‏ Romans 12

Text: Römer 12,1-21 Hier fängt nun der vierte und letzte Hauptteil dieses Briefs an, darin der Apostel unterschiedliche Ermahnungen vorträgt, wie sie der bisher bezeugten Lehre vom Glauben gemäß wandeln sollen, oder ihren Leib und ganzen Wandel im Fleisch GOtt darstellen, welches freilich eine vom Wesen der Welt ganz abgehende Umgestaltung und öftere Erneuerung auf den - im Vorhergehenden bezeugten Glaubens = Sinn erfordert, wobei man aber auch in den Stand kommt, GOttes Willen immer genauer zu prüfen, auch sein eigenes Maß, womit man den übergebenen Glauben gefaßt, zu beobachten, und nach selbigem GOttes Willen zu dienen, und die verliehenen Gnaden = Gaben zu gemeinschaftlichem Nutzen zu bringen. Bei diesem gesamten Vorhalt wackerer Christen =Pflichten sieht man deutlich, wie der Apostel Alles aus der gesunden und Maß haltenden Prüfung des Willens GOttes herleite, und wie er einen Jeden auf das ihm von GOtt angewiesene gliedliche Geschäft führe, wobei man versichert sein kann, daß GOtt mit einem wirke: und wie er endlich Alles mit der Hoffnung und Aussicht ins Zukünftige belebt. Die Haupttugend im Christentum, und die Wurzel aller übrigen ist die Fertigkeit, in Allem, auch gegen unsere Neigung, dem Willen GOttes zu dienen. Dazu fördert freilich die Einsicht in die Haushaltung der Gnade am besten. Denn was man mit Grimm angreifen will, unseren Leib zur Unterwürfigkeit zu bringen, das tut nicht gut. Aber GOttes Rat in Christo, und sein barmherziges Heraushelfen aus der Sünde, zeugt einen willigen Geist, wie zu einem GOtt wohlgefälligen Opfer gehört. Weil aber die Welt, mit Hintansetzung des göttlichen Willens, bloß der Liebe des einen Lebens nachhängt: so muß man sich in seinem Christen = Sinn, durch öftere Erneuerung auf denselben, von aller Gleichstellung mit der Welt scheiden; außer dem man gewiß zu keinen geübten Sinnen im Unterschied des Guten und Bösen kommt; vielweniger ein prüfendes Gemerk erlangt, was das beste sei. Da doch aller Gottesdienst nicht bloß vom guten Willen, Meinung und Absicht dabei, sondern allermeist vom Merken auf GOttes willen, sein Lob hat. Der Glaube ist die Quelle aller Gaben, die zur Heiligung am Menschen selbst, und zum Geschäft an Anderen gehören. Darum soll sich Jeder in seiner gliedlichen Ringfügigkeit, in seiner noch übrigen Gebrechlichkeit, Andere aber in ihrer Brauchbarkeit zu Ausfüllung auch seiner Glaubens = Mängel so ansehen, daß er weder mehr noch weniger unternehme, als ihm von GOtt angewiesen ist; sonderlich soll man bei der Weissagung, wodurch man GOttes Geheimnis zum gemeinen Nutzen bringen will, nicht mehrt aussprechen, als einem im Glauben zu erkennen gegeben ist. Luther sagt, es wird aus GOttes Wort und unserer Zuversicht ein Kuchen; mithin ist meine Glaubensähnlichkeit eigentlich das mit meinem Glauben vermengte Wort GOttes. Darum ist das Maß des Herzens = Glaubens so geschickt zu bestimmen und zu unterscheiden, was zu viel ist. Solch Ebenmaß zu halten ist aber nicht nur bei den Stücken nötig, die zur Handreichung nach dem Geist gehören, sondern auch was in die sonstige Übung der Liebe, der Sanftmut, der Geduld einschlägt, bekommt dadurch seine beste Annehmlichkeit und Dauer, wenn das, was zu viel und zu wenig sein könnte, dabei vermieden wird. Z. E. alle Lieblosigkeit kommt her aus der Eigenliebe oder ungeordneten Selbstliebe. Die rechte Liebe besteht darin, daß man seinen Sinn bricht. Es hat nicht ein Mensch einen Sinn wie der Andere, aus Unterschied der Temperamente, Auferziehung und Gewohnheiten: Der eine ist still, und hat gern stille Leute, bei dem anderen schlägt eine andere Neigung vor. Wenn sich einer nun selbst für klug, und seine Weise eben für die Beste hält, so stößt er sich überall, und veranlaßt Zorn, Argwohn, Übelreden, Bitterkeit. Wo man aber seinen Sinn bricht, aus Erkenntnis, wie es bei uns so leicht ins Allzuviele oder ins Allzuwenige ausarten kann; wie wir deswegen schuldig sind, unsere Neigung zu verbergen, das, was ein Stein des Anstoßens, ein Anlaß zum Friedensbruch werden könnte, wegzuräumen, des Anderen Gabe auch für brauchbar erkennen, so kann es einen viel ruhigeren Gang mit allen Menschen geben. HErr JEsu! Deiner Demut Bild, deiner Sanftmut Schild, mir anlege, in mich präge, daß kein Zorn noch Stolz sich rege: vor Dir sonst nichts gilt, als Dein eigen Bild!
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