Jonah 1
Kapitel 1
1 ▼▼[Status: Zuverlässig]
Und das Wort JHWHs kam zu Jona, Amittais Sohn {mit den Worten} ▼▼Jona wird sonst nur in 2. Könige 14,25 erwähnt und dort als Prophet bezeichnet. Er lebte im 8. Jahrhundert v. Chr. (Price 1978, 50). Die Sprache des Jonabuchs deutet darauf hin, dass es wesentlich später (6.–4. Jh. v. Chr.) geschrieben wurde (Golka 22007, 44). Der Einleitungssatz datiert die Geschichte also deutlich in die Vergangenheit. Die äußerste knappe Information zu Jona als Person zeigt, dass der Autor des Buches nur ein geringes Interesse an historischen Informationen über Jona hat. „Historie spielt in dieser Geschichte offensichtlich keine Rolle.“ (Golka 22007, 48)Und das Wort Gottes kam kann daher im Sinne von „Es war einmal …“ verstanden werden (Golka 22007, 48). Eine noch bessere deutsche Übertragung wäre vielleicht: „Eines Tages...“ oder „Einmal...“ (Price 1978, 48). So erklärt sich der Anfang mit „und“.
: c 2„Brich auf (Auf!), gehe in die große Stadt Ninive und rufe [die Anklage] gegen sie ▼
,
, e weil ihre ▼▼ihre bezieht sich im Hebräischen nicht auf die Stadt, sondern auf ein nicht genanntes Objekt in der dritten Person Plural, wahrscheinlich ihre Bewohner (Hebr. יֹשְׁבִים; Constructio ad sensum). Am Sinn ändert das jedoch nichts.
Bosheit (bösen Taten) vor mich gekommen ist.“ 3Doch (und) Jona brach auf, um vor JHWH nach Tarschisch ▼▼Tarschisch war vermutlich ein Ort an der spanischen Küste, also in entgegengesetzter Richtung und am anderen Ende des Mittelmeers (vgl. Price 1978, 52).
zu fliehen, und ging hinab [nach] Jafo. {und} Er traf auf ▼▼traf auf Oder „fand“. Gemeint ist jedoch nicht das Ergebnis einer Suche, sondern ein Finden im Sinne des zufälligen Antreffens (Price 1978, 52).
ein Schiff, das im Begriff war, nach Tarschisch zu fahren ▼▼das im Begriff war ... zu fahren ist die freie Wiedergabe eines Partizips, das etwa so zu verstehen ist.
, {und} zahlte sein Fährgeld und bestieg es, um mit ihnen ▼▼mit ihnen D.h. mit der Besatzung. Aus dieser Wendung lässt sich vielleicht schließen, dass Jona Teil der Besatzung wurde (Price 1978, 52).
nach Tarschisch zu fahren, weg von JHWH ▼▼weg von JHWH JHWHs Wohnort war der Tempel (Jon 2,8). Ist Jona so verzweifelt (oder zynisch; s. Jon 4,2), oder weiß er nicht besser, dass Gott nicht nur in Israel wirkt? Er selbst weiß, dass JHWH der Gott des Himmels ist und die ganze Welt („Meer und Land“) erschaffen hat (V. 9). Vielleicht hofft er also einfach, dass JHWH ihn schon nicht zum Gehorsam zwingen wird, Allmacht hin oder her. Die Lehre aus Jonas Erlebnis ist es dann, dass man Gott nicht nur nicht entkommen kann, sondern dass er seine Pläne umsetzen wird, egal ob die eingeplanten Menschen gehorsam sind oder nicht.
,
l 4Aber (da) JHWH ließ einen großen Wind auf das Meer los ▼▼ließ ... los W. etwa „schleuderte“.
, und es kam ein so großer Sturm über dem Meer auf, dass (und) das Schiff zu zerbrechen drohte. ▼▼Im Hebräischen ist hier ein Anklang oder Wortspiel, der sich auf Deutsch am ehesten mit einem Reim wiedergeben ließe, z.B.: „so kam das Boot in große Not“
5Da fürchteten sich die Seeleute und riefen jeder zu seinem Gott (seinen Göttern). {und} Sie warfen die Gegenstände (Ladung, Ausrüstung) ▼▼Gegenstände (Ladung, Ausrüstung) Viele Übersetzungen entscheiden sich für „Ladung“, aber das zugrunde liegende hebräische Wort bezeichnet recht allgemein Gegenstände, bei denen es sich hier sowohl (aber nicht nur) um die Ladung als auch um die Ausrüstung handeln könnte (vgl. Price 1978, 56.
, die auf dem Schiff [waren], ins Meer, um [das Schiff] {von ihnen} leichter zu machen ▼▼um [das Schiff] {von ihnen} leichter zu machen W. „um [sich/das Schiff] von ihnen (d.h. ihrer) zu erleichtern“. Einige Übersetzungen: „um die Gefahr zu verringern“ (z.B. GNB).
. Derweil (und) war Jona hinab in den Rumpf (unter Deck) ▼▼in den Rumpf (unter Deck) Das Wort bezeichnet quasi die hinterste Ecke oder den untersten Raum (so EÜ, ELB) des Schiffs, wo Jona seine Ruhe hatte. Wie groß das Schiff war, ist schwer abzuschätzen. GNB: „nach unten“.
des Schiffes gestiegen, {und} hatte sich hingelegt und schlief tief und fest. 6Da kam der Oberste der Seeleute ▼▼der Oberste der Seeleute D.h. wohl der Kapitän.
in seine Nähe ▼▼kam ... in seine Nähe Das Verb heißt eigentlich „näherkommen“ oder „zu jmdm. kommen“. Hier ist es offenbar so zu verstehen, dass der Mann zufällig auf Jona stieß (Price 1978, 58).
und fragte (sprach) {zu ihm}: „Warum schläfst du? ▼▼Warum schläfst du? Wörtlich: Was [ist mit] dir, (fest) Schlafender? Die Frage hat einen zurechtweisenden Tonfall (Preice 1978, 58).
Steh auf [und] rufe zu deinem Gott, vielleicht schenkt der Gott uns ja Beachtung, so dass (und) wir nicht umkommen (sterben)!“ 7Und sie sagten zueinander ▼▼zueinander W. „einer/ein jeder zu seinem Nachbarn/Nächsten“.
: „Kommt, {und} wir werfen Lose, damit (und) wir herausfinden, wie es kommt (wer daran schuld ist), dass ▼▼wie es kommt, dass (V. 7 und 8) bzw. wer daran schuld ist, dass (Alternative in V. 7) gibt eine Anhäufung von Partikeln wieder, die sich nicht wörtlich übersetzen lässt. Sie fragt im Grunde nach der Verantwortlichkeit (vgl. GK §150k).
uns so ein Unheil [geschieht]!“ Und (also) sie warfen Lose und das Los fiel auf Jona. 8Da sagten sie zu ihm: „Sag uns doch, wie es kommt, dass uns so ein Unheil [geschieht]! Was [ist] dein Beruf ▼▼Was [ist] dein Beruf oder vielleicht »Was ist deine Mission« im Sinne von »Was machst du eigentlich auf diesem Schiff?« (Price 1978, 61).
und woher kommst du? Was [ist] dein Land und von welchem Volk [bist] du?“ 9Da entgegnete (sagte) er {zu ihnen}: „Ich [bin] ein Hebräer und verehre (fürchte) JHWH, den Gott des Himmels ▼▼»Himmelsgott« ist in der persischen Verwaltungssprache die amtliche Bezeichung für den Gott der Juden (Golka 22007, 56).
, der das Meer und das Land (Festland) erschaffen hat.“ 10Da gerieten die Männer in große Furcht ▼▼Wörtl. „fürchteten sie große Furcht“, eine figura ethymologica. Die Seeleute hatten schon seit V. 5 Angst vor dem Sturm. Nun bekamen sie noch größere Angst, als sie erfuhren, dass der Sturm auf eine erzürnte Gottheit zurückzuführen war, der das Meer auch noch erschaffen haben sollte.
und sagten zu ihm: „Warum hast du das getan?“ Denn die Männer wussten, dass er ''vor JHWH'' ▼▼vor JHWH Die Betonung (Kursivschreibung) ist auf die hebräische Satzstellung zurückzuführen. Dieser Zusammenhang ist also der Grund für das Erschrecken der Seeleute.
auf der Flucht war, weil er [es] ihnen erzählt hatte. ▼▼weil er [es] ihnen erzählt hatte Dieser Satzteil müsste in einem geordneteren Text am Anfang des Verses stehen. Man muss ihn sich wohl als Teil von Jonas Äußerung im vorhergehenden Vers denken. Anders ist gar nicht zu verstehen, warum die Seeleute so große Angst bekamen (vgl. Price 1978, 64). GNB (vgl. NLB) stellt diese Information tatsächlich an den Anfang: „Er sagte ihnen auch, dass er auf der Flucht vor dem Herrn war. Da ...“ Der nächste Vers enthält eine ähnliche nachgeschobene Begründung.
11Da (also) sagten sie zu ihm: „Was müssen wir mit dir tun, damit das Meer sich beruhigt [und] von uns [ablässt]?“ Denn das Meer stürmte immer heftiger ▼▼stürmte immer heftiger den(V. 11 und V. 13) Hier stehen im Hebräischen zwei Partizipien nebeneinander: „gehend und stürmend“. Das Ptz. „gehend“ von הלך mit einem anderen Ptz. drückt (sich steigernde) Fortdauer aus (GK §113u; Price 1978, 65f.).
. 12Da sagte er zu ihnen: „Ergreift mich und werft mich ins Meer, dann wird das Meer sich beruhigen [und] von euch [ablassen]! Denn ich weiß, dass dieser große Sturm meinetwegen über euch [gekommen ist].“ 13Stattdessen (und) ruderten die Männer mit aller Kraft ▼▼ruderten mit aller Kraft W. „gruben“, das ist hier am ehesten als ein Anrudern gegen Wind und Wellen zu verstehen (Price 1978, 67). Andere Übersetzungen vermeiden die spezifische Wiedergabe „rudern“. Ruder werden ja sonst nirgendwo erwähnt. Menge, SLT: „sie strengten sich an“. GNB: „machten einen letzten Versuch, durch Rudern...“ Die Übersetzung folgt der Mehrzahl der deutschen Bibeln.
, um zurück ans Festland zu kommen ([das Schiff] zurück ... zu bringen), aber sie schafften [es] nicht, denn das Meer stürmte immer heftiger auf sie ein. 14Da schrien sie zu JHWH {und sprachen}: „Bitte (Ach), JHWH, wir wollen doch nicht umkommen wegen des Lebens (der Seele) dieses Mannes! {und} Rechne uns kein unschuldiges Blut ▼▼Blut steht stellvertretend für das genommene Leben, für den Tod Jonas, den die Seeleute für sicher halten, wenn sie ihn ins Meer werfen. Das Stilmittel ist wohl eine Metonymie (Konkretes für Abstraktes; Wirkung für Ursache) oder Synekdoche (Generelles für Spezifisches).
an, denn ''du'', (denn du [bist]) JHWH, tust (hast du getan), wie es dir gefällt (gefallen hat)!“ 15Da ergriffen sie Jona und warfen ihn ins Meer, und das Meer beruhigte sich von seinem Toben, 16und die Männer gerieten in große Furcht (Ehrfurcht) vor JHWH, sodass (und) sie JHWH ein Opfer darbrachten und Gelübde ablegten. ▼▼Dieser Vers enthält gleich drei figurae etymologicae. W. etwa „Da fürchteten sie große Furcht und da opferten sie Opfer und da gelobten sie Gelübde.“ Opfer und Gelübde gehören zu den gängigsten Arten der religiösen Verehrung. Das heißt aber noch nicht gleich, dass die Seeleute nun Anhänger JHWHs wurden. Es ist plausibel, dass die Männer die Opfer (für die ja Tiere erforderlich waren) und Gelübde erst leisteten, als sie Land erreichten (Price 1978, 71).
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