Romans 11
Text: Römer 11,1-10 Der Apostel zeigt 6), daß die über der Meisten Unglauben vorgehende Veränderung mit ganzen Völkern doch einzelnen Seelen unter einem solchen großen Haufen nichts schade nichts schade, sondern wer sich durch Gnade ziehen lasse, dem stehe immer der Glaubens = Weg offen; wie denn auch wirklich Viele von Israel sich auf diesem Glaubens =Weg befinden, und also mit ihrem Exempel bestätigen, daß GOtt bei seiner Wahl der Gnade an Keinem vorbeigehe, der sich nur in die Gnadenwege schicken wolle. Es war ein großes Ärgernis, daß die Juden damals das Evangelium so verfolgten, und den Lauf desselben aufhielten. Deswegen hat Paulus mit Schärfe die Juden von ihren vermeinten Vorzügen herunterstürzen und zeigen müssen, daß, ob GOtt schon das Juden = Volk mit so großen Vorzügen begabt, es doch seiner Seits immer aus Gnaden und nach der freien Verheißung geschehen, und ihrer Seits mit Glauben und Demut zu erkennen gewesen sei. Wer aber auf Vorzüge trotzen wolle, der habe die wenigste Tüchtigkeit zum Glauben, und falle also durch, er möge seinen Kopf so fest setzen, als er wolle. Für die aber, die sich zum Glauben bequemten, habe ohne Schaden die äußerliche Haushaltung weggenommen werden können, da sie von der Menge so zum Eigendünkel mißbraucht worden, und ohnehin immer darauf eingerichtet war, daß sie einer folgenden besseren Platz machen sollte. Daß sich aber damit GOttes Gnade nicht von allen Israeliten abgewendet, da beweist er an seinem Exempel, und auch an der Haushaltung GOttes mit seinem Volk zu den betrübten Zeiten, wo doch immer noch ein Übriges geblieben, an dem die Gnade angelegt war. Pauli Exempel diente besonders zum Reis der freien Gnade, und zum Niederdrücken alles aus den werken gesuchten Ruhms. Bei dem Zuvor = Ersehen dieses Volks hat GOtt freilich schon auch des großen Haufens Unglauben und Halsstarrigkeit gesehen, und wie ER daher seine Ehre an ihnen durch Gerichte würde suchen müssen; aber auch von dorther wieder auf Gnade herumlenken könnte. GOtt sieht weiter als der eifrigste Elias. Bei der großen Gleichförmigkeit der Wege GOttes, neben der Mannigfaltigkeit seiner Werke, gibt das Zurückdenken an die Gerichte GOttes von der Welt her viel Licht. O wie hat GOtt seine Verheißung immer durchgeführt! Aber man hat es erkennen müssen, daß es Gnade sei, daß es GOtt ohne Zutun der Menschen durchsetze, daß die am besten zurecht kommen, welche kindlich seiner Gnade leben. Der Artikel von der Gnade läuft durch Alles durch. Je nachdem jemand mit seinem herzen und Gewissen auf der Gnade steht, und darinnen ruht, so kann er sich auch in alle übrige Regierung GOttes schicken oder nicht, zufrieden sein, oder Ungebührliches verlangen. Wer außer dem Geleis der Gnade etwas sein und gelten will, wird verstockt, gerät in ein verdrießliches, ermüdendes Wesen, und schlägt wohl gar ums sich, wenn man ihn daraus wecken will. Oft sind gar finstere Kräfte dahinter, wie bei Sauls bösem Geist. Aber aus gerechtem Gericht wird es einem gegeben. Mit der Feinschaft wider das Evangelium zieht man sich einen solchen Zustand zu. GOtt muß dem Menschen einen Rücken damit beugen, daß er es ihm nirgends auf seinen fleischlichen großtuerischen Sinn hinausgehen läßt. Text: Römer 11,11-24 Der Apostel zeigt 7) wie während der Verstockung der Meisten doch die übrigen Gläubigen aus Israel und aus den Heiden zu einem Zeugnis da stehen, und GOttes Wohlmeinen mit Allem so rechtfertigen, daß es auch den im Unglauben Zurückbleibenden doch eine beständige Reizung zum Glauben austragen könnte. GOtt will nicht, daß Jemand anlaufe oder falle, viel weniger verweigert Er einem etwas, wenn er es ernstlich sucht. GOtt will vielmehr, daß einem auch sein Fall noch zum Wiederaufstehen treibe; oder doch, daß inzwischen aus des einen Fall der Andere einen heilsamen Nutzen ziehe; und auf solche Weise Einer dem Andern eine Reizung zum Glauben werde. Wie ehemalen der Juden Gnade den Heiden eine Handleitung, GOtt zu suchen, sein sollte, so soll nun der Heiden Annahme die Juden reizen. Deswegen sollte aber der begnadigte Teil sich immer so gnadenmäßig aufführen, daß es dem anderen ein gutes Exempel und Reizung sein kann. Das bittere Herz möchte gern einen anderen bösen Verdacht auf GOtt bringen. Aber der Apostel ist eifrig, GOttes Liebe zu rechtfertigen. Es hat ja freilich durch das Evangelium etwas aufgehen müssen, das einen neuen Eifer veranlaßte; da sie über der Rede GOttes zu ihren Vätern vor Trägheit eingeschlafen waren. Welch ein Reichtum der Gnade muß in GOtt sein, daß er auch das Leidigste noch zu so etwas Gutem herumzulenken sucht. Aber auch welch edle Demut, welch köstliches Geschick, wenn man mit Paulus sein Amt so zu preisen, oder überhaupt den Gnaden = Ruhm so zu führen weiß, daß es den Anderen nicht entrüsten und zurückschlagen, sondern einladen und herbeiziehen möge. Wo auf der einen Seite Begnadigte, und auf der anderen Seite Solche, die noch in der Natur zurück sind, beisammen leben müssen, da kann solcher grundweiche Herzens =Sinn geübt werden. Hat das die Juden über ihrem Unglauben betroffene Gericht eine für die Heidenschaft so vorteilhafte Veränderung veranlaßt; o! welch ein Leben aus den Toten, welch ein Anwehen toter und fast aus aller Hoffnung gefallenen Beine wird es sein, wenn sie wieder angenommen werden. Das noch schlechte Ansehen, das es zu einer ansehnlichen Bekehrung der Juden hat, darf Niemand abschrecken. GOtt wird auch hierbei, wie bei vielen seiner vorigen Wunder und Rettungen, mehr an die heilige Wurzel, an den mit den Vätern gemachten ?und gedenken. In diesem Augenmaß sind sie der Annahme fähiger, als in den meist verächtlichen Blicken, die wir auf das Juden = Volk tun. An den heutigen abgestandenen Christen schlägt es wieder gar deutlich hervor, aus welch wildem und ungeschlachten Wesen sie abstammen. Wenn die Heiden schon nicht durch Gemeinschaft der jüdischen Kirche in die Gnade des Evangeliums haben eingehen müssen, so haben sie es doch zu erkennen gehabt, daß sie auf der Juden Wurzel gepflanzt wurden. Aber gerade von Rom aus, wohin Paulus diese Warnung: sei nicht stolz, schreibt, ist nachher viel Stolz ausgegangen, auch zum Ärgernis der Juden und zum Erschweren ihrer Bekehrung. Hagars Magd = Geist macht sich groß, wenn er etwas empfängt. Aber das ist der Weg hinausgestoßen zu werden. O wie viel besser, an der Güte bleiben, und durch die Güte des HErrn fest bleiben! Text: Römer 11,25-36 Endlich und 8) gibt der Apostel einen höchst bedenklichen Wink, wie Israels Verstockung nicht immer fortwähren, sondern das Juden = Volk noch so vom Unglauben werde befreit werden, daß von diesem neu aufgehenden Licht vollends die Fülle der Heiden werde herbeigezogen werden. Bei welcher Aussicht nun eine Jeder GOtt schon zum Voraus in seinen Wegen und Gerichten anzubeten, die Ausführung aber GOtt zu überlassen habe. Schon vorher hat der Apostel verhütet, daß man die - dem Volk Israel widerfahrene Verstockung nicht dahin denke, als ob inzwischen nicht immer Manche, die sich zum Glauben reizen lassen wollten, wohl ankommen könnten. Jetzt geht er noch weiter, und sagt: Auch vom ganzen Volk hat sich die Haushaltung GOttes nicht auf immer abgewendet, sondern über das ganze Volk werden noch Zeiten der Erquickung kommen. Wie aber die Annahme der Heiden in den vorigen Zeiten ein Geheimnis war, ungeachtet Spuren davon genug im prophetischen Wort vorkommen, so ist auch jetzt diese für Israel auf die letzte Zeit aufbehaltene Gnade ein Geheimnis, davon GOtt aber denen, die auf seinen Rat und das Geschäft seiner Hände merken, doch ein Licht nach dem anderen aus seinem Wort aufgehen läßt. Alsdann wird es auch bei den Heiden nimmer so einzeln und geteilt, sondern nach der Fülle hergehen. Dann nämlich wenn Israels neue Begnadigung alle Heiden locken wird, im Licht Jerusalems zu wandeln. Überall aber wird es auf den schon lange gehabten Zweck GOttes hinausgehen: daß dem gottlosen Wesen gesteuert werde, welches bei dem Unglauben wider das Evangelium auf das Höchste steigt. O! was ist im Testament GOttes, in den Schätzen seiner Gnade noch verschlossen, aber doch schon zugedacht und verschrieben. Dieses seines Testaments vergißt GOtt nicht; aber auch der Ordnung nicht zu der sich die erben und Genossen der Gnade bequemen müssen. Zuerst haben die Juden die Zeit ihrer Heimsuchung nicht erkannt und gebraucht; über eine weile aber sich vor Neid über der Heiden Annahme noch tiefer in Unglauben gestürzt. So geht es oft. Wer sein eigenes Heil versäumt, sieht auch Anderer Rettung mit Murren an. O wer nur je eher je lieber seine Gefangenschaft unter den Unglauben fühlen, und sich unter solcher Not in GOttes Erbarmen werfen möchte! An dem, daß GOtt Alles beschlossen hat unter den Unglauben, mit der Absicht, daß Er sich Aller erbarme, hat Er einen Reichtum von Barmherzigkeit, eine Tiefe von Weisheit und Erkenntnis bewiesen. Der Erkenntnis GOttes kommt nichts unvermutet, die Weisheit GOttes wird durch nichts ratlos gemacht, und der Reichtum GOttes wird durch nichts erschöpft. Unbegreiflich und unerforschlich ist es, wie das Reich GOttes von einem Volk weggenommen werden kann, und was das für schreckliche Wirkungen haben kann; aber auch wie es aus diesem Gericht heraus wieder in das Gleis der Gnade umlenken kann. Darüber muß freilich dem Weisen, dem reichen, dem Starken aller Ruhm von Weisheit, Reichtum und Stärke vergehen, und nichts übrig bleiben, als die Erkenntnis Dessen, der Barmherzigkeit, Recht und Gerechtigkeit übt auf Erden, und dem darüber in Ewigkeit Ehre gegeben werden wird. Ja, Amen, HErr, all Dein Wort ist wahr! Amen, komm, HErr, vollend es gar.
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