Song of Solomon 2:9

Der Geliebte sucht behutsam Annäherung

Die Braut vergleicht den Bräutigam mit einer Gazelle und einem Jungen der Hirsche. Gazellen können mit hoher Geschwindigkeit und Anmut über die Berge laufen (vgl. 2Sam 2:18b; 1Chr 12:9). Im Fall des Hirsches, der auch leicht über Hindernisse springt, kann man auch den Gedanken der Freude hinzufügen (vgl. Jes 35:6). Gazellen und Hirsche sind unschuldige Tiere. Sie sind keine Fleischfresser und keine Raubtiere. Sie sind reine Tiere, die die Israeliten essen konnten (5Mo 12:15; 22; 5Mo 14:4; 5; 5Mo 15:22). Beide Tiere sind auch bekannt dafür, dass sie sehr wachsam sind und schnell davonrennen, sobald Gefahr besteht.

So sieht die Braut, wie der Bräutigam auf sie zukommt. Er kommt schnell näher und lässt sich durch nichts aufhalten. Gleichzeitig bleibt er vorsichtig bei seiner Annäherung. Auf diese Weise kommt der Herr Jesus auch zu jedem der Seinen, der sich nach einer Zeit der schwächer werdenden Liebe wieder zu Ihm hinwendet. Er gibt darauf acht, wenn jemand ein wachsendes Verlangen danach hat, mit Ihm in Gemeinschaft zu leben und nimmt es wahr. Er drängt sich nicht auf und Er erzwingt nicht den Zutritt. Er möchte uns nicht erdrücken.

Daraus lernen wir, wie wir auf jemanden zugehen sollen, dessen Leben für den Herrn Jesus zum Stillstand gekommen ist. Wahre Liebe für unseren abgeirrten Bruder oder die Schwester wird dafür sorgen, dass wir schnell bereit sind zu helfen, aber dass wir es gleichzeitig mit der nötigen Sorgfalt tun. In diesen Fällen geht es nicht um klare Sünden, sondern um Zeichen, die darauf hinweisen, dass jemand nicht mehr völlig für den Herrn lebt. Wenn wir feststellen, dass jemand nicht mehr so häufig wie zuvor zu den Versammlungen der Gläubigen kommt, ist es gut, darauf zu achten und uns selbst zu fragen, warum – ohne direkt jemanden der Untreue zu beschuldigen.

Dass der Bräutigam in seiner Annäherung etwas reserviert ist, können wir von dem Ort her ableiten, an dem sich die Braut befindet. Sie selbst sagt, dass der Bräutigam „hinter unserer Mauer“ ist, der Mauer um ihr Haus. Er ist näher gekommen und schaut durch die Fenster hinein. Sie mag die Tatsache, dass er da ist, aber es ist immer noch eine Mauer zwischen ihnen. Sie nennt es zwar „unsere“ Mauer, aber nur sie hat sich dahinter versteckt und er ist draußen. Es ist mehr oder weniger zu ihrer Mauer geworden.

Eine Mauer ist ein Bild der Trennung von falschen Dingen, damit wir dem Herrn hingegeben sein können. Wenn es eine Trennung ohne den Herrn ist, führt es zur Isolation. Wir können uns so weit in unsere Isolation zurückziehen, dass wir dem Herrn nicht mehr erlauben, zu uns zu kommen. Er schaut hinein und steht hinter der Mauer. Er sitzt nicht, sondern er ist bereit, in Aktion zu treten, wenn die Braut bereit ist.

Der Herr möchte andere Gläubige dazu gebrauchen, uns in Zeiten des geistlichen Niedergangs zu besuchen. Vielleicht lassen wir sie ins Haus, aber lassen wir sie auch in unser Leben? Gerade wenn wir nicht mehr vom Herrn erfüllt sind und wenn andere Dinge in unserem Leben wichtig werden, dann halten wir die Mauer um unser Herz aufrecht. Wir möchten uns nicht exponieren und trauen uns nicht, verletzlich zu sein, weil wir uns vielleicht davor fürchten, erneut verletzt zu werden.

Zum Beispiel haben wir vielleicht jemandem etwas anvertraut, von dem wir dachten, dass er es für sich behält, aber er hat unser Vertrauen gebrochen. Das führt dazu, dass wir keine enge Beziehung mehr aufnehmen, weil wir befürchten, wieder enttäuscht zu werden. Diese Reaktion ist verständlich. Ebenso ist es aber auch gut, wenn wir uns der Gefahr bewusst sind, wenn wir uns vollkommen in die Isolation zurückziehen. Der Herr möchte uns das ganz behutsam klarmachen. Er möchte wieder den ersten Platz in unserem Leben haben und spricht die Dinge an, die dies verhindern.

In der Welt und unter Christen nimmt das Leben in Isolation zu. Das geht auf den wachsenden Individualismus zurück, der auch zu mehr Egoismus führt. Wir möchten alles für uns selbst haben und alles für uns selbst tun. Computer, Internet, Smartphone – all diese Geräte bringen die Gefahr mit sich, dass wir uns vollkommen in unsere eigene Welt zurückziehen. Unsere Kinder wachsen damit auf. Sie schauen nur auf dieses eine Gerät, um Spaß zu haben. Aber auch ältere Gläubige brauchen alle diese Dinge vielleicht auch, um mit der Zeit zu gehen. Wir sind mehr und mehr von diesen Geräten gefangen genommen, die stark ich-zentriert sind.

Die Menschen wissen nicht mehr, wie sie miteinander umgehen sollen. Es ist eine bekannte Szene: Menschen sitzen am Tisch und essen zusammen, aber es gibt keine gemeinsame Kommunikation, weil es eine digitale Verbindung mit der Welt da draußen gibt. Jeder isst für sich selbst und beschäftigt sich mit seinem Smartphone. Wenn es eine Nachricht gibt, muss man sofort darauf antworten. Diese Gefahren müssen uns bewusst sein! Man sagt von diesen Geräten, dass sie die Kommunikation fördern. Aber in Wirklichkeit nimmt die tatsächliche Kommunikation ab und verschwindet schließlich ganz. Das Gerät sagt, dass du wichtig bist. Die Leute brauchen mich, sie möchten mir etwas mitteilen; und ich denke, dass es wichtig ist, den Leuten zu sagen, wie ich über etwas denke.

Das Ergebnis ist, dass wir keine Zeit haben, um uns still mit dem Wort Gottes zu beschäftigen, zu den Gemeindestunden zu gehen und unseren Brüdern und Schwestern zu helfen. Wir haben einfach keine Zeit mehr. Dieses Risiko ist groß, weil wir uns von der Gemeinschaft mit den Heiligen zurückziehen und in Isolation leben. Wir leben auf solche Weise, dass der Herr nicht zu uns kommen kann. Aber dennoch versucht Er, zu uns zu kommen. Er steht dort, er schaut durch das Fenster, das genau gesagt ein vergittertes Fenster ist.

Die Gitter erwecken den Anschein, dass wir in ein Gefängnis eingeschlossen sind. Sind wir eingeschlossen? Wir können in unseren Gedanken eingeschlossen sein, in unserem Leben, in den Plänen, die wir haben, und in ihnen ein Gefangener sein. Aber Er durchschaut diese Dinge. Welche Pläne haben wir? Was möchten wir? Was ist das Ziel unseres Lebens? Sind alle diese Dinge ein Gefängnis für uns? Können wir an nichts anderes denken? Der Herr steht vor dem Fenster unseres Lebens und schaut durch die Gitter. Er schaut und Er möchte gerne zu uns kommen, um uns Zufriedenheit und wahre Erfüllung im Leben zu geben.

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