Galatians 6
Text: Galater 5,25-6,5 Die wiederholte Ermahnung, im Geist zu wandeln, belegt ihnen der Apostel mit solchen Exempeln, wozu sie besonders häufige Gelegenheit hatten, nämlich daß Jeder am gernsten bei sich selbst bleibe, und an seiner eigenen Erfahrung lerne: ich habe mit mir und meiner Last genug zu tun, mithin nicht fürwitzig, vielweniger richterisch auf Andere und ihr Gebrechen zu sehen, oder mich in Alles zu mengen. Bei dem gekreuzigt gehaltenen Fleisch kann erst der Geist aufkommen; dessen Leben zeigt sich bei anwachsender Stärke im Wandeln. Wenn schon Wandeln eine vom Leben unzertrennliche Folge ist, so ermuntert doch der Apostel dazu, als zu einer Pflicht, wegen der Gefahr der sich ansetzenden Trägheit, und weil zu dem regelmäßigen Wandeln auch eine eigene Sorgfalt gehört. Auch die im Geist leben, sind noch versuchlichen Anfällen vom Gesuch eitler Ehre ausgesetzt, wobei, entweder der, so es besser hat, und seine Sache mehr in das Gesicht richten kann, den Anderen entrüstet, und herausfordert; oder der, so dem Anderen zusehen soll, und nicht in Allem so nachkommen kann, in das Neiden und Hassen gerät. Schon der Vortrag, den der Apostel von dem Verhalten bei Anderer Fehlern tut, ist so eingerichtet, daß man dabei auf die gelindere Seite gezogen wird. Ein Mensch (wie leicht kann der fehlen) wird übereilt von der Behendigkeit der Versuchung, vom Zusammenschlagen vieler Umstände, die ihm die Durchsicht erschwert haben. Bei solchen Umständen aber kann Ermahnen, Bestrafen, Überzeugen, Trösten und dgl. den Dienst des Zurechthelfens tun, wie ein verrenktes Glied wieder kann eingerichtet werden. Dazu gehört aber Geist ; mithin auf der einen Seite nicht blinde Liebe, nicht nachlässige Geringschätzung des Fehlers; auf der anderen Seite aber auch nicht Strenge, sondern Einsicht in das Evangelium, und daraus sanftmütige Beherzigung, wie es mit der Kreuzigung des Fleisches und mit dem Erstarken des inwendigen Menschen bei uns zugehe. Den schönen Namen der Geistlichen hat sich in vorigen Zeiten der Lehrstand allein anmaßen wollen. Er gehört aber Allen, die an sich selbst die Gnadenkur redlich aushalten, und daher auch Anderen zu begegnen wissen. – O ein eitler Ehre geiziges Herz, das oft nicht anders zur Demut und zur sanftmütigen Behandlung seines Nebenmenschen gebracht werden kann, als durch Ausbruch seiner eigenen Fehler. GOtt duldete ihre Weise, heißt es Apg. 13, 18 von der Führung GOttes mit seinem Volk in der Wüste; und so hat freilich noch Jeder seine eigne Weise; aus seiner eigenen Lust erwächst ihm eine eigene Last, etwas, das ihm selbst in seinem unanstößlichen Lauf zum Aufenthalt wird, und das auch Anderen an ihm beschwerlich fällt. Aber durch tragsame Liebe erfüllen wir an ihm das Gesetz Christi, der gekommen ist, zu suchen und selig zu machen, was verloren ist, und der uns gern zu solchen Werkzeugen seiner Gnade bereiten will, die diesem gnädigen Willen GOttes an Anderen dienen. Wer sich aber dünken läßt, etwas zu sein, weniger Fehler zu haben, Anderer tragende Liebe nicht so zu bedürfen, der kann in einer solchen verführten Sicherheit einen schweren Fall tun. In Vergleichung mit Anderen, oder gar in Verkleinerung Anderer, in Ausbreitung ihrer Fehler Ruhm suchen wollen, ist sehr mißlich, und wird nichts helfen, wenn einmal Jeder seine Last tragen, für sich selbst GOtt wird Rechenschaft geben müssen. Sich selbst richten, sein eigen Werk prüfen, und in dieser Absicht sich fleißig in das Licht jenes Tages hineinstellen, trägt viel Bewahrung aus. Text: Galater 6,6-10 Je sorgfältiger man die richterischen Zudringlichkeiten und anderes unbefugtes Meistern an einander verhütet, je mehr wird Raum gemacht, einander sonst nützlich mit Reizen zur Liebe und guten Werken zu begegnen. Wie ehemals in der jüdischen Kirche viel Verderben durch die Pharisäer entstanden ist, denen der Heiland sagen mußte: ihr freßt der Witwen Häuser, und wendet lange Gebete vor; oder durch die bösen Priester, deren Eigennützigkeit GOtt Mal. 1 . bestraft, als solcher, die nicht gern ein Feuer umsonst anzünden auf dem Altar des HErrn, und denen GOtt deswegen droht, Er wolle sie verachtet machen vor allem Volk; so hat es auch in der christlichen Kirche viel Schaden getan, daß der Drache so Viele, die mit himmlischem Sinn wie Sterne leuchten sollten, so auf die Erde und in den irdischen Sinn geschleudert hat, daß ihnen nirgends mehr genug werden kann, und daß sie ihren Geiz so künstlich zu stellen wissen, dabei aber Wort und Unterricht aus demselben durch ihre scheelsüchtigen Absichten dabei so verdächtig und unwert machen. Gleichwohl hat der Alles voraussehende Geist in der Schrift es nicht für überflüssig geachtet, in sein auf alle Zeiten hinein bleibendes Wort auch die Ermahnung vom Mitteilen dem, der unterrichtet, zu setzen. Eben diesem Geist aber und dessen Anregung ist es lauterlich zu überlassen, wo er die Ausübung dieses Worts so in den Gang bringen will, daß es Glauben übt, und Glauben stärkt. An Anania und Saphira ist ein – auf alle Zeiten hinein denkwürdiges Exempel statuiert worden, daß GOtt sich nicht spotten lasse, auch in dem, was Jeder zur Erhaltung der Kirchen und Schulen, zur Unterstützung der Armen beizutragen schuldig ist. Samen und Ernte, ein oft in der Schrift gebrauchtes lebhaftes Bild, in was für gewissen und bleibenden Folgen GOtt Jeglichem sein Tun zu vergelten wissen wird. Wie klein und gering sieht es oft im Bösen und Guten bei der Saat aus. Wie wächst es aber Tag und Nacht ohne des Menschen Denken fort! Wie spät, aber unfehlbar, kommt es in der Ernte hervor! Wie unwiederbringlich ist Zeit und Versäumnis, wenn nicht gesät ist! Wer wird die Ernte erzwingen? Das Fleisch sucht in Allem das Seine, hat sein Leben lieb auf dieser Welt, will es auf alle Weise erhalten, rechnet es für Weisheit, wenn man Alles so einrichtet, daß baldige Wiedervergeltung geschieht. Allein mit dem Fleisch und seiner Hinfälligkeit wird auch aller davon gehoffte Genuß dahin sein; und wenn man nach dem Gesetz Christi wird gerichtet werden: ihr habt mich nicht gespeist, nicht getränkt zc. so wird es noch Ursache zum ewigen Verderben werden. Weil das Fleisch unser eigen ist, und in Allem das Seine sucht, so heißt es: auf sein Fleisch säen. Weil der Geist aber nicht so von Natur unser eigen ist, auch nicht bloß das Seine sucht, sondern sich ausbreitet, wenn nur des Geistes Sinn und Trieb befolgt, und seine Frucht gefördert wird, der Vorteil falle, auf wen er wolle, so heißt es insgemein hin: auf den Geist säen, d. i. bei aller Anwendung seines Vermögens und seiner Angelegenheiten Gutes zu wirken, nach des Geistes Sinn handeln, auf das Schwache, Verachtete, Unedle vor der Welt, das aber GOtt erwählt hat, sehen, und die Vergeltung hinaus auf die Auferstehung der Gerechten borgen. Man erntet freilich nicht aus Verdienst der Werke, aber doch durch eine –von GOtt nun in reichen Gnaden gemachte Einrichtung und durch die im Geist darauf unverrückt gehabte Absicht. Das Fleisch und die im Fleisch anklebende Sünde macht freilich träge; die Welt fällt einem mit so vielen Urteilen auf den Hals, daß der Geist sich genug vor dem Ermüden zu wehren hat. Mit dem Betracht der kurzen Zeit hat sich der liebe Heiland selbst zur wackeren Vollendung seines Tagwerks ermuntert (Joh. 9, 4) . Die aus dem Juden = und Heidentum zum Christentum übergetretenen Glaubensgenossen hatten oft viel Welthaß zu tragen und waren also einer brüderlichen Erquickung besonders bedürftig. Heutiges Tages hat man die aus dem Dienst des Buchstabens in das Kraftwesen, in den Dienst des Geistes Durchgedrungenen aufzusuchen, und sie für die allermeist empfohlenen Glaubensgenossen zu achten, die uns der gemeinschaftliche Glaube wie zu Hausgenossen gemacht hat. Text: Galater 6,11-18 Beschluß des Briefs, darin der Apostel seinen bisherigen gesamten Vortrag noch mit etlichen durchdringenden Spießen und Nägeln bei ihnen anheftet, indem er ihnen seinen für ihr Heil bezeugten Eifer, der falschen Apostel böse Absicht, den zwischen dem wahren und falschen Christentum obwaltenden großen Unterschied sehr ernstlich zu Gemüt führt, und sich endlich unter apostolischem Segen von ihnen verabschiedet. Wenn die Apostel hin und wieder in ihren Briefen etwas von ihren Amtsleiden wissen lassen, so war es nicht, um sich kostbar zu machen, oder die Anderen zu beschämen; sondern sie nur auch aus ihrer Gleichgültigkeit zu mehrerem Ernst zu erwecken. Wenn man aus etwas viel macht, oder es als zur Seligkeit nötig ausgibt, wenigstens viel Förderung davon verspricht, so legt man damit einen – den Gewissen beschwerlichen Zwang an. Es hat zu jeder Zeit seine Punkte, worin die Welt will, daß man ihr nachgeben soll, wofür sie dann hernach das Übrige unangefochten lassen wolle. Wer sich aber nicht in diese unlautere Vermischung einläßt, der muß nicht nur Verfolgung leiden, sondern dazu auch den Vorwurf tragen, er sei selbst schuldig; man verfolge nicht die Wahrheit; er leide um seines Eigensinns willen. An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen, weist der Apostel, auch gegen diese Art falscher Propheten, den Galatern an. Mir, sagt der Apostel, begegne es nicht, in irgend etwas Ruhm zu suchen. Damit schüttelt er allen bei der Kreuzflüchtigkeit gesuchten Ruhm von sich ab als eine Sache, die er für Schaden achtete. Christi Kreuz aber umfaßt er nicht nur mit Glauben und Liebe, sondern um der – daran hängenden Hoffnung der Herrlichkeit willen, auch mit Rühmen. Unter dem Kreuz aber faßt er Alles zusammen, was Christus am Kreuz gelitten, erbeten, vermittelt, erworben hat; also dem – im Gericht GOttes getragenen Fluch, und uns vermittelten Segen (Kap. 3, 13) gegen das Unvermögen des Gesetzes, die Sünde im Fleisch anzugreifen, die nun bereitete Macht, das Fleisch mit seinen Lüsten gekreuzigt zu halten (Kap. 5, 24) . Wie Paulus zu diesem Ruhm gekommen, und was ihn dringe, selbigen so ungeschmälert zu bewahren, davon ist Kap. 2, 19–21 nachzusehen. Daher kann die Welt weder mit ihrem Tugendkram, noch mit ihrem wüsten unordentlichen Wesen, sich mehr eindringen, sondern sie wird als zum Kreuz und Tod verdammt angesehen und behandelt. Man verliert auch alles Geschick, sich ihr angenehm zu machen ; man weiß auch, daß sonst nichts in den Läuterungsstunden und in der letzten Feuerprobe besteht, als die neue Kreatur, die man durch den Glauben an JEsum Christum wird (2.Kor. 5, 17) . Kann man schon mit denen, die sich angenehm machen nach dem Fleisch, den ungöttlichen Frieden nicht eingehen, den sie anbieten, so hat man doch beim geraden Bleiben in seines Glaubens Schranken, auch wenn man sich über der Wahrheit manche Feinde machen muß, einen göttlichen Frieden zu genießen; und was Mancher mit einem unbarmherzigen Gericht auf uns legen will, darüber widerfährt uns Barmherzigkeit. Religions = Streitigkeiten sind für ein gern im Frieden GOttes ruhendes Herz etwas Mühsames. Die Gnade unseres HErrn JEsu Christi helfe uns auch gegen die Versuchungen unserer Zeit, gegen alle im Fleisch gesuchte Ruhe und davon verschafften Ruhm, über diesem Wort vom Kreuz unseres HErrn JEsu Christi halten! Amen!
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