen, weil Christus sein Herz erfüllt.

Was kann der Feind mit solch einem Mann anfangen? Für Paulus waren Christus und das Seelenheil anderer wichtiger als die Frage, ob er das Werk selbst weiterführen könnte. Gott führte es fort. Dann tut es nichts zur Sache, was um dich her oder was mit dir selbst geschieht. Gott führt Regie. Er ist souverän und gebraucht sein Wort für sein Ziel, durch wen oder wie auch immer es gepredigt wird. Dieses Bewusstsein machte ihn froh, und das würde ihn auch in Zukunft erfreuen. Es wird auch dich froh machen, wenn du lernst, so auf die Umstände zu blicken. Dann bist du wirklich unantastbar, nicht, weil du so stark bist, sondern weil Er so stark ist.

Lies noch einmal Philipper 1,12–18.

Frage oder Aufgabe: Was ist das Geheimnis, nicht von den Umständen niedergedrückt zu werden?

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