‏ Mark 7

Kapitel 7

1
[Status: Zuverlässig]
Und die Pharisäer und einige der Schriftgelehrten (Schreiber), die aus Jerusalem gekommen waren,
die ... gekommen waren attr. Ptz. Aor., als vorzeitiger Relativsatz aufgelöst.
versammelten sich bei ihm.
2Und weil (als) sie gesehen hatten (sahen),
weil (als) sie gesehen hatten (sahen) Kausales oder temporales Ptz. conj..
dass manche von seinen Jüngern [mit] unreinen, das heißt: [mit] ungewaschenen Händen
[mit] unreinen ... [mit] ungewaschenen, Händen Instr. Dativ.
die Brote (ihr Essen) aßen
die Brote aßen Eine ungewöhnliche Formulierung. „Brot“ kann pars pro toto für Nahrung oder eine Mahlzeit stehen. Die zu erwartende Phrase wäre aber „Brot essen“. Vielleicht hat Markus so formuliert, um noch einmal das Wunder der Brotvermehrung (Kap. 6) in Erinnerung zu rufen (bei dem Brot könnte es sich um die Überbleibsel handeln), doch das ist unsicher (dafür: Guelich 1989, 363; dagegen: France 2002, 281).
Der Satz endet nach Meinung der meisten Ausleger und der Zeichensetzung der kritischen Editionen unvollendet (Anakoluth), um der Erklärung des pharisäischen Brauchs Platz zu machen. Unklar ist, ob er in V. 5 fortgesetzt wird oder ob V. 5 neu einsetzt (Guelich 1989, 360; vgl. Collins 2007, 344 Fn 35). France bemerkt allerdings, man könne den Satzbau auch erklären, indem man V. 2 nicht als Umstandsangabe für die Anfrage der Pharisäer V. 5, sondern für ihr Zusammenkommen in V. 1 versteht (ders. 2002, 279f.). Das Partizip weil/als sie gesehen hatten gibt dann kausal oder temporal an, warum die Pharisäer und Schriftgelehrten Jesus ansprachen. Das passt zwar inhaltlich, aber für die verbreitetere Interpretation spricht, dass man die Stelle offenbar schon lange als Anakoluth verstanden hat. Varianten in der Überlieferung des Textes zeigen, dass man zum Teil versuchte, den Satzbau etwas einfacher zu formulieren. Zudem stehen Partizipien mit kausaler Sinnrichtung häufiger vor der Aussage, die sie begründen, als danach.
3die Pharisäer und die Juden überhaupt (alle) essen nämlich nicht, wenn sie sich nicht sorgfältig (mit einer Handvoll Wasser, in der vorgeschriebenen Weise; mit der Faust)
sorgfältig Gr.  πυγμῇ W. „[mit] der Faust“ Instr. Dativ. Diese Wendung ist nur hier bekannt und ihre Bedeutung unklar. Es gibt folgende Vorschläge, was das Wort bezeichnet: 1. die Art des Waschens, nämlich der Faust in der hohlen Hand, 2. das Waschen bis zum Ellbogen (so Collins 2007, 349) bzw. zum Handgelenk, 3. die meisten Übersetzungen folgen LUT mit der Übersetzung „[mit] einer Handvoll Wasser“ (so z.B. Cranfield 1959, S. 233). 4. MEN „gründlich“, ELB „sorgfältig“. 5. bedeutungsagnostisch „in der vorgeschriebenen Weise“ (NSS) oder „zeremoniell“ (France). France empfiehlt, das Wort sinngemäß mit „sorgfältig“ oder „zeremoniell“ zu übersetzen (ders. 2002, 282; in dieselbe Richtung geht NSS). Weil es sich um einen Singular handelt, ist eine pluralspezifische Übersetzung wie Guelichs „with cupped hands“ (ders. 1989, 364f.) weniger wahrscheinlich. Auch Hengels Theorie eines aus dem Lateinischen entlehnten Wortes „Handvoll“ ist unwahrscheinlich, weil es im Griechischen ein Wort dafür gab (ebd.; so aber auch Dschulnigg 2007; Gnilka 1978). NGÜ lässt das Wort gleich ganz aus dem Fließtext und erwähnt seine unbekannte Bedeutung in einer Fußnote.
die Hände gewaschen haben, um (Damit, weil) an der Überlieferung der Ältesten (Vorfahren)
Überlieferung der Ältesten (Vorfahren) Dabei handelt es sich um Bräuche und Regeln, die sich auf der Grundlage des Gesetzes ausgebildet hatten und irgendwann als Norm galten, ohne vom Gesetz direkt vorgeschrieben zu sein. Lange ging man davon aus, dass es sich beim Händewaschen um eine rein pharisäische Lehre handelte, inzwischen weiß man aber, dass die meisten Juden diesem Brauch tatsächlich folgten (Collins 2007, 345f.; vgl. France 2002, 280ff.).
festzuhalten,
um (Damit, weil) … festzuhalten Ptz. conj., als Nebensatz aufgelöst. Man kann diese Angabe (mit um) final verstehen (vgl. ZÜR) oder sie als getrennten Satz modal übersetzen: „Damit halten sie an der Überlieferung der Ältesten fest.“ (vgl. NGÜ) Auch eine kausale Deutung ist möglich (NSS, MEN).
4und [nach der Rückkehr] vom Markt
nach der Rückkehr vom Markt W. „vom Markt“, ein griechisches Idiom. Möglich wäre vielleicht auch „essen nichts, was vom Markt kommt, ohne es gewaschen zu haben“ (NSS).
essen sie nicht, bis (wenn) sie nicht gebadet (einer Reinigung unterzogen, gewaschen) haben; und es gibt viele andere [Regeln], die sie zu halten übernommen haben, [zum Beispiel] das Abspülen von Bechern, {und} Krügen und Kupfergefäßen und Sitzpolstern (Betten)
und Sitzpolstern (Betten) Dabei handelt es sich um jedes Möbelstück, das als Bett oder Liege auch als Sitzgelegenheit zum Essen diente. Das waren bei ärmeren Leuten oft einfache Matten oder Teppiche, bei Reicheren auch Möbelstücke mit Beinen, wie man sie heute als Betten und Sofas kennt. Nach Lev 15 waren auch unrein gewordene Betten zu waschen (Collins 2007, 349; LN 6.106). Die Übersetzung „Sitzpolster“ folgt GNB, NGÜ.
5da (und)
da (und) Nach der Parenthese in Vv. 3f nimmt Markus den Satz wieder auf, tut es aber „auf eine Weise, als hätte er vergessen, dass er schon vor der Parenthese einen Satz begonnen hatte und setzt also ein mit  καὶ, das hier eigentlich gar nicht nötig wäre.“ (Cranfield 1959, S. 234f). In den selben Phänomenkomplex gehört wohl, dass auch die Wendung „Parisäer und Schriftgelehrte“, mit der der Satz einsetzte, hier extra noch mal gesetzt wird.
erkundigten (fragten) die Pharisäer und die Schriftgelehrten sich bei ihm: „Weshalb leben (folgen) deine Jünger nicht nach der Überlieferung der Ältesten, sondern essen das Brot (Essen) [mit] unreinen Händen
[mit] unreinen Händen Instr. Dativ.
?“
6Aber er sagte zu ihnen: „Richtig (Treffend, Zurecht) hat Jesaja über euch Heuchler (Scheinheilige) geweissagt, wie geschrieben steht: »Dieses Volk ehrt mich [mit] den Lippen,
[mit] den Lippen Instr. Dativ.

aber ihr Herz ist weit von mir entfernt.

7Und sie beten (verehren) mich vergeblich an,
weil sie [als verbindliche] Lehren Gebote von Menschen lehren
weil sie … lehren Ptz. conj., als kausaler Nebensatz aufgelöst. [als verbindliche] Lehren Gebote von Menschen lehren Im gr. AT steht etwas anders »weil sie Gebote von Menschen und Lehren lehren«. Jesus spitzt das rhetorisch auf den Vorwurf zu, die Vorstellungen von Menschen (nämlich die erwähnte »Überlieferung der Ältesten«) als verbindliche Gebote festzuschreiben – ohne dabei allerdings etwas am Sinn zu ändern. Im Kern geht es bei Jesaja um oberflächliche Religion, die überkommenen Bräuchen und Traditionen folgt, anstatt Gott mit dem Herzen (d.h. aus Überzeugung) zu ehren, wie es der Fall wäre, wenn die Bräuche nicht zur missbräuchlichen Umgehung der Gebote führen würden (vgl. France 2002, 284).
p
8Während ihr Gottes Willen (Gesetz, Gebot)
Gottes Willen (Gesetz, Gebot), W. »das Gebot Gottes«, bezeichnet in diesem Kontext das, was von Gott geboten (und nicht von Menschen vorgeschrieben) wurde (Guelich 1989, 367). Dass Jesaja von Verehrung mit dem Herzen spricht, weist darauf hin, dass er (und auch Jesus mit seinem Zitat) von Gottes Geboten gerade das »Hauptgebot« aus Dtn 6,4-6 im Blick haben. Israel sollte danach »JHWH, deinen Gott mit deinem ganzen Herzen und deinem ganzen Sein und deiner ganzen Kraft lieben« und Gottes Gebote im Herzen bewahren (Pesch 1976, 373).
außer Acht lasst,
Während ihr … außer Acht lasst (preisgebt, verlasst, ablehnt) Modales Ptz. conj., als Nebensatz mit »während« und »[stattdessen (gleichzeitig)]« aufgelöst. Das Verb kann in diesem Kontext verschiedenes bedeuten: »außer Acht lassen« (NSS, NGÜ, MEN, ZÜR), »verlassen« (LUT), »preisgeben« (ELB, EÜ), oder sogar »ablehnen« (LN 31.63). GNB etwas freier, aber treffend »zur Seite schieben«. Es geht hier wenige um eine absichtliche Missachtung als um eine bewusste Ablehnung oder Umdeutung der Gebote (V. 9 und 13; France 2002, 285).
haltet ihr euch [stattdessen (gleichzeitig)] an die Überlieferung der Menschen!“
9Und er fuhr fort (sagte)
er fuhr fort (V. 9 und 20) übersetzt das Imperfekt  ἔλεγεν. Der durative Aspekt zeigt hier wohl an, dass Jesus weiterspricht. Vgl. die ähnliche Übersetzung des Imperfekts in V. 14.
{zu ihnen}: „Geschickt (meisterhaft, trefflich) setzt (hebt auf) ihr Gottes Gebot (Gesetz, Willen) außer Kraft, um eure Überlieferung aufrechtzuerhalten (zur Geltung zu bringen).
10Mose hat doch (ja) gesagt: »Ehre deinen Vater und deine Mutter!«, t und: »Wer Vater oder Mutter verflucht (schmäht, schlechtmacht, herabsetzt), muss sterben
muss sterben W. etwa »[dem] Tod sterben« (Dativ+Imperativ 3. Sg.). Der Dativ soll hier den hebräischen Inf. abs. nachbilden und in der gleichen Weise die Verstärkung der Aussage bewirken (Siebenthal 2011, §189c). Er lässt sich nicht direkt übersetzen, höchstens mit der etwas staubigen Formulierung »des Todes sterben« (LUT, ELB, MEN). Etwas freier, aber sinngemäß »muss mit dem Tod bestraft werden« (NSS, EÜ, GNB, NGÜ).
v
11''Ihr'' jedoch sagt: »Wenn ein Mann (Mensch) zu [seinem] Vater oder [seiner] Mutter sagt: Alles von mir, was dich unterstützen (helfen, nützen) würde, [ist] Korban!«
Korban Dabei handelt es sich um ein aus dem AT geläufiges hebräisches Wort ( קָרְבָּן ), ein terminus technicus für »Opfergabe« (Guelich 1989, 368). Nach dem, was heute bekannt ist, war es nach der beschriebenen Sitte irgendwie möglich, das als Opfergabe Deklarierte am Ende selbst zu behalten. Offenbar war es nicht erforderlich, den Gegenstand direkt zu spenden. Das Gelübde wurde dann unter Verweis auf das Verbot im Gesetz, einen Schwur zu brechen, eingehalten (Num 30,2; Dtn 23,21-23; Lev 5,14-16). In der Praxis diente dieser Eid dann nur dazu, solche »Opfergaben« anderen vorzuenthalten. France erwähnt als Beispiel Grundbesitz, der auch nach der Korban-Weihe weiter im Besitz des Sohnes war, ohne dass der Vater ihn betreten durfte (France 2002, 286f.; Collins 2007, 351ff.).
, das heißt »Opfergabe (Geschenk)«,
Anakoluth (z.B. Kleist 1937, S. 208). Jesus hat sich hier offenbar so in Rage geredet, dass er nicht einmal seinen begonnenen Satz zu Ende führt.
12dann erlaubt (lasst ihr zu, dass … nicht mehr; lasst)
erlaubt bzw. lasst zu, dass Der Satz lässt sich auf zwei Weisen übersetzen: (1) »Ihr lasst nicht zu, dass er...« oder (2) »Ihr lasst zu, dass er nicht...«. Im ersten Fall wäre gemeint, dass die Pharisäer dem Mann nicht erlauben würden, sein Gelübde rückgängig zu machen, um doch noch seinen Eltern zu helfen (EÜ, NGÜ, LUT, ELB, MEN; die meisten Kommentare). Im zweiten Fall wäre gemeint, dass sie den Mann damit davonkommen lassen, nicht mehr für seine Eltern zu sorgen (BB, B/N, KAM, NL, ZÜR; Thüsing 2011). GN kombiniert beide Möglichkeiten: »dann braucht er für seine Eltern nichts mehr zu tun. Ja, ihr erlaubt es ihm dann nicht einmal mehr.« Die gewählte Übersetzung scheint vom Griechischen her etwas wahrscheinlicher zu sein.
ihr ihm nicht mehr, etwas
nicht mehr, etwas W. »nicht mehr, nichts«, eine doppelte Verneinung, die den Effekt der Aussage (s. die vorige Fußnote) verstärkt.
[für seinen] Vater oder [seine] Mutter
[für seinen] Vater oder [seine] Mutter Instr. Dat. (2x).
tun.
13So (indem) hebt (macht nichtig) ihr Gottes Wort (Aussage)
Gottes Wort steht nicht für die Heilige Schrift, wie man aus der beliebten christlichen Wendung schließen könnte. Im NT ist sie noch nicht üblich. Jesus bezieht sich also auf eine bestimmte Aussage der Schrift. Dabei dürfte es sich um das zuvor zitierte 5. Gebot und die andere Stelle handeln, aus denen hervorgeht, wie Vater und Mutter zu behandeln sind (France 2002, 288).
auf
so hebt ihr auf bzw. indem ihr aufhebt Modales Ptz. conj., hier als separater Hauptsatz mit so aufgelöst. Dieser Satz dient wohl als zusammenfassende Wiederholung der nun begründeten Behauptung (so, »damit« o.ä.): »Dieses Beispiel zeigt, dass...« (so die meisten Übersetzungen). Die Aussage könnte auch angeben, auf welche Weise die Pharisäer den Mann nichts mehr für seine Eltern tun lassen (»indem«; so ELB).
durch eure Überlieferung, die ihr weitergegeben (überliefert) habt, und ihr tut viele vergleichbare (ähnliche) solche [Dinge] (vergleichbare solche [Dinge] tut ihr häufig).“
14Und (Dann) er rief die Menschenmenge wieder (noch einmal) zu sich und
er rief ... und Ptz. conj. Aor., temporal-modal, beigeordnet übersetzt.
sprach nun
sprach nun übersetzt das Imperfekt  ἔλεγεν. Der durative Aspekt zeigt hier wohl an, dass Jesus weiterspricht, und zwar jetzt an die Menge gewandt. Vgl. die ähnliche Übersetzung des Imperfekts in V. 9 und 20.
zu ihnen: „Hört mir alle zu und versteht
und versteht Möglich wäre eine finale Übersetzung des zweiten Imperativs wie NGÜ: »damit ihr versteht, [was ich sage]« Der Übersetzer hat das vielleicht als eine aus dem Semitischen entlehnte Formulierung verstanden. MEN übersetzt ebenso sinngemäß »und versucht zu verstehen«.
!
15Nichts, was (wenn, indem) von außerhalb des Menschen in ihn hineingelangt, kann ihn verunreinigen (Es gibt nichts, was … hineingelangt, das … kann).
Nichts, was … hineingelangt Subst. oder umschreibendes Partizip, hier als umschr. Ptz. verstanden (wie die meisten Übersetzungen). Als subst. Ptz. übersetzt und folglich als Relativsatz aufgelöst (vgl. LUT, ELB), würde der Satz lauten: »Es gibt nichts, was von außerhalb des Menschen in ihn hineingelangt, das ihn verunreinigen kann.« bzw. »Außerhalb des Menschen gibt es nichts, was...« (für den zweiten Versteil s. die folgende Fußnote). Von der Syntax her ist es auch möglich, das Ptz. wie die meisten englischen Übersetzungen als Ptz. conj. zu übersetzen. Das temporal-konditionale (wenn) oder modale (indem) Ptz. conj. wäre als Nebensatz aufzulösen: »Außerhalb des Menschen gibt es nichts, was ihn verunreinigen kann, wenn (indem) es in ihn hineingelangt« bzw. »Es gibt nichts, was …, wenn es von außen...« (vgl. z.B. ESV, NASB, ähnlich wohl SLT). (Vgl. NSS.)
Es ist vielmehr, was aus dem Menschen herauskommt, das den Menschen verunreinigt
was herauskommt und das verunreinigt Subst. Ptz. (2x), als Relativsatz aufgelöst. Man könnte das zweite Partizip auch als umschreibendes Partizip übersetzen (dazu s. die vorige Fußnote): »Vielmehr verunreinigt den Menschen das, was aus dem Menschen herauskommt.«
.
16Wer Ohren hat [zum] Hören, soll hören (höre)! “
Textkritik: Dieser Vers fehlt in den frühesten bekannten Handschriften; genaueres im Kommentar
17Und als er ein Haus betrat, abseits der Menschenmenge, erkundigten sich seine Jünger bei ihm nach dem Gleichnis. 18Und er sagte zu ihnen: „Seid auch ihr so schwer von Begriff (unverständig)? Versteht (Merkt) ihr nicht, dass alles, was von außen in den Menschen gelangt, ihn nicht verunreinigen kann, 19weil es nicht in sein Herz gelangt, sondern in seinen Magen (Bauch), und [dann] in den Abtritt (Senkgrube, Latrine)
Abtritt (Senkgrube, Latrine) Dieser Begriff bezeichnet die Vorläufer heutiger Toiletten. Einige Übersetzungen gehen sehr delikat vor und glätten die Ausdrucksweise: »wird wieder ausgeschieden« (EÜ, GNB, NGÜ), MEN, SLT »auf dem natürlichen Wege«. ELB »in den Abort«, LUT, ZÜR »in die Grube«.
ausgeschieden wird (hinausgelangt)?“ So erklärte [Jesus] alle Speisen für rein.
So erklärte [Jesus] alle Speisen für rein Alternativ „...ausgeschieden wird, was alle Speisen rein macht.“ Dieser abhängige Satz hat keinen offensichtlichen Bezug zum Kontext. Am wahrscheinlichsten ist, dass sich das modale Ptz. conj. auf  λέγει „er sagte“ (V. 18) bezieht (so alle herangezogenen Ausleger und die meisten Übersetzungen). Es ist dann ein Kommentar des Evangelisten. Nach dem alternativen Verständnis handelt es sich um eine syntaktisch schwierige Ergänzung zu dem Vergleich des Essens, das den Körper durchläuft und so rein wird. Allerdings würde Jesus dann vom Neutrum Plural in den Nominativ Plural wechseln (France 2002, 291f.). Diese Deutung findet sich in der Interpunktion von NA28 sowie bei SLT und MEN. Diese Übersetzungen beziehen das Partizip offenbar attributiv auf „Abtritt“ und geben dieses Wort dann sehr frei wieder. MEN: „...und auf dem natürlichen Wege, der alle Speisen reinigt, wieder ausgeschieden wird?“
20{und} Er fuhr fort (sagte) : „Was aus dem Menschen herauskommt,
Was … herauskommt Subst. Ptz., als Relativsatz aufgelöst.
''das'' verunreinigt den Menschen.
21Denn von innen her, aus dem Herzen der Menschen, kommen die üblen Vorsätze (Gedanken, Absichten): sexuelle Eskapaden (Unzüchtigkeiten),
sexuelle Eskapaden (Unzüchtigkeiten), Diebstähle, Morde, V. 22 Seitensprünge (Ehebrüche), Begehrlichkeiten (Gelüste, Machthunger), Bosheiten Diese ersten sechs Begriffe stehen im Plural. Der Plural von abstrakten Begriffen bezeichnet im Griechischen oft deren konkrete Erscheinungsformen (BDR §142; ad loc. Grosvenor/Zerwick); sehr gut Dschulnigg 2007: »Hurereien, Diebereien, Morde, Ehebrüche, Habgierigkeiten, Schlechtigkeiten...« Auf diese Weise folgen hier in Vv. 21f aufeinander sechs konkrete Ausprägungen der Schlechtigkeit und sechs »moralische Defekte« (vgl. Cranfield 1959, S. 241).
Diebstähle, Morde,
22Seitensprünge (Ehebrüche), Begehrlichkeiten (Gelüste, Machthunger)
Begehrlichkeiten (Gelüste, Machthunger) »Habgier/Gier« oder neutraler »Begehren« oder »Ehrgeiz« ist die normale Bedeutung dieses Worts. Im Markusevangelium bezeichnet es vielleicht gerade (negativ konnotierten) Ehrgeiz, also Machthunger (Collins 2007, 358f.).
, Bosheiten, Arglist (Hinterlist), Zügellosigkeit (Ausschweifung), ein böses Auge
ein böses Auge Oder »ein schlimmes (d.h. erkranktes) Auge« (Collins 2007, 361). Meist: Neid, neidische Blicke, Missgunst (LN 88.165); alternativ Geiz (LN 57.108). Collins glaubt, aus Mk 15,10 könne man schließen, dass die erste Deutung im Blick ist (Collins 2007, 361). Dem wird man sich anschließen müssen; das »böse Auge« i.S.v. »Missgunst« ist im Rabbinischen ein häufiges Idiom (Stellen: B/S S. 14
, Verleumdung (Gotteslästerung, Beleidigung), Überheblichkeit [und] Unvernunft –
23all diese bösen (schlechten) [Auswüchse] (All dieses Böse) kommen von innen her und verunreinigen den Menschen.“ 24Und von dort brach (stand) er auf und ging weg in das Gebiet von Tyrus
Tyrus war ein Stadtstaat, der im Norden an Galiläa angrenzte. Die Bewohner der Region waren Nichtjuden. Ein zeitgenössischer jüdischer Autor beschreibt sie sinngemäß als „unsere Intimfeinde“ (France 2002, 297).
. Und er begab sich in ein Haus und
brach er auf und sowie er begab sich … und Ptz. conj., beigeordnet aufgelöst.
wollte, dass niemand [davon] erfuhr, und er schaffte es nicht, [seine Anwesenheit] verborgen zu halten.
25Stattdessen kam gleich, als sie von ihm hörte, eine Frau zu ihm, deren kleine Tochter von einem unreinen Geist besessen war
von einem unreinen Geist besessen war W. „einen unreinen Geist hatte“
, und
kam … und Ptz. conj., temporal, beigeordnet aufgelöst.
warf sich vor seine Füße.
26{aber} – Die Frau war Nichtjüdin (Griechin), der Herkunft [nach] eine Syrophönizierin.
Nichtjüdin (Griechin), der Herkunft [nach] eine Syrophönizierin Im Griechischen steht zwar Griechin, aber das ist hier gemeint als Abgrenzung von den Juden (vgl. Guelich 1989, 385). Das zeigt auch die weitere Einordnung in die Gegend Syrophönizien. Das war damals die Bezeichnung für Südsyrien (Collins 2007, 366) und meint hier „einheimisch“ (Gnilka 1989, S. 291f; Theißen 1990, S. 130). Der Herkunft [nach]: Dat. respectus.
– Und sie bat ihn hartnäckig (immer wieder)
sie bat ihn hartnäckig (immer wieder) Das Verb steht im Imperfekt und wird deshalb hier entweder durativ („bat ihn fortwährend“; d.h. „hartnäckig“) oder iterativ („bat ihn immer wieder“) verwendet. Es steht häufig bei (zunächst) erfolglosen Bitten oder Forderungen (Siebenthal 2001, §195g). Etwas freier könnte man die Funktion des Imperfekts auch mit „sie ließ nicht locker“ oder „sie drängte auf ihn ein“ ausdrücken.
darum, den Dämon aus ihrer Tochter auszutreiben.
27Aber (Und) er sagte zu ihr: „Lass zunächst die Kinder satt werden, denn es ist nicht richtig, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden hinzuwerfen.“ 28Doch sie entgegnete {und sagte zu ihm}: „Ja, Herr (Herr), auch die Hunde unter dem Tisch fressen die Krümel
die Krümel W. »von den Krümeln«, eine Präpositionalphrase, die den partitiven Genitiv ersetzt (NSS).
(Reste) der Kinder.“
29Und er sagte zu ihr: „Weil du das gesagt hast
Weil du das gesagt hast W. »Aufgrund dieses Wortes/dieser Äußerung bzw. Antwort«
, geh
geh D.h. »Du kannst gehen« (NGÜ) oder »Geh nach Hause« (EÜ, GNB). Vgl. 10,52.
! Der Dämon hat deine Tochter verlassen.“
30Und sie ging zurück in ihr Haus und
ging zurück … und W. „ging weg“. Ptz. conj., beigeordnet aufgelöst.
stellte fest, dass das Kind im Bett lag und der Dämon weg (ausgefahren) war.
31Und (Später) er verließ das Gebiet von Tyrus wieder und
reiste … und Ptz. conj., beigeordnet aufgelöst.
reiste (kam) durch Sidon ans Meer (See) von Galiläa, mitten durch (in) das Gebiet der Dekapolis (Zehnstädtegebiet)
Die beschriebene Route ist sehr merkwürdig. Blickt man einmal auf diese Karte, reist Jesus von Tyrus („Tyre“; sehr weit im Nordwesten am Meeresufer) über Sidon (ganz im Norden) an den See Gennesareth („Sea of Galilee“); ein gewaltiger Umweg also. Noch dazu liegt laut dem Text entweder (1) der See Gennesaret „mitten im“ Gebiet der Dekapolis (Zentrum der Karte) - was geographisch falsch wäre - oder Jesus zieht (2) „mitten durch das Gebiet der Dekapolis“ an den See, macht also einen noch gewaltigerer Umweg. Am wahrscheinlichsten ist daher (3), dass Markus mit „Gebiet der Dekapolis“ vage auf die (überwiegend heidnische) Ostseite des Sees Bezug nimmt und daher Jesus also „an den See Gennesaret, mitten in das Gebiet der Dekapolis“ ziehen lässt, also „an die Ostseite des Sees Gennesaret“ (Reuber 2007, S. 112; Schenke 2005, S. 190 u.a.). Die Route bleibt dennoch merkwürdig; es ist häufig vorgeschlagen worden, dass dies ein Indiz für Markus' mangelhafte Ortskenntnis sei.
.
32Und [die Leute] brachten einen Taubstummen
einen Taubstummen W. „einen Tauben/Taubstummen und Sprachgestörten/Stummen“. Der Mann war wohl taub geboren. Für Menschen mit dieser Behinderung ist es kaum möglich, normal sprechen zu lernen. Das Wort  μογιλάλος „sprachgestört, stumm“ ist sehr selten. Da der Mann nach der Heilung in V. 35 „richtig zu sprechen“ beginnt, heißt es hier „sprachgestört“. Dieser Begriff kommt in der Bibel nur noch in Jes 35,6 LXX vor. Diese Prophezeiung wird auch in V. 37 wieder in den Blick kommen. Markus spielt mit diesem Heilungsbericht also darauf an, dass diese Prophetie mit Jesus in Erfüllung gehen könnte (vgl. Guelich 1989, 394; Collins 2007, 370).
zu ihm und baten (forderten auf) ihn, ihm die Hand aufzulegen
ihm die Hand aufzulegen bedeutet offenbar, ihn dadurch zu heilen (Collins 2007, 370).
. be
33Und er nahm ihn beiseite, abseits der Menschenmenge, [wo sie] unter sich [waren], und steckte ihm seine Finger in die Ohren. Dann (und) spuckte er und
nahm beiseite … und sowie spuckte er und Ptz. conj., beigeordnet aufgelöst. Markus überliefert nicht, wozu Jesus spuckte. Die Vorstellung vom Speichel als Heilmittel ist in der Antike aber sehr weit verbreitet (einige schöne Beispiele aus der arabischen Welt gibt Reinfried 1915, S. 39.60. Für die römische Welt vgl. Sueton, Vesp. VII und Tacitus, Hist. IV,81; für das NT vergleiche Mk 8,22-26 und Joh 9,1-7). In Israel war der Brauch verbreitet, dass man, wenn man eine Wunde heilen wollte, zuerst (a) eine Schriftstelle oder einen Zauberspruch rezitierte, manchmal zusätzlich (b) den Gottesnamen aussprach und dann (c) direkt auf den kranken Körperteil ausspie (s. B/S S. 15-17). Hier liegt wohl eine Variante dieses Brauchs vor: Jesus speit sich (c) auf den Finger, berührt damit den kranken Körperteil, blickt dann zum Himmel (Gnilka 1978, S. 297: „Der Aufblick zum Himmel [...] ist in einer Wundergeschichte stilgemäßer Ausdruck für das Einholen von übermenschlicher Kraft, ebenso das Seufzen des Thaumaturgen.“; ebenso Pesch 1976; vgl. auch Marcus 2008) und (a) rezitiert dann noch einen Spruch (Theißen 1990, S. 252: „Machtwort“). Das Ptz. conj. hat dann modale Sinnrichtung (NSS).
berührte seine Zunge. bg
34Schließlich (und) blickte er zum Himmel auf und
blickte er ... auf und Ptz. conj., beigeordnet aufgelöst.
seufzte (stöhnte), dann (und) sagte er zu ihm: „Effata!“
Effata! Das ist wahrscheinlich eine nicht 100% genau überlieferte aramäische Form (France 2002, 304; Guelich 1989, 395f.).
, das heißt: „Öffne dich!“
35Und sofort öffneten sich seine Ohren (Hörgänge), und die Hemmung (Fessel)
Hemmung W. „Fessel“ (so die meisten Übersetzungen), MEN: „Gebundenheit“. Es handelt sich um eine übertragene Bedeutungserweiterung von „Fessel“, die hier die Einschränkung der Sprachfertigkeit bezeichnet (LN 23.156).
seiner Zunge löste sich, und er konnte richtig sprechen
konnte richtig sprechen (Imperfekt) Das Verb bezeichnet hier die Fähigkeit, sprechen zu können (BA  λαλέω, 2a α; NSS).
. bl
36Und er schärfte [den Leuten] ein (ordnete an, verbot), mit niemandem zu sprechen. Aber je mehr er es ihnen einschärfte (verbot, darauf bestand), desto mehr machten (predigten, verkündeten) sie [es] bekannt. 37Und sie waren zutiefst (maßlos) erstaunt (überwältigt, beeindruckt) und sagten
und sagten Ptz. conj., beigeordnet aufgelöst.
: „Er hat alles gut gemacht, und er befähigt (macht, [dass]) die Tauben zu hören und die Stummen zu sprechen!“
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