‏ 1 Timothy 1

Text: 1.Timotheus 1,1-2 Der erste Brief an den Timotheus Einleitung Timotheus stammte aus einer ungleichen Ehe einer jüdischen und dazu gottesfürchtigen Mutter, und eines griechischen oder heidnischen, wenigstens unbeschnittenen Vaters her (Apg. 16, 1) , hatte Lystra, ein Städtlein in Lyaconien, entweder zu seinem Geburtsort, oder doch zum Ort seines Aufenthalts von Jugend auf. Ist diesem nach ein Muster, wie sich GOtt nach seiner freien Gnade Werkzeuge zubereiten kann, wo wir es nicht vermuteten. Eunike, die Mutter Timotheus, muß durch ihren rechtschaffenen Wandel in der Furcht des HErrn auch ihren heidnischen Ehegatten so weit gewonnen haben, daß er ihr bei der Auferziehung dieses Sohnes zur Furcht GOttes, nach der Bedeutung seines Namens, viel Freiheit gelassen hat. Oder GOtt hat es so gefügt, das Eunike dieses Ziehens am fremden Joch durch den frühen Tod, oder eine - von ihrem ungläubigen Mann vorgenommene Trennung, los geworden ist. Wenigstens ist so viel gewiß, daß Timotheus unter seiner Mutter Eunike und Großmutter Lois eine gesegnete Auferziehung genossen hat, deren ihn Paulus selbst noch beweglich erinnert (2.Tim. 1, 5 und 3, 15) . Doch ging das anfänglich nur auf die jüdische Religion. Denn Christum und sein Evangelium brachte erst Paulus in diese Gegenden (Apg. 14, 6 f.) und da mögen die Mütter des Timotheus unter den Ersten gewesen sein, die dem Evangelium in ihrem Herzen Platz gegeben haben; und Paulus mag von dorther schon den Timotheus als seinen durch das Evangelium gezeugten Sohn gerechnet haben. Denn da er bei seinen nachmaligen Durchreise durch Lystra Timotheum wieder antraf, so fand er ihn schon als einen mit guten Zeugnissen versehenen Jünger, den er von da an zum Dienst des Evangeliums und meist zu seiner Gefährtschaft auf seinen Reisen annahm (Apg. 16, 2 f.) . Von solcher Zeit an hatte Timotheus eine gar genaue Verbindung und Übereinkunft mit Paulus, so daß er ihn sein anderes Ich nennt, der so gar seines Sinnes sei (Phil. 2, 20) , nach der von Paulus empfangenen Lehre (2.Tim. 1, 13) , und nach dem übrigen Wandel in seinen Fußstapfen (2.Tim. 3, 10) . Timotheus Aussonderung zum Dienst am Evangelium geschah nach besonders über ihn ergangenen Weissagungen (1.Tim. 1, 18) , nämlich nach der Gabe, die Geister zu prüfen, konnten von GOtt erweckte Männer über die Brauchbarkeit eine solchen Jünglings ein nachdrückliches Zeugnis ablegen (1.Kor. 12, 10) . Diese Wahl und Beruf wurde ihm auch durch den alten ehrwürdigen Gebrauch der Handauflegung desto eindringlicher gemacht, und Paulus leitet dorther seine Ausrüstung mit den zu Führung seines Amts besonders nötigen Gaben (2.Tim. 1, 6) , und zwar hat Timotheus diesen Dienst am Evangelium mit so guter Hoffnung bei ungewöhnlich jungen Jahren angetreten; deswegen der Apostel nach bereits zurückgelegter einiger Zeit seines Dienstes noch nötig erachtet, ihn anzuweisen, sein Amt so zu führen, daß Niemand seine Jugend zu verachten Vorwand nehmen könne (1.Tim. 4, 12) . Was Timotheus dem Paulus für Dienst auf seinen Reisen getan, und was er für Teil am Segen des Evangeliums gehabt habe, davon ist Apg. 16 - 20 nachzusehen. Da Paulus durch den Aufruhr, so Demetrius erregte, aus Ephesus zu weichen genötigt war, so ließ er Timotheus daselbst zurück (1.Tim. 1, 3) , und während dieses seines Aufenthalts zu Ephesus schrieb ihm dann der Apostel diesen Brief. Der Ort, woher er ihn schrieb, ist nicht wohl zu bestimmen, auch die Zeit schwerlich genauer zutreffen, als daß es eben während der Reise Pauli in Macedonien geschehen sein muß. Dieser Brief diente dem Timotheus zu seinem wichtigen Geschäft, die Gemeinde zu Ephesus einzurichten, die Kirchenämter zu besetzen, den Irrlehrern zu widerstehen, auf eine doppelte Weise. Denn er gab ihm nicht nur gute Lehren, wie er hierin verfahren sollte, sondern er diente ihm auch zu einer Vollmacht, die er Anderen vorlegen, und ihre bösen Absichten damit zurücktreiben konnte. Deswegen der Brief auch so vermischt ist von vielen - den Timotheus zunächst betreffenden Anweisungen, und von anderen auch auf die übrigen Glieder der Gemeinde sich beziehenden Umständen. Zur Einteilung mag man sich Folgendes merken: Die Überschrift mit Segenswunsch und Veranlassung zum Schreiben (Kap. 1, 1 - 3) . Unterricht, wie sich Timotheus in Pauli Abwesenheit verhalten soll; und zwar teils diejenigen, die mit ungeschickten Lehren Irrung anrichteten, auf besseren Weg zu weisen (Kap. 1, 4 - 20) , teils das Gebet und dessen Übung zu ordnen (Kap. 2, 1 - 15) , teils die nötigen Eigenschaften eines Bischofs und sonstigen Kirchendieners wohl vor Augen haben (Kap. 3, 1 - 16) , teils bei bewährten Hauptsachen zu bleiben, und damit Abweichung auf Nebendinge zu vermeiden (Kap. 4, 1 - 16) , teils auch mit Menschen, von allen Ständen so umzugehen, daß man in keine Gemeinschaft der Sünden gezogen, vielmehr Jedem zum Tun des Willens GOttes behilflich werde (Kap. 5 - 6, 19) . Eindringlicher Beschluß (Kap. 6, 20 - 21) . Text: 1.Timotheus 1,1-2 Aufschrift, darin der Verfasser des Briefs, und der, an den er geschrieben ist, samt dem Segenswunsch über diesen, enthalten ist. In was für Anbetung Paulus über seiner empfangenen Gnade und Apostelamt gezogen worden sei, davon wird bald im Folgenden vorkommen. Wenn Mancher dächte, was er in seiner Jugend gewesen ist, und was er durch Betrug der Sünde weiter hätte werden können, wozu ihn aber die Gnade noch gesetzt und erhalten hat; mit was für Beugung sollte er seinen Amtsnamen führen, oder schreiben, oder nennen hören. GOttes Befehl und Wille ist eine Stütze, darauf man sich verlassen kann. Deswegen ist es so gut, im Anfang seinen Weg bewahren, damit man in nachfolgenden Nöten sich darauf beziehen kann. Als GOtt, unser Heiland , hat sich GOtt sonderlich auch durch die Aufrichtung des Amts, das die Versöhnung predigt, an der Welt bewiesen, und beweist sich noch so an Lehrenden und Lernenden. Halte dich doch in Amtssachen nur recht an GOtt, deinen Heiland und Helfer; denke nicht viel auf Berge, von welchen dir Hilfe kommen soll: deine Hilfe kommt vom HErrn. Freilich geht es nicht leer ab, man wird doch geschmäht, daß man auf den lebendigen GOtt hofft (1.Tim. 4, 10) , und im Vertrauen auf den lebendigen GOtt sich dem widersetzt, was Andere meinen, man sollte es annehmen, als ob es vom Himmel herab geredet wäre. GOtt als seinen Heiland und Christum als seine Hoffnung fassen und halten, ist etwas Ganzes vom Evangelium. Von Christo, als seiner Hoffnung, die Vergeltung des Erbes erwarten, stärkt auch im Amt die lässigen Hände. Dieses nimm immer mehr in die Liebe deines Herzens auf; was dir die himmlische Berufung in Christo JEsu vorhält, das halte für Gewinn. Auch zum Lehrvortrag gibt es das richtige Augenmerk , das treiben, was dient, sich und Andere selig zu machen. Den Namen Timotheus setzt der Apostel hier im Anfang und nachgehends im Beschluß besonders (Kap. 6, 20) , da er eine so schöne Bedeutung hat, und so viel heißt als Gottesverehrer, oder Ehre = GOtt, wie das in manchen Gegenden Deutschlands noch als ein Name gebraucht wird. Paulus nennt Timotheum einen Sohn , und erinnert sich der über ihm gehabten Geburts = Arbeit, aber auch, daß er sich von Paulus wie ein Sohn hat leiten lassen, und darunter eine Bewährung erlangt hat, deren Zeugnis man nicht einem Jeden geben konnte. Und was den Apostel an Timotheus allermeist freute, war sein Glaube. Im Äußerlichen mag Timotheus nicht so stark und blühend gewesen sein, wie Kinder oft damit der Eltern Augen und Freude auf sich ziehen, wenn sie aufwachsen in ihrer Jugend wie Pflanzen, und die Töchter wie die ausgehauenen Erker, wie die Paläste (Ps. 144, 12) . Timotheus war viel krank, hatte einen schwachen Magen (1.Tim. 5, 23) , aber sein gesunder Glaube , den Christus ihm gegeben, der war der Liebe wert. Der Wunsch: Gnade, Barmherzigkeit, Friede , war ein Anstrich für ein Herz, das so viel mit Schüchternheit zu kämpfen hatte wie Timotheus. In den Psalmen findet man besonders viel herzliche Wünsche über das Haus Aaron, über die Kinder Levi (z. B. Ps. 115, 10 - 15 und 132, 9 + 16) . Wo wir einander begegnen, besonders auf Kirchwegen, sollten wir einander so segnen. Wie dem Jesaja seine Amtsverrichtung erleichtert (Jes. 6, 5 ff.) , und dem Hohenpriester Josua aus der Angst und Anklage geholfen worden ist (Sach. 3, 3 - 7) , das bildet ab, wie sich GOtt seiner Knechte annimmt; wie aber der Lehrer das, was ihm selbst widerfahren ist, an Anderen so gern handhaben solle. Streng sein geht unserer Natur noch leichter ein, aber daß Gnade, Barmherzigkeit und Friede überall das Regiment hat, das muß auf den Knieen erbeten werden, von GOtt, der es uns zugedacht, und von JEsu Christo, der es uns vermittelt, und es nun auch auszuteilen in der Hand hat. Text: 1.Timotheus 1,3-7 Paulus führt es dem Timotheus zu Gemüt, in welcher Absicht er ihn zu Ephesus gelassen habe, und legt ihm die Wachsamkeit über die Lehre besonders nahe. Denn das Einführen fremder Lehren zu verhüten, oder über die Reinigkeit des Evangeliums zu Felde liegen (V.18), ist eine Hauptpflicht der Wächter. Schon persönlich bei seinem früheren Abzug von Ephesus fand sich der Apostel veranlaßt, dem Timotheus Manches aufzutragen, was noch in bessere Ordnung zu bringen, oder wogegen noch weitere Vorsicht zu gebrauchen wäre. Wo er es nun im Mündlichen gelassen hatte, da fängt er hier im Schriftlichen wieder an. Denn das Wie V.3 findet erst V.18 , seinen Nachsatz; und die große Bewegung, in welche der Apostel wegen dieses wichtigen Anliegens kommt, veranlaßt ihn zu dieser langen Zwischenrede, darin er Vieles zu Abtreibung fremder Lehre anbringt. Mit dem wichtigen Auftrag im Anfang dieses Briefs stimmt auch der Beschluß überein (Kap. 6, 20) . Denn mit der Wachsamkeit über der Lehre muß alle amtliche Sorge anfangen und enden. Die Lehre ist ja der Grund von allem Übrigen. Eine nochmalige Sorgfalt tut der Apostel der Gemeinde zu Ephesus zum Besten bei seiner Ansprache an ihre Ältesten (Apg. 20, 28 ff.) , und am allermeisten nimmt sich der Sohn GOttes noch einmal vom Himmel herunter dessen an, was die Gemeinde von Ephesus von falschen Aposteln, von der Lehre der Nicolaiten usw. für Versuchung hatte, denen sich ihr damaliger wackerer Vorsteher entgegensetzte. Doch sieht man, wie der Geist der Sanftmut die Apostel geleitet hat, daß sie in einer Sache die ihnen gewiß am Herzen lag, das Geschrei doch nicht zu groß gemacht haben. Der Apostel sagt mäßiglich von Etlichen , wie wenn er sich zu den Übrigen meistens etwas Besseres versehe. Gleichwohl ist er nicht gleichgültig gegen dem, was auch nur Etliche anrichten könnten. Auch sagt er: ihnen gebötest , oder sie ermahntest, also sie durch Vorstellung abbrächtest, inzwischen aber das Meiste durch Aug und Gegenwart verhütest. Man muß nicht schnell zur äußersten Schärfe schreiten, sonst macht man damit auch denen Unruhe, die man doch verschonen könnte und sollte. Auf die Schwäche, diese nicht zu verwirren, muß man immer ein Auge haben. Auf was das: anders lehren , hinausgelaufen sei, das gibt der Apostel Kap. 6, 3 zu erkennen, nämlich nicht bleiben bei den gesunden Worten unseres HErrn JEsu Christi, und bei der Lehre der Gottseligkeit. Das Einerlei entleidet so gern den ecklen Herzen; man will auch etwas Anderes haben. Hier heißt es, acht haben (V.4) ; und Kap. 4, 1 heißt es: Anhangen . Der eine Teil treibt es nämlich mit dem Anhangen daran, und der andere Teil hört es gern, und achtet mit Fürwitz darauf. Beides hat viel Einfluß in einander. Wenn Zuhörer nach etwas Anderem lüstern werden, so stimmen sie damit den Lehrer, und wenn der Lehrer etwas Anderes vorbringt, so reizt er damit lüsterne Zuhörer (2.Tim. 4, 3 - 4) . Fabeln und Geschlechtsregister heißt der Apostel Tit. 1, 14jüdische Fabeln . Auch hier zeigt der Zusammenhang, daß allermeist Jüdischgesinnte diese fremde Lehre eingeführt haben. Es hat sich nämlich von der babylonischen Gefangenschaft her Vieles von der heidnischen Weltweisheit und von ihrer Götterlehre unter die jüdische Lehre gemengt, und sie haben Manches aus ihren Begriffen von der Schöpfung, Erhaltung, Fortpflanzung aller Dinge angenommen, und daraus ein besonderes Gewebe von jüdischen Fabeln und von den aus der heidnischen Weltweisheit entlehnten Geschlechtsregistern oder Abstammung aller Zeiten und aller geschaffenen Dinge zusammengemacht, und versuchten es nun auch mit der Christen Lehre zu verweben, und haben damit eine große Kunst vorgegeben, die Paulus eine falschberühmte Kunst heißt (1.Tim. 6, 20) . Wo GOtt mit seiner Wahrheit Erweckungen macht, da mengen sich freilich bald auch fremde Sachen darein, und man bekommt vielerlei Leute vor sich, die Not verursachen. Unter dem Schein des Fleißes, der Lehrbegierde, des Wachstums wird man nach Vielem lüstern; es heißt: man könne ihm doch auch seinen Lauf lassen; es habe auch seine brauchbare Seite. Aber der Apostel will eben Alles vermieden haben, was die Gemüter der Menschen zerstreut, und vom gesunden Wachstum abhält, eben, weil es kein Ende hat, weil es nicht ausgemacht, noch zu einer vergnüglichen Überzeugung gebracht werden kann; oder wie es 2.Tim. 3, 7 heißt: weil man dabei immer lernt, und nicht zur Erkenntnis der Wahrheit kommt, sondern einem über dem eingemischten vielen Ungewissen zuletzt auch das Gewisse verdächtig wird, daß man Eins mit dem Anderen wegwirft. Seelensorge erheischt ja des Menschen seine ganze Lebenszeit: was kann denn übrig bleiben für Sachen, die kein Ende haben? Alles Mühsame aber übernimmt der Mensch eher, als daß er mit Geduld bloß beim Nötigen aushielte. Das hat schon Salomo beklagt (Pred. 12, 11 - 14) . Aus was Paulus sein Hauptgeschäft gemacht im Hause GOttes, und womit er auch Anderen am erbaulichsten zu werden gehofft hat, das siehe in seiner Rede an die Ältesten zu Ephesus (Apg. 20, 20 f.) . Und so faßt er es nun auch dem Timotheus in eine Summe zusammen (V.5) . Liebe hört die Welt endlich noch an, und gibt es auch für ihre Meinung aus, daß die Religion hauptsächlich Liebe pflanzen müsse: aber wie viel fällt von dieser in der Welt gepriesenen Liebe weg, wenn man dabei gegen den Nächsten kein reines Herz, in sich selbst kein gutes Gewissen und vor GOtt keinen ungefärbten Glauben hat! Wo man bei der Liebe noch das Seine sucht, das ist gegen die Reinigkeit des Herzens ; je mehr man es noch auf der Zunge und mit Worten übertreibt, über das, wessen man sich bewußt sein könnte, da fehlt es noch am guten Gewissen ; und bei diesen Mängeln kann man es auch nicht mit ungefärbtem Glauben vor GOtt bringen, und als eine von Ihm gepflanzte Frucht Ihm zum Wohlgefallen darstellen. Und wo man von dem, was so unzertrennlich zusammen gehört, Einiges herausreißt und zurückläßt, da verfehlt man des Ganzen ; und wo man sich beim Verfehlen der Wahrheit doch große Einsichten einbildet, da gibt es die größte Eitelkeit und unnützes Geschwätz . Über dem Vielen und Tieferen, dem man nachzujagen meint, kommt man um das Gewisse. Die Schrift hält uns etwas Wenigeres, aber mit desto mehr Gewißheit vor; und das ist besser, als so Vieles, aber wenig Gewisses. Text: 1.Timotheus 1,8-11 Der Apostel fährt fort, dem Timotheus das an die Hand zu geben, womit er das Einführen fremder und der Lauterkeit nachteiliger Lehren verhüten solle. Über dem unnützen Geschwätz wird das Ziel verrückt, daß man sich in Widersprüchen verwickelt (Tit. 3, 9) . Wir aber sind unter Not und Kampf zur erquicklichen Gewißheit gekommen, die GOtt Jedem bei Übung einer guten Ritterschaft auch schenken wird (V.18) . Des Ausspruchs: daß das Gesetz gut ist , hätte man sich hier am wenigsten vermutet. Denn da der Apostel dem Timotheus Waffen gegen die Gesetzlehrer in die Hand geben wollte, so hätte man eher etwas Nachteiliges gegen das Gesetz erwartet. Menschen begegnet das sonst in Streitsachen, daß sie aus Eifer, dem Mißbrauch zu wehren, auch den guten Gebrauch aufheben und schmälern. Aber die Wahrheit hat lauter Waffen des Lichts, und wer für sie streitet, darf zu keinen solchen Fechterstreichen Zuflucht nehmen. Auch wenn der Apostel den - durch Mißbrauch des Gesetzes angerichteten Schaden verhüteten will, so setzt er voraus, das Gesetz ist gut und brauchbar; hat also nicht nur innerliche Güte, sondern auch Brauchbarkeit und gute Wirkung am Menschen. Nur kommt es darauf an, daß man gesetzmäßig damit umgeht, d. i., bei dem bleibt, wann und wie und aus was Ursache und Zweck das Gesetz dazu gekommen ist, da sich GOtt vorher mit den Menschen auf das Wort der Verheißung eingelassen hatte. Der Gebrauch des Gesetzes kann ja aus nichts richtiger bestimmt werden, als aus seinem Ursprung, aus der Zeit, wann es gegeben worden ist: darum weißt der Apostel immer auf solche Spuren, die ihm kein noch so großer Eiferer für das Gesetz abstreiten konnte (Gal. 3, 17 -19) . Mit dem Gesetz gesetzmäßig umgehen, ist die billigste Forderung, oder das Gesetz so brauchen, wie es die Zeit, die Ordnung, darin es gegeben ist, mit sich bringt, so, daß Verheißung und Glaube dadurch nicht aufgehoben werden. Außerdem aber hindert man sich nicht nur am Glauben der Verheißung, sondern man zieht auch vom Gesetz den Nutzen nicht, den man könnte und sollte, wird im Grunde auch nicht einmal mit dem Gesetz recht zufrieden gestellt. Was demnach durch das Gesetz für Schaden geschieht, das ist dem Mißverstand, dem falschen Wahn dabei, dem unschriftmäßigen Gebrauch desselben zuzuschreiben. Kann und soll man aber sein recht brauchen, so kann es ja aus der öffentlichen Lehre nicht wegbleiben, sondern man muß vielmehr dessen rechten Gebrauch darin zeigen und treiben; mithin freilich auch zeigen, daß es nicht mit spitzfindigen Lehren auseinander zu setzen sei, sondern daß man in den Weg des Brauchens und der Erfahrung hinein muß, auf den GOtt die Elenden leitet. Wenn man schon nicht alle Fragen bei Etwas beantworten, alle Schwierigkeiten heben kann: so kann man doch das Nötigste und Nützlichste wissen; und darüber muß man halten, wenn es auch nur einen Fuß breit Leuchte austrägt. Man will freilich meistens lieber Einsichten, die eine ganze Gegend vom Reich der Wahrheit beleuchten, wo man das Ganze übersehen kann, wie man so gern redet; aber man sehe nur zu, daß man bei diesem Gesuch nicht der falschberühmten Kunst in das Netz fällt. Lieber Weniges, aber Gewisses, und zum festen Fußsetzen im Wandel brauchbar. Daß dem Gerechten das Gesetz nicht gegeben sei , sieht man ja deutlich aus der Zeit, da das Gesetz dazu gekommen ist. Es traf uns ja schon unter der Sünde an, da war Keiner, der gerecht sei, auch nicht Einer. Es hatte also Recht und Macht, Alles unter die Sünde zu beschließen. Das Gesetz ist nicht gegeben, daß wir uns geschwind daran machen, und sagen könnten: Nach all dem Wort, das uns gesagt ist, wollen wir tun. Eine solche Gerechtigkeit, Kraft, freier und gestärkter Wille ist nimmer in uns. Da ist Alles durch das Fleisch und die im Fleisch wohnende Sünde geschwächt. Doch braucht man hundert und tausendmal das Gesetz gegen diesen seinen ersten Ursprung, und tut, wie wenn es könnte lebendig machen, wie wenn es uns als Gerechten gegeben wäre, als Leuten, denen man nur sagen dürfte, was sie zu tun und zu lassen haben, bei deren guten und edlen Gemütern es an keinem fehlen würde. Das ist gegen die allerersten Anfänge. GOtt hat sein Gesetz nicht den Gerechten gegeben, sondern es ist dazu gekommen um der Sünde willen, wie auch gleich sein Wortlaut: du sollst nicht töten, nicht stehlen zc. Zu erkennen gibt. Das erste Gebot ist den Ungerechten und Ungehorsamen(V.9); Das zweite Gebot den Gottlosen und Sündern, die GOttes Namen vergeblich zu führen geneigt sind; Das dritte Gebot den Unheiligen und Ungeistlichen , die allen Dienst GOttes im Geist und in der Wahrheit mit rohem Sinn verachten; Das vierte Gebot den Vater = und Muttermördern , wohin der Ungehorsam führt; Das fünfte Gebot den Totschlägern ; Das sechste Gebot den Huren = und Knabenschändern; (V.10) Das siebente Gebot den Menschendieben , die Anderen an ihrem Leib oder Hab und Gut schaden tun; Das achte Gebot den Lügnern und Meineidigen ; Das neunte und zehnte Gebot Allen, die sonst in etwas befangen sind, was der heilsamen Lehre zuwider ist; Also das ganze Gesetz den Sündern gegeben. Wollte Jemand aber denken und sagen: Ja, mit dem Gesetz lasse ich mich nicht ein; die beiden Gebote: Liebe GOttes und des Nächsten, sind mein Gesetz, was Paulus selbst (V.5) die Hauptsumme geheißen hat; so muß man ihm sagen: Ja, das ist schon gut; wir möchten es selbst je bälder je lieber mit den Menschen zu diesem Ende und Hauptziel des Gesetzes bringen; aber man muß eben vorher durch das Gesetz hindurch, sonst kommt man nicht an das Ende und Ziel desselben. Mit Ableugnen, mit Abwenden des Angesichts von dem, was dir das Gesetz zu sagen hätte, und du im Spiegel desselben zu sehen hättest, kommst du nicht durch. Gebrauche das Gesetz gesetzmäßig, laß es dir die Sünde überaus sündig machen, Alles an dir unter die Sünde beschließen, alles Bemühen, eine eigene Gerechtigkeit aufzurichten, niederschlagen, und so dich in die einzig übrig gebliebene Zuflucht, in das göttliche Erbarmen treiben, da wirst du dich wohl befinden, da wird das Gesetz sein Amt an dir getan haben, dich zur Erkenntnis der Sünden zu bringen; und so wird auch dem Erbarmen GOttes sein Preis bleiben. Du darfst dem Gesetz nichts abstreiten, sondern gib ihm über Alles recht, wie es dich angetroffen, eingetrieben und beschlossen hat; und das Gesetz läßt dir auch deine ins Erbarmen GOttes, in die Gnade JEsu Christi genommene Zuflucht gelten. Die Worte nach dem herrlichen Evangelium des seligen GOttes zc. (V.11) , verbindet man vermutlich am füglichsten mit dem "Wir wissen" in V.8 ." und weiß solches" in V.9 und denkt also, daß Paulus diese richtige Einsicht aus dem herrlichen Evangelium des seligen GOttes, das ihm anvertraut sei, herleite: Denn bei dem sieht man durch, wie GOtt gerecht ist, und gerecht macht, selig ist, und selig macht, Alles so richtig leitet, daß Er für seine herrliche Gnade das Lob - und wir die ewige Errettung oder das Heil haben. Text: 1.Timotheus 1,12-17 Da Timotheus in der Sorgfalt für das Evangelium und in der Wachsamkeit über der Lauterkeit desselben sollte gestärkt werden, so hält ihm Paulus das Beispiel seiner eigenen Bekehrung vor, und wie sich darin das herrliche Evangelium bewiesen habe, daß nun Jeder dasselbige anzunehmen, oder auch Anderen zu der Annahme desselben behilflich zu sein für eine preiswürdige Gnade achten solle. Paulus ist auch tief im Unverstand und Mißbrauch des Gesetzes gesteckt, da er sich nämlich aus Eifer für da Gesetz, des Glaubens an das Evangelium oder der Erkenntnis Christi erwehren wollte. Darum ist es ihm desto mehr Danks wert, daß Christus JEsus ihn da heraus gebracht hat. Von seiner Bekehrung hat Paulus einen unauslöschlichen Eindruck behalten, und sich oft darauf bezogen (Gal. 1, 15 ff.; Phil. 4, 13) , was ihm dabei für eine Stärke durchzubrechen verliehen worden sei; aber darin mußte er noch oft in der Folge seinen Seele setzen und stillen, daß GOttes Kraft unter der Schwachheit und anhaltenden Leiden an Ihm zum Ziele kommen müsse. Bei Pauli Bekehrung hat der HErr JEsus gleich auch hinausgesehen, was er Ihm für ein brauchbares Rüstzeug abgeben werde (Apg. 9, 15) , und darum hat Er ihn in das Amt gesetzt, und mit Gnade und Gaben ausgerüstet. Paulus häuft nicht ohne Ursache die Worte bei Beschreibung seines ehemaligen Zustandes, sondern wider GOtt und seine Wahrheit gibt er sich als einen gewesenen Lästerer; wider die Heiligen , die GOtt und Wahrheit liebten, als einen Verfolger , und als Einer, der sein eigen Heil unbesonnen von sich stieß, gibt er sich als einen Schmäher an. Barmherzigkeit, so ihm widerfahren, sah Paulus immer nicht nur für den Anfang und die Quelle seines Lebens aus der Gnade, sondern auch seines Amts und ganzer Tüchtigkeit an. So ist auch dem Petro die tiefe Zermalmung seiner Natur, in deren er sprach: Ich bin ein sündiger Mensch; zum Termin gesetzt worden: Fürchte dich nicht - denn von nun an wirst du Menschen fangen. Alle Arbeit an Anderen muß dich immer zurückführen wie du selbst herumgeholt worden bist vom Irrtum deines Weges und in diese Barmherzigkeit, womit GOtt dich angesehen hat, müssen alle Amtsverrichtungen eingetaucht werden. Der Umstand, daß etwas unwissend, im Unglauben geschehen, entschuldigt freilich nicht, vielweniger verdient es Gnade. Aber doch kann GOttes Erbarmen eher zugreifen, als bei einem, der wissentlich, aus irdischem Sinn sein Heil von sich stößt, die Ehre bei den Menschen lieber hat, als die Ehre bei GOtt. Paulus hält es den gewaltigen Eiferern vor, er sei auch gewesen wie sie, und wisse aus Erfahrung, wohin der Eifer im Unglauben hinreißen könne (Apg. 22, 3) . Aus gleichem Grund war nun für die, die das Gesetz neben dem Evangelio einführen wollten, Pauli Beispiel so lehrreich. Denn er hat ja das Gesetz tiefer als je Einer durchgemacht. Je mehr zuvor der Unglaube, die Unwissenheit, und was daraus entsteht, bei mir ausgebrochen ist, desto mehr muß man an meiner Errettung einen herrlichen Erweis der Gnade erkennen. Wie sich GOttes Gnade im Geben verherrlichte, so auch, daß sie mich zum Glauben erweckte, und zum Gebrauch der Gnade treu machte. Es hat bei mir nichts anders werden können, als ein gläubiges Hinlehnen auf Den, der gekommen ist, die Sünder selig zu machen; und damit wurde auch eine Liebe in das Herz ausgegossen, wobei ich GOtt und seine Heiligen, und mich, und alle Menschen, zu deren Seligkeit JEsus Christus in die Welt gekommen war, ganz anders ansehen und behandeln lernte, und wobei ich Dem zu leben anfing, der mich geliebt, und sich selbst für mich gegeben hat. Und ein von solcher Liebe ihm abgedrungenes Zeugnis legt der Apostel sogleich ab, welches ja freilich einen starken Gegensatz machte gegen dem, was er oben Fabeln, Geschlechtsregister hieß, die auf kein Ende und Gewißheit zu bringen sind. - O wohl dem, der durch die Gnade auf Etwas gebracht wird, darauf er sich ganz und gar verlassen kann, das alle seine Bedürfnisse stillt, und das er aller Annehmung wert findet. - Paulus faßt in dem evangelischen Zeugnis, das schon so viele Kraft an Lebenden und Sterbenden erwiesen, Alles zusammen, wodurch Verheißung und Erfüllung, Gesetz und Evangelium in seinen rechten Gebrauch kommt. Was von Christo verheißen und erwartet worden ist, das hat in JEsu, in seinem Kommen in die Welt, volle Erfüllung erreicht. Und was das Gesetz zur Erkenntnis der Sünde und zur Vermehrung ihrer Not im Gewissen wirkt, dem abzuhelfen beweist der HErr JEsus seine Macht. GOtt an dieser seiner Anstalt zu dienen, oder dazu mitzuwirken, daß die Sünde gründlich erkannt, und gegen Schuld, Strafe und Herrschaft derselben keine unzulänglichen Mittel gebraucht, sondern alle zu Dem gewiesen werden, der gekommen ist, uns wiederum zu GOtt zu führen, damit ist Einem genug aufgegeben. Über der Annahme der Sünder hat sich der HErr JEsus selbst, während seines Wandels in der Welt, viel leiden müssen (Luk. 15, 1 ff.) . Und das ist nun auch der uns verordnete Lauf und Kampf, uns durch kein unnützes Geschwätz auf Etwas verlocken zu lassen, das dieser Zukunft JEsu in der Welt, und ihrer Absicht und Frucht das Geringste schmälerte. Man macht freilich denen, die so über der Reinigkeit des Evangeliums halten, oft den Vorwurf: ob sie denn alles menschliche Tun so vernichtigen wollen? Aber für uns und all unser Tun ist es nicht so Schade, wenn es vernichtigt, oder vielmehr aus einem Wert, den es nicht hat, noch haben kann, gesetzt wird. Aber wer GOttes Anstalt in der Sendung seines Sohnes, Christi Geschäft im Seligmachen der Sünder zu vernichtigen, oder den Menschen aus dem Gesicht zu verrücken unternimmt, der tut ja etwas viel Mißlicheres. Das in Pauli Bekehrung liegende Beispiel ist bei unterschiedenen Gelegenheiten in das Licht gesetzt worden: Zuerst hat es der HErr JEsus selbst dem schüchternen Anania vorgestellt (Apg. 9, 11) ; hernach Barnaba denen durch Pauli vorigen Wandel zurückgeschreckten Jüngern zu Jerusalem (Apg 9, 27) ; weiter Paulus selbst dem aufgebrachten Volk (Apg. 22), und endlich in seiner Rede vor Agrippa (Apg. 26). Jeder Begnadigte wünscht mit David auch etwas dazu beizutragen, daß Andere GOttes Wege lernen, und sich viel Sünder zu GOtt bekehren (Ps. 32, 6) . Aber freilich, wer nach Pauli Beispiel glauben will, muß sich auch zu solcher Zurücklassung und Abgeschiedenheit von Allem bequemen, was er hätte für Ruhm oder Gewinn achten können. Wer in Das hineinsieht, was GOtt in Bescherung, Fortpflanzung, und Erhaltung des Evangelii tut, der wird gewiß auch in solche Anbetung GOttes hineingezogen, dabei er Ihm als dem ewigen Könige , der alle Zeitläufe in dieser und jener Welt nach dem großen Werk, Sünder selig zu machen, eingerichtet hat; und Alles mit der großen Kraft eines unvergänglichen Lebens betreibt, die Ehre gibt, auch sich darein schickt, daß Er als der Unsichtbare dies Reich seines lieben Sohnes nicht mit äußerlichen Gebärden kommen läßt, sondern an dessen verborgener, und doch Alles durchdringender Art vorzügliche Weisheit beweist. Text: 1.Timotheus 1,18-20 Paulus heftet den Auftrag, über der Reinigkeit des Evangelii zu halten, dem Timotheus auch noch mit diesem in seinem Herzen an, daß er ihm neben sein eigenes seliges Beispiel nun etlicher Anderer klägliches Beispiel hinstellt, und an demselbigen zeigt, wie bei einmaligem Abweichen der Fall so groß werden könne. Den ganzen Auftrag an Timotheum, was er zu lehren und zu treiben (V.5) , was er dabei zu vermeiden, und auch bei Anderen zu verhüten habe (V.4 - 6) , heißt nun der Apostel zusammen: dies Gebot , und das übergibt er ihm als die nachmals so genannte Beilage(2.Tim 1, 13 f.; 1.Tim. 6, 13) . Da Timotheus zum Dienst des Evangelii ausgesondert ward, und Ihm die Ältesten die Hand auflegten, so müssen manche Weissagungen über ihn ergangen sein, darin rechtschaffene und von GOttes Geist belebte Männer ihre gute Hoffnung seinethalben bezeugt haben; dem nachzukommen er selbst auch mit einem vor vielen Zeugen abgelegten Bekenntnis übernommen hat. Diese Umstände bringt Paulus gern bei Timotheus in öfteres Angedenken (1.Tim. 4, 14 und 6, 12) . Paulus tröstet sich selbst dabei, daß er in seiner guten Hoffnung von Timotheus mit so vieler Anderer Beistimmung unterstützt worden sei, und hebt Timotheum aus dem heraus, was ihm sein schüchternes Naturell, der sorgliche Anblick der Umstände, und Anderer widrige Urteile Ängstliches hätten einjagen mögen. So sind über Johannes den Täufer (Luk. 1, 76) , über unseren lieben Heiland selbst (Luk. 2, 34) , in zarter Kindheit Weissagungen ergangen. So hat GOtt sonst Männer durch deren Hand Er Heil geben wollte, auch mit mancherlei Zeugnissen anderer Art ausgezeichnet, wovon man in der Lebensbeschreibung des seligen Luthers, Speners zc. merkwürdige Fußstapfen antrifft. Der Welt kann man freilich dergleichen Perlen nicht zum Zertreten hinwerfen, aber sich um deswillen sich doch ihrem Unglauben auch nicht am Aufmerken auf dergleichen Regungen des Geistes hindern lassen. Ist aber ein solch hoffnungsvolles Zeugnis, abgelegtes Bekenntnis um den Weg, so hat man freilich auch über - und in demselben zu kämpfen, daß es nämlich zur Erfüllung komme. Man erfährt es noch, wie einen Lehrer oft das, was beim Eintritt in ein Amt, bei der Ordination und Einsegnung dazu, über ihn bezeugt worden ist; oder was unser eigener Mund in der Not und in der erlangten Hilfe gelobt hat, was man im Gebet, in einer Antrittspredigt, als ein williges Opfer vor GOtt gebracht hat, wie das uns dringt und treibt, daß doch nichts davon auf die Erde falle. Begibt sich aber Jeder, der sich zu der Gemeinde christlicher Kirche tut in einen geistlichen Streit; wie viel weniger ist in einem Wächter = und Hirtenamt ohne eine gute Ritterschaft fortzukommen. Wer immer auf der Schwelle steht, bereit, sich auf die Seite zu schlagen, wobei es am wenigsten zu leiden gibt, wird wenig im Reich Christi erbauen. Ohne Wehre in der anderen Hand zu halten, kommt man im Bauen nicht fort, sondern gerät unter die Saneballat und Gosem unserer Zeit, die alle Bauleute stören und mutlos machen wollen. An der - dazugehörigen Waffenrüstung GOttes sind Glauben und gutes Gewissen (V.19) , unentbehrliche Hauptstücke. Glaube aus Erkenntnis der Wahrheit und aus der Liebe, bei derselben unverrückt auszuhalten. Gutes Gewissen , aus dem Bedacht, diese Wahrheit mit keiner Ungerechtigkeit aufzuhalten, sondern sie zum ganzen Gehorsam bei sich durchwirken zu lassen; keinen Genuß von der Ungerechtigkeit, keine Gemeinschaft mit irgend einem Werk der Finsternis beizubehalten, sondern das Evangelium als eine Verkündigung, daß GOtt Licht sei, zu behandeln, und es zu lauter Lichtsgemeinschaft mit GOtt anzuwenden. Was man heutigen Tage so stark vom Ruhm eines guten Gewissens betreibt, darunter schiebt man unvermerkt die Meinung und Absicht in das Herz, als ob man eine Reinigung im Blute Christi, bloß aus Bewußtsein unserer Rechtschaffenheit sich ein gutes Gewissen anmaßen könnte; das heißt eben so viel, als ohne der Gerechtigkeit GOttes untertan zu sein, eine eigene Gerechtigkeit aufzurichten dürfen. So redet nie ein Apostel vom guten Gewissen. Die Wahrheit hat gleichwohl keine geringe Kraft, mit der sie sich in des Menschen Herz festsetzen will; wo sie einmal Liebe gewonnen hatte, da ist sie nicht anders als mit einer angelegten Gewalt und Macht der Finsternis auszustoßen . Auch geschehen an einem Menschen, bei dem es in das Weichen und Unlauterkeiten hineingeht, noch manche Erinnerungen von Innen und Außen; wenn er also völlig abkommt, so geht es durch ein eigentliches Vonsichstoßen (V.19) . Wenn es dann endlich zum völligen Schiffbruchleiden am Glauben kommt, so kann wohl dieser und jener Sturm von Außen dazu Anlaß geben; aber damit hat der Schade nicht angefangen, sondern dort ist er nur ausgebrochen. Mit dem Wegstoßen des guten Gewissens hat Vieles Eingang in das Herz gefunden, wobei Schiffbruch am Glauben unvermeidlich ist, wie bei Allem, was den Menschen in törichte und schädliche Lüste versenkt. Was Paulus am Hymenäus und Alexander durch die - in apostolischer Macht vorgenommene Kirchenzucht auszurichten suchte, das gewährt GOtt seinen Knechten in der heutigen Zeit, wo Er sieht, daß ihre Macht dahin ist, oft durch andere verborgene Schickungen, worunter er bewirkt, daß manches Lügenmaul gestopft, mancher Lästerer durch uns unbekannte Umstände angegriffen wird, daß er nachlassen muß.
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